Handball, Oberliga: Auf den ersten Saisonsieg folgt für den TSB Gmünd das Hammerprogramm mit sechs Partien gegen die Drittliga-Absteiger. Am Samstag (20 Uhr / Ludwig-Jahn-Halle) wollen die „Jets“ den Gruppenersten SG Köndringen/Teningen so lange ärgern wie möglich.
Ein spielfreies Wochenende während der laufenden Saison, das gab es für die Gmünder Handballer schon seit knapp einem Jahr nicht mehr. Aus Sicht von Michael Stettner kam die kurze Verschnaufpause gerade zum richtigen Zeitpunkt. Nach dem Fehlstart mit vier Niederlagen gelang der vom Trainer angestrebte „Neustart“ mit dem 38:33-Heimerfolg über die weiterhin punktlose SG H2Ku Herrenberg. Nach der komfortablen 25:15-Halbzeitführung fiel der TSB zwar zurück in alte Muster und machte es spannender als nötig, doch am Ende zählte allein das dringend benötigte Erfolgserlebnis. „Von unserem Matchplan ist lange Zeit sehr vieles aufgegangen“, resümiert Stettner: „So sind wir mit einem guten Gefühl in die Pause gegangen und haben diese genutzt, um neue Schwerpunkte zu setzen anstatt uns nur auf den kommenden Gegner vorzubereiten.“
Möglich macht es der neue Oberliga-Modus, der schon zu diesem frühen Zeitpunkt spannende Konstellationen hervorbringt. Mit 2:8 Punkten liegt der TSB zwar weiterhin auf dem vorletzten Rang der Vorrundengruppe A, schöpft nach dem ersten Sieg allerdings neue Hoffnung. Als einzig ungeschlagene Mannschaft hat sich die SG Köndringen/Teningen (8:2) an die Spitze gesetzt, verfolgt unter anderem vom TVS Baden-Baden (6:4) und dem TV Willstätt (5:5). Die drei letztjährigen Drittligisten sind natürlich automatisch die Top-Favoriten auf den Einzug in die Aufstiegsrunde – und bis Anfang Dezember die drei Gegner, mit denen sich der TSB Gmünd wohl oder übel messen muss.
„In den nächsten sechs Spielen sind wir definitiv der Außenseiter“, blickt Stettner diesem Hammerprogramm entgegen: „Das ist vielleicht gar nicht so schlecht für uns. Denn wir können relativ befreit aufspielen und wollen an die immer längeren Phasen anknüpfen, in denen es in die richtige Richtung ging.“ Zumal die Gmünder ihre Fühler ohnehin schon auf eine bestmögliche Ausgangslage für die drohende Abstiegsrunde ausgerichtet haben. In dieser zweiten Saisonhälfte werden alle Punkte aus der Wertung fallen, die zuvor gegen die Top Vier-Teams zu Buche stehen. Für die Mission Klassenerhalt wäre es wohl nicht allzu tragisch, nun gegen Köndringen/Teningen, Willstätt und Baden-Baden leer auszugehen.
Das entspricht allerdings gar nicht der Denkweise des Trainers. „Wenn eine dieser drei Mannschaft straucheln sollte, könnten solche Bonuspunkte doch noch wichtig werden“, mahnt Stettner. Den Blick hat er allerdings vielmehr auf die Weiterentwicklung seiner Jungs gerichtet: „Es geht darum, dass wir unsere Stärken genauso abrufen wie zuletzt gegen Herrenberg, unsere Leistung auf die Platte bringen und die Favoriten so lange wie möglich ärgern.“ In fremder Halle beim einstigen Drittliga-Dino vor den Toren Freiburgs dürfte das erst recht eine Herkulesaufgabe werden. Schon vor zwei Jahren bekam der TSB mit 25:32 und 27:34 deutlich die Grenzen aufgezeigt. Mit 18 Siegen in Serie marschierte Köndringen/Teningen damals zur Oberliga-Meisterschaft, stieg als Tabellenletzter aber umgehend wieder aus der 3.Liga ab.
Nicht nur für Stettner sind die Südbadener nun der Top-Favorit auf den Wiederaufstieg, denn besonders die Qualität des Rückraums sucht in der Oberliga ihresgleichen. An der Seite des Halblinken Maurice Bührer, mit 246 Treffern Torschützenkönig der Saison 2021/22, zieht nun Bruder Pascal Bührer als Spielmacher die Fäden. Der 28-Jährige kehrte nach sechs Erst- und Zweitligajahren bei den Eulen Ludwigshafen zu seinem Heimatverein zurück. Das Tor hütet ein weiterer hochkarätiger Neuzugang, Clément Gaudin vom französischen Zweitligisten Istres Provance HB. „Das Wort Wiederaufstieg nehme ich nicht in den Mund“, übte sich Pascal Bührer bei der Saisoneröffnung dennoch in Zurückhaltung. Forsche Sprüche gab es auch nicht von Jonas Eble, der im Sommer vom Co- zum Cheftrainer befördert wurde: „In uns allen tobt der Hunger nach Erfolg. Es wird aber nicht wahrscheinlicher, wenn wir jede Woche plakativ dieses Ziel postulieren.“
Im Auftaktderby gegen Willstätt (25:25) sowie beim Topspiel in Heiningen (30:30) kam Köndringen/Teningen zwar nicht über ein Unentschieden hinaus. Überzeugend hingegen waren die deutlichen Siege in Bittenfeld (40:31) sowie gegen die zuvor ungeschlagenen Weinsberger (35:28). „Ein Heimerfolg gegen den Tabellenvorletzten ist Pflicht“, titelt der Spitzenreiter auf seiner Homepage vor dem Spiel am Samstag. „Für uns ist es die schwierigste, vielleicht aber auch die einfachste Aufgabe“, meint Stettner, dessen Team nichts zu verlieren hat. Was aber nicht bedeutet, dass die Gmünder die Flinte schon vorab ins Korn werfen: „Natürlich fahren wir nicht so weit, weil wir sonst nichts besseres zu tun haben. Es wäre vermessen zu sagen, wir müssen etwas holen, doch wir wollen nichts unversucht lassen.“
Um in den kommenden Wochen gegen die Großen der Liga bestehen zu können, gilt es für den TSB weiterhin die eigenen Schwächen auszumerzen. Besonders von der Siebenmeterlinie zeigten die Jets zu oft Nerven. Mit 15 von 27 Strafwürfen zappelte nur etwas mehr als die Hälfte auch im Netz. „Die Jungs wissen selbst, dass das deutlich zu schlecht ist und entsprechend arbeiten wir im Training dran“, berichtet Stettner. Der 40-Jährige ist kein Freund davon, den Siebenmeterschützen vorab zu bestimmen: „Es soll immer derjenige werfen, der Selbstvertrauen hat und sich sicher fühlt.“ Im Heimspiel gegen Herrenberg war es mit Andreas Maier erst der fünfte Schütze, der in der Schlussphase die Nerven behielt.
„Generell geht es in die richtige Richtung“, baut Stettner darauf, dass der erste Sieg das Feuer bei den Jets neu entfacht hat. Die beiden Youngster Louis Waldraff und Vincent Pick werden die Reise nach Köndringen/Teningen nicht antreten, sondern zeitgleich mit dem TSB-Perspektivteam das Landesliga-Derby beim TSV Heiningen II bestreiten. Die Führungsspieler Andreas Maier und Nicola Rascher konnten aus beruflichen Gründen zwar nicht die komplette Trainingswoche bestreiten, werden aber bei der ersten Herkulesaufgabe in Südbaden an Bord sein. „Das ist nicht optimal, doch wir müssen das Beste daraus machen“, betont der Trainer. Seine Mannschaft sei bereit, den Aufwärtstrend fortzusetzen. Ob es dann auch wirklich zu einer Überraschung reicht, ist zunächst zweitrangig – doch natürlich würde das in der aktuellen Situation besonders gut tun.
TSB: Daniel Mühleisen, Tobias Klemm – Nicola Rascher, Tom Abt, Andreas Maier, Arian Pleißner, Jonas Schwenk, Stefan Scholz, Patrick Watzl, Wolfgang Bächle, Eric Zimmermann, Jonas Waldenmaier
(Nico Schoch)