Handball, Oberliga: Die Krise beim TSB Gmünd verschärft sich. Nach einer desaströsen ersten Halbzeit und einer umstrittenen Roten Karte kämpfen sich die „Jets“ beim TSV Weinsberg zwar couragiert zurück, sind mit dem 26:30 (11:19) – Endstand allerdings noch gut bedient.
Wieder einmal gab es am Sonntagabend hängende Köpfe bei den Gmündern. Der erhoffte Befreiungsschlag ist ausgeblieben, das Team vom Trainerduo Michael Stettner und Volker Haiser verlor im Schatten der Burgruine Weibertreu auch sein viertes Saisonspiel. Mit vier Toren Unterschied wirkte die Niederlage beim weiterhin ungeschlagenen TSV Weinsberg sogar schmeichelhaft. Denn in den ersten 30 Minuten präsentierte sich der TSB nicht oberligatauglich. Da nützte auch die starke Moral in der zweiten Hälfte nichts, zu deutlich war die Hypothek beim 11:19 einschließlich dem Verlust von Rechtsaußen Wolfgang Bächle.
Einigermaßen nach Plan lief es nur in den ersten fünf Minuten. Mit einer etwas offensiver ausgerichteten 5-1-Abwehr trat der TSB der wurfgewaltigen Weinsberger Rückraumachse entgegen, welche zuletzt mit 42 Treffern in Herrenberg aufgetrumpft hatte. Zwar gerieten die Gmünder ins Hintertreffen, waren bis zum 2:3 durch Tom Abt aber ebenbürtig. Danach setzte sich das mittlerweile altbekannte Leid fort. „Unser Defensivkonzept hat funktioniert, doch vorne treffen wir die falschen Wurf- und Passentscheidungen“, haderte Co-Trainer Haiser. Die logische Konsequenz: Der TSB rannte ins offene Messer und musste einen Tempo-Gegenstoß nach dem anderen schlucken.
Beim 3:6 (9.) griffen die Gmünder Coaches erstmals zur Grünen Karte, nur wenig später folgte die zweite Auszeit. Da lagen die Jets nach einem Siebenmeter-Fehlwurf von Nicola Rascher bereits mit 7:12 (19.) zurück. Da hatte man sich längst selbst wieder in ein kritisches Fahrwasser manövriert, wie Haiser ernüchtert feststellte: „Es ist aktuell nicht das nötige Selbstvertrauen da, um das wegzustecken. Unser Körpersprache ist komplett zusammengebrochen.“ Der TSB fand keine Mittel mehr und immer wieder im starken TSV-Tormann Stefan Koppmeier seinen Meister. Die Hereinnahme eines zusätzlichen Feldspielers floppte, gleich zweimal nacheinander flogen die Bälle aus der Distanz ins nun leerstehende Gehäuse.
Selbst als Tobias Klemm zwischen den Pfosten stand, hatte er den einfachen Gegenstoß-Toren ebenso wenig entgegenzusetzen wie der zuvor glücklose Daniel Mühleisen. Beim 9:19 (28.) roch es bereits nach einer Gmünder Blamage in fremder Halle. Nur vereinzelt gelangen dem TSB noch gute Aktionen, Wolfgang Bächle und Rascher sorgten mit ihren Treffern nach langer Durststrecke zumindest für Schadensbegrenzung. Mit dem Gang in die Kabine folgte jedoch der nächste Nackenschlag. Bächles schwach geworfener Strafwurf landete erst auf dem Arm und dann im Gesicht von Koppmeier. Während sich beide Teams bereits in die Pause verabschiedeten, berieten sich die beiden Unparteiischen – und zückten Rot gegen Bächle. Eine harte, aber regelkonforme Entscheidung. „Schlimmer geht’s nimmer“, entfuhr es einer mitgereisten Gmünder Zuschauerin da ganz treffend.
Doch wie schon eine Woche zuvor gegen Heiningen (28:32), als Rascher frühzeitig vom Feld geschickt wurde, diente Bächles Disqualifikation als Initialzündung für eine bemerkenswerte Trotzreaktion. Zwar dachten die Weinsberger gar nicht daran, einen Gang zurückzuschalten und wollten stattdessen den Deckel endgültig drauf machen. Bis zum 12:21 (32.) sah es aus TSB-Sicht immer noch ziemlich hoffnungslos aus, doch die Leistungssteigerung verblüffte dann nicht nur die Hausherren. Denen gelang eine Viertelstunde lang nur noch ein weiterer Treffer, während Abt und Rascher nun immer besser in Fahrt kamen. Als der ebenfalls verbessert aufs Feld zurückgekehrte Mühleisen dann auch noch einen Siebenmeter entschärfte und Rascher mit voller Wucht aus der Distanz zum 18:22 (45.) einnetzte, war die Aufholjagd in vollem Gange.
„Wir haben in der zweiten Halbzeit unser wahres Gesicht gezeigt“, verweist Haiser auf die Statistik. Vor dem Seitenwechsel hatten sich die Jets 21 technische Fehler und Fehlwürfe geleistet, danach nur noch zehn. Mit nachdenklicher Miene fügt der Co-Trainer allerdings hinzu: „Wir hätten komplett fehlerfrei spielen müssen, um diese schwere Hypothek aufzuholen.“ Die Fehler häuften sich gerade dann wieder, als sich der TSB so mühevoll in die Partie zurück gekämpft hatte. Mit einem 0:4-Lauf zum 18:26 (50.) war die kurzzeitige Euphorie rasch wieder verflogen, zumal Abt im Duell mit Koppmeier einen dritten Strafwurf liegen ließ. Die Gmünder wehrten sich zwar wacker bis zum Schluss, konnten allerdings nicht näher als auf vier Tore heranrücken. An der 26:30-Niederlage war nicht mehr zu rütteln, die gute Leistung der zweiten Hälfte nur ein schwacher Trost.
Nur phasenweise zu überzeugen, das reicht eben nicht, um in der Oberliga zu punkten. Und so klang das Fazit von Haiser ebenso ernüchternd wie bereits in den Wochen zuvor: „Diese schlechten zehn bis 15 Minuten sollten nicht passieren, passieren uns aber immer wieder. Die Qualität, die wir im Durchschnitt über 60 Minuten abrufen, ist nicht gut genug.“ Der Fehlstart setzt sich weiter fort und sorgt allmählich für ernste Bedenken. „Keiner fährt jetzt einfach so nach Hause und denkt nicht weiter darüber nach“, verweist Haiser auf seine geknickten Spieler: „Jeder Einzelne wird in der neuen Trainingswoche wieder Gas geben. Auch wir Trainer und die Sportliche Leitung beschäftigen uns damit, wie wir es besser hinbekommen und aus dieser Krise wieder herauskommen.“
Helfen wird dafür einzig und allein ein Sieg am kommenden Freitagabend (19:30 Uhr / Große Sporthalle) im Duell mit der ebenfalls noch punktlosen SG H2Ku Herrenberg. „Wir müssen es uns jetzt hart erarbeiten, dass der Knoten endlich platzt“, richtet Haiser seinen Blick nach vorne auf dieses ultimative Kellerduell: „Ob dreckig oder unverdient – es muss jetzt endlich ein Sieg her.“
TSV: Stefan Koppmeier, Maximilian Brösch – Robin Mahl (6/3), Jan König (5), Tim Titzmann (4), Din Kandic (3), Felix Reichert (3), Mert Darancik (2), Simon Schrempf (2), Maximilian Schulze (2), Timon Ströbel (2), Moritz Wahl (1), Leo Magdic, Louis Heim, Sven König
TSB: Daniel Mühleisen, Tobias Klemm – Nicola Rascher (5), Tom Abt (5/2), Eric Zimmermann (4), Jonas Waldenmaier (4), Andreas Maier (2), Arian Pleißner (2), Wolfgang Bächle (2), Patrick Watzl (1), Stefan Scholz (1), Jonas Schwenk, Vincent Pick, Manuel Menz
Siebenmeter: TSV 4/3 – TSB 6/3
Zeitstrafen: TSV 4 Minuten – TSB 6 Minuten
Rote Karte: Wolfgang Bächle (TSB/30./Gesichtstreffer beim Siebenmeter)
Schiedsrichter: Stephanie Ganter (SF Freiburg), Claudia Lipps (SG Waldkirch/Denzlingen)
Zuschauer: 200
(Nico Schoch)