Doppeltes Talent, unbändiger Ehrgeiz: Der unvergleichliche Weg der Fröhlich-Zwillinge

Handball oder Fußball? Beides! Die Karrieren von Aaron und Simon Fröhlich hätten auch umgekehrt verlaufen können. Mit 34 Jahren sind sie schon absolute Identifikationsfiguren des Gmünder Sports, als Trainerteam katapultieren sie die TSB-Handballer zu neuen Höhen.

Die Verwirrung steht manchem TSB-Gegner schon vor Spielbeginn ins Gesichts geschrieben: Zwei Trainer, die sich nicht nur täuschend ähnlich sehen, sondern auch das gleiche Talent und denselben unbeugsamen Willen teilen. „Inzwischen erkennen viele direkt, dass wir gemeinsam auftreten“, sagt Simon Fröhlich. Der Ex-Fußballer genießt als Co-Trainer die gleiche Wertschätzung wie sein Bruder Aaron, der die viel größere Karriere in der Halle hingelegt hat. Entscheidend ist die Leidenschaft, mit der beide das Umfeld angesteckt haben und sogar vom Drittliga-Aufstieg träumen lassen. „Wir bekommen viel Lob und jeder will ein Teil davon sein“, unterstreicht Simon: „Und dass wir gemeinsam diese Erfolgsgeschichte schreiben, macht es noch spezieller.“
 
Einst Andreas und Michael Hieber, später Kai, Max und Jan Häfner, nun der doppelte Fröhlich: Der TSB war immer dann am erfolgreichsten, wenn er sich auf eingespielte Brüderpaare verlassen konnte. Auf dem Spielfeld voranzugehen, dass war für den langjährigen Kapitän Aaron Fröhlich immer das Größte: „Aber diese neue Konstellation kommt dem Maximum sehr nahe – mit meinem Bruder, einer erfolgshungrigen Mannschaft und vielen Spielern, die ich seit Jahren begleiten darf.“
 

In jungen Jahren gab es Streit, aber auch Erfolge

Heute genießt der Chefcoach die maximale Rückendeckung seines Doubles. Früher hingegen war ihr Konkurrenzkampf gnadenlos. „Viel mehr Streitpotenzial“, habe es in Jugendjahren gegeben, erinnert sich Aaron, „da musste man verhindern, dass wir im Training direkt gegeneinander spielen.“ Simon nickt: „Wir haben uns nie etwas geschenkt. Aber genau das hat uns stark gemacht.“ Beide durchliefen die Normannia-Fußballjugend, gekrönt vom VW-Junior-Cupsieg 2003 in der Wolfsburger Arena und dem späteren Aufstieg in die A-Jugend-Oberliga.
Als sich im Sommer 2009 ihre sportlichen Wege trennten, war es für Simon zunächst ein ungewohnter Moment. „Aber wir haben nie aneinander geklebt und unsere Karrieren schon auch gemeinsam bestritten, wenn auch nicht auf dem Spielfeld. Gefühlt bin ich zu 80 Prozent von Aarons Auswärtsspielen mitgefahren.“ Während sich der beidfüßige Abwehrspieler bei den Normannia-Herren etablierte, kickte Aaron nur noch sporadisch beim FC Bargau und spielte hauptsächlich Handball bei der SG Lauter in Donzdorf. Dort hatte er zuletzt die ruhigeren Jahre, erinnert sich der Rückraummann: „Das hat sich gewandelt, weil ich danach eine super Zeit erwischt habe beim TSB.“
 

Mentor und Erfolgsarchitekt

Mit seinem Wechsel zum TSB im Jahr 2012 wurde Aaron Fröhlich zum bestimmenden Akteur auf und neben dem Feld. Heute ist Aaron nicht nur Spieler, sondern auch Förderer der nächsten Generation. Sein größter Stolz? Die Jugendmannschaft der Jahrgänge 2001 bis 2004 – Talente, die sich mittlerweile zu unverzichtbaren Säulen des Teams entwickelt haben. Tom Abt ist als Spielmacher inzwischen in die Fußstapfen seines Mentors getreten und sagt: „Aaron spielt eine enorm wichtige Rolle für uns. Er hat uns nicht nur handballerisch geformt, sondern auch menschlich weitergebracht. Seit der D-Jugend begleitet er uns mit Leidenschaft und Hingabe.“
Diese außergewöhnliche Arbeit wurde 2019 belohnt, als die Stadt Gmünd ihn zum ersten „Trainer des Jahres“ kürte. Seine Trikotnummer 13 war dabei stets eine Glückszahl, abgesehen vom Achillessehnenriss 2017, der ihn kurzzeitig ausbremste. Doch Aaron kämpfte sich zurück krönte seine Karriere mit einem filmreifen Moment: Im letzten Spiel seiner Karriere erzielte er seinen 1000. Treffer in der vierten Liga.
 

