Handball, Oberliga: Der TSB Gmünd bittet am Freitag (19:30 Uhr / Große Sporthalle) die ebenfalls noch punktlose SG H2Ku Herrenberg zum ultimativen Kellerduell. In der schwierigsten Phase seit vielen Jahren beschwören Verein, Mannschaft und Trainer den bedingungslosen Zusammenhalt.
Wieder einmal war es eine ziemlich kurze und schlaflose Nacht, die Michael Stettner von Sonntag auf Montag verbrachte. Denn die sportliche Talfahrt des TSB Gmünd hatte sich auch in fremder Halle beim TSV Weinsberg gnadenlos fortgesetzt. Als die Hoffnung auf den Befreiungsschlag schon mit dem 11:19-Rückstand zur Pause zerstört war, hatte der Trainer in der Kabine die Charakterfrage gestellt. „Wenn du dir sowas erlaubst, dann gewinnt du kein Spiel in dieser Liga“, war Stettner ziemlich angefressen. Die zweite Hälfte hingegen sah er als „Initialzündung“ für die kommenden Aufgaben. Viel präsenter und kompakt in der Abwehr traten die Gmünder auf. Auch wenn die Hypothek bereits viel zu groß war, zog man sich mit 26:30 noch einigermaßen achtbar aus der Affäre. Mit Blick auf diese extremen Leistungsschwankungen verlangt Stettner, „dass wir genau dort weitermachen müssen, wo wir in Weinsberg aufgehört haben. Und das eben nicht nur phasenweise.“
Denn nach vier Niederlagen aus vier Spielen könnte die sportliche Lage für den Letzten der Vorrundengruppe A nicht prekärer sein. Das ist auch für den Trainer eine spezielle, weil neue Erfahrung. Wobei es Stettner dabei in keinster Weise um seine eigene Person geht: „Umso länger so eine Serie anhält, umso mehr beschäftigt das alle Spieler. Einfach deshalb, weil sie sich die Belohnung für ihr richtig gutes Training immer noch nicht abgeholt haben.“ Doch sich nur den Kopf zu zerbrechen, nützt da wenig. „Die beste Antwort ist es“, fährt Stettner fort, „dass wir trotz allem die Ärmel hochkrempeln, an unsere Grenze gehen und uns endlich einmal für unseren hohen Aufwand belohnen.“
Einen zusätzlichen Motivationsschub gab es vor dem ersten Training der neuen Woche. Sowohl Stettner als auch sein Trainerpartner Volker Haiser waren überrascht, als sich Abteilungsleiter Michael Hieber mit einem aufbauenden Appell vor die versammelte Mannschaft stellte. Diese wird ebenso wie das Duo an der Seitenlinie keinesfalls angezählt, sondern genießt weiterhin die volle Rückendeckung des Vereins. „Das war ein überragendes Zeichen für unseren ohnehin guten Zusammenhalt“, freute sich Stettner über den unangekündigten Besuch: „Es ist genau der richtige Weg, nicht gleich alles in Frage zu stellen. Wir ziehen alle an einem Strang, um zusammen aus dieser Krise herauszukommen.“
Ohnehin arbeiten die beiden Coaches akribisch daran, jedes noch so kleine Detail zu verbessern. Nichts wird unversucht gelassen, um neue Reize zu setzen. Sei es mit vielen Einzelgesprächen oder der Feinabstimmung an den Laufwegen auf dem Spielfeld. Selbst wenn es noch so unbedeutend erscheinen mag, findet Stettner: „Wenn wir nur einen Prozentpunkt mehr herauskitzeln können, dann nehmen wir das mit.“ Doch wie impft man den verunsichert wirkenden TSBlern innerhalb kürzester Zeit neues Selbstvertrauen ein? Mit einer positiven Denkweise treten Stettner und Haiser an ihre Mannen heran, um die richtigen Stellschrauben zu drehen: „Man kann ihnen nicht absprechen, dass sie Handball spielen können und alles versuchen, um den Bock umzustoßen. Da bin ich auch der Meinung, dass nicht viel dazu fehlt.“
Doch da die Negativspirale sich bislang weiter dreht, wiegt die Last auf den Schultern umso schwerer. Sobald Fehler passieren, „lassen wir uns viel zu schnell verrückt machen“, bemängelt Stettner und fordert endlich wieder mehr Überzeugung im eigenen Spiel. Wenn man in Führung liegt, sei das naturgemäß einfacher. Doch dass auch in den Schlussminuten ein scheinbar unaufholbarer Rückstand wettzumachen ist, hat der TSB in jüngerer Vergangenheit ebenfalls schon bewiesen. Ziemlich genau ein halbes Jahr ist es her, da erkämpften sich die „Jets“ nach einem 36:39-Rückstand in den letzten zwei Minuten noch ein 39:39-Remis bei der SG H2Ku Herrenberg. Der gleiche Gegner kommt diesen Freitag in die Gmünder Großsporthalle. Damals waren die Kontrahenten so gut wie gesichert, nun ist es das ultimative Kellerduell. Beide Teams sind noch punktlos und damit quasi schon zum Siegen verdammt.
Auch wenn Herrenberg im Sommer einen großen Umbruch zu verkraften hatte, kann es aus Gmünder Sicht also nicht schaden, sich dieses kleine Erfolgserlebnis noch einmal in Erinnerung zu rufen. Wobei sich der Trainer in der aktuellen Lage noch gar keine großen Gedanken über den Gegner gemacht hat. Viel wichtiger sei es, den lang ersehnten und dringend benötigten ersten Sieg endlich zu greifen: „Das ist schon lange überfällig, nun haben wir die große Chance dazu. Dafür gilt es konstant zu spielen und das nötige Glück zu erzwingen, dass eben ein Wurf vom Innenpfosten rein und nicht raus geht.“
Da rückt auch ein besonderes Wiedersehen in den Hintergrund. Ex-Bundesligatorwart Primoz Prost, der bis vor zwei Jahren noch als Torwarttrainer beim TSB aktiv war, hat parallel zu seiner Tätigkeit bei Frisch Auf Göppingen inzwischen in Herrenberg angeheuert. Die drei Niederlagen gegen Schutterwald (32:38), Heiningen (22:36) und Weinsberg (39:42) konnte der 40 Jahre alte Slowene zwar nicht verhindern. Doch es unterstreicht, welche Qualität der Vorjahreszehnte trotz des großen Aderlasses immer noch besitzt. Allen voran ist da Spielmacher Valentin Mosdzien (21 Saisontreffer) zu nennen. Natürlich wissen die Gäste ebenfalls, welche Stunde es geschlagen hat. „Es ist sicherlich noch nicht aller Tage Abend“, meint Stettner: „Doch wer dieses Spiel verliert, muss ordentlich punkten, bis es sich im Februar entscheidet, wohin die Reise geht.“
Gegen diesen Druck kann sich auch der TSB nicht wehren. Auf das Kellerduell folgen gleich sechs Partien am Stück gegen die Drittliga-Absteiger SG Köndringen/Teningen, TVS Baden-Baden und TV Willstätt. Da kann, aber muss man nicht punkten. Umso bedeutender wäre es, jetzt schon mit der Unterstützung der eigenen Fans das Ruder herumzureißen. „Dann kommt auch der Spaß wieder vermehrt zurück“, hofft Stettner, der mit Ausnahme von Stephan Mühleisen (Schulterverletzung) und Kai Schäffner (Auslandssemester) abermals seinen kompletten Kader aufbieten kann.
An der nötigen Zuversicht mangelt es jedenfalls nicht. Trotz dem Fehlstart „haben wir immer noch alles in der eigenen Hand“, betont Stettner: „Wir müssen nur anfangen, an uns zu glauben. Ich glaube zu 100 Prozent an jeden einzelnen Spieler und daran, was die Mannschaft wirklich kann.“
TSB: Daniel Mühleisen, Tobias Klemm – Nicola Rascher, Tom Abt, Andreas Maier, Arian Pleißner, Louis Waldraff, Jonas Schwenk, Stefan Scholz, Patrick Watzl, Wolfgang Bächle, Vincent Pick, Eric Zimmermann, Jonas Waldenmaier
(Nico Schoch)