Handball, Oberliga: Eine starke erste Halbzeit reicht dem TSB Gmünd nicht, um den nächsten großen Schritt zum Klassenerhalt zu machen. Die Partie beim TSV Blaustein kippt nach der Pause zur 30:34 (18:12) – Niederlage und hinterlässt einen ratlosen Gästecoach.
Die extremen Leistungsschwankungen der „Jets“ geben erneut Rätsel auf. Nicht zum ersten Mal erspielte sich der TSB am Samstagabend einen scheinbar komfortablen Vorsprung, gab diesen aber innerhalb kürzester Zeit wieder aus der Hand. Bis zum 24:18 in der 40.Minute deutete alles auf einen Auswärtserfolg beim TSV Blaustein, immerhin Gruppenerster der Abstiegsrunde, hin. Nur zehn Minuten darauf stand es Unentschieden und letztlich setzte es für den TSB eine 30:34-Schlappe, die den Trainer „einfach nur nervt“. Einen Kräfteverschleiß aus der ersten Halbzeit wollte Michael Stettner gar nicht erst als Ausrede