Gemeinsamer Kempa-Trick zum Sieg

Der balltretende Zwilling unterstützte erst als Fan, dann sogar in sieben Partien als Aushilfshandballer. Unvergessen bleibt ein perfekter Kempa-Trick im Januar 2015: Aaron spielte den Ball in Simons Lauf, der zum 35:32-Heimsieg über Willstätt verwandelte. Zweifellos hätte aus Simon ebenso ein Oberliga-Handballer werden können wie umgekehrt aus Aaron ein ambitionierter Fußballer. TSB-Abteilungsleiter Michael Hieber behauptet sogar: „Eigentlich ist der bessere Handballer zum Fußball und der bessere Fußballer zum Handball gegangen.“
Simon muss kurz schlucken, als er das hört. „Beim Handball waren wir ähnlich talentiert. Aber ob ich Aarons Weg genauso erfolgreich gegangen wäre – da bin ich mir nicht sicher. Besonders beeindruckend ist, wie er seine Mitspieler geprägt hat und dem Verein immer treu geblieben ist.“ Aaron sieht es ähnlich: „Simon hätte im Handball sicher mehr erreichen können, wenn er mehr trainiert hätte. Im Fußball war ich technisch und in der Übersicht vielleicht etwas talentierter. Aber Simon bringt ganz andere Stärken mit: taktisches Verständnis, Zweikampfstärke, Beidfüßigkeit, Kopfballstärke. Ich glaube nicht, dass ich es besser gekonnt hätte. Vielleicht hätte er mit etwas mehr Selbstvertrauen in entscheidenden Momenten noch höher spielen können.“
 

„Ein Glücksfall für die Stadt Gmünd und den TSB“

Simon blickt auf eine beachtliche Laufbahn zurück: 238 Verbands- und Oberligaspiele (20 Tore) für Normannia Gmünd (2009–2015, 2018–2020) und den TSV Essingen (2015–2018), bis 2023 war er noch für den Heimatverein TSGV Waldstetten in der Landesliga aktiv. Anfang August stand er noch einmal für 25 Minuten auf dem Platz – eine einmalige Sache. Eine Comeback scheint ausgeschlossen, selbst wenn sich TSGV-Trainer Patrick Krätschmer sagt: „Wenn es hart auf hart kommt, würde sich Simon bestimmt für ein Spiel bereiterklären. So ein Spielertyp hätte uns in bestimmten Partien gut getan.“ Krätschmer kennt die Zwillinge von klein auf, spielte jahrelang mit Simon bei der Normannia und ist beeindruckt von ihrer Präsenz. „Für die Stadt Gmünd und den TSB sind die beiden ein absoluter Glücksfall, dass sie als Trainer tätig sind. Sie sind Winnertypen. Schon an ihrer Körpersprache erkennt man die Energie, die sie auf die Mannschaft übertragen. Sie sind nicht gemacht zum Verlieren – für sie zählt nur der Sieg.“
 

Keine Ausreden, kein Zurückweichen – nur Gewinnen zählt

Aaron Fröhlichs Credo ist klar: „Wer viel investiert, bekommt auch viel zurück.“ Er ist der geborene Anführer – selbstbewusst, entscheidungsstark, fokussiert. „Das hat ihn schon als Spieler ausgezeichnet und jetzt als Trainer noch mehr. Er vermittelt nie das Gefühl, nicht zu wissen, was zu tun ist. Wenn er etwas sagt, dann mit 100 Prozent Überzeugung“, sagt Simon. Doch genau diese Klarheit bringt auch eine gewisse Sturheit mit sich. „Eine Diskussion mit Aaron zu gewinnen, ist nahezu unmöglich – höchstens ein Unentschieden ist drin. Sportlich gibt es bei uns keine Debatten. Ich gebe ihm meine Meinung, und er macht damit, was er will. Aber mir ist es lieber, er ist vielleicht etwas zu stur und zu motiviert, als dass es ihm an Entschlossenheit fehlt.“
Emotion und Leidenschaft waren schon immer Teil ihres Spiels – und sind es auch heute noch. „Wir waren immer emotional – und genau das setzen wir jetzt als Trainer fort“, sagt Simon. Aaron denkt voraus, steht unter Strom, während sein Bruder ihn beobachtet, pusht oder auch mal bändigt. Doch wenn der Cheftrainer einmal ausbricht, könne ihn niemand stoppen, schmunzelt Simon: „Ich versuche ihn gar nicht zu steuern oder zu lenken. Wenn es mal zu viel wird, dann sehen wir uns einfach an.“ Genau in diesen Momenten ist es Simons Rolle, als beruhigender Gegenpol zu wirken – um zu besänftigen, zu entschärfen und die Balance im Team zu halten.
 

„Als wenn ich den perfekten Führungsspieler hätte...“

Im Training hält sich Simon meist zurück, greift nur dann ein, wenn es nötig ist – sei es in Einzelgesprächen oder durch gezielte Impulse. „Wir kennen uns so gut, dass wir keine großen Team-Meetings brauchen, um uns abzustimmen. Wir spüren intuitiv, wann einer von uns eingreifen muss,“ erklärt er. Sein Part liegt vor allem darin, seine Erfahrung als Motivator einzubringen – sei es bei verletzten Spielern, im Torwarttraining oder in anderen Situationen, die Flexibilität erfordern. „Deshalb sieht der Trainingsalltag nie gleich aus. Mein Fokus liegt darauf, Aaron den Rücken freizuhalten, damit er seinen Job so sensationell machen kann, wie er es tut.“
Eine Rolle, die beide voll ausfüllt. Für „Chef“ Aaron ist der Erfolg des Duos keine Überraschung: „Ich schätze sehr, dass Simon sich in vielen Phasen selbst zurücknimmt, aber genau merkt, wann mir die Energie fehlt oder die Mannschaft einen Impuls braucht. Dann nutzt er seine Emotionalität, Intelligenz und Erfahrung und bringt das Team voran. Ich habe mit ihm als Co-Trainer jemanden, der für die Mannschaft ein perfekter Führungsspieler wäre. Er ist Ansprechpartner für alle – gerade in Situationen, in denen ich vielleicht zu hart bin. Besser könnte es nicht sein.“ Besonders erstaunt war Aaron darüber, dass er Simon für ein zweites Jahr überreden konnte. Schließlich hätte dieser im Fußball eine noch größere Reputation genießen können. Doch die gemeinsame Erfolgsgeschichte beim TSB überzeugte ihn, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen.
 

Bis mindestens 2026 geben die Zwillinge beim TSB den Ton an

Dass ihr Trainerprojekt so schnell ein Erfolg wurde, überrascht viele – schließlich hatten beide zuvor keine Herrenmannschaft geleitet. Der Sportlicher Leiter Jürgen Rilli hat aber schnell erkannt: „Aaron holt wirklich das Maximum aus den Jungs heraus. Er lebt das vor, geht im Training bis ins kleinste Detail – genau das sind die Erfolgsrezepte.“ Sein Eindruck bestätigt sich im Umgang mit den Spielern. „Beide leben ihre Philosophie vor – die Mannschaft folgt ihnen bedingungslos. Dann gibt es bis ins kleinste Detail Feedback, genau statt oberflächlich. Jeder weiß, was er verbessern kann,“ beschreibt Rilli. Ihr blindes Verständnis untereinander ist ein Schlüssel zum Erfolg. Aaron betont: „Ich spüre, dass in der Mannschaft ein tiefes Vertrauenslevel da ist. Die Spieler folgen uns, alle laufen in eine Richtung – und das hilft enorm.“

Absolute Autorität als Trainer – das ist beiden quasi naturgegeben. Die Fröhlich-Zwillinge haben ihrem Team eine echte Siegermentalität eingeimpft. Mit Weitblick und Hingabe begeistern sie nicht nur ihre Spieler, sondern entwickeln auch die Abteilung und das Umfeld weiter. „Unsere Beziehung definiert sich nicht durch den Sport“, betont Simon aber und blickt voraus: „Wenn ich irgendwann eine Fußballmannschaft trainieren würde, wäre Aaron der Erste, der mir sagt: Mach das. Es gibt hin und wieder Anfragen, aber momentan müsste viel passieren, damit wir aus dieser Erfolgsstory aussteigen.“

(Text: Nico Schoch - Bilder: Frank Bieg / TSB-Archiv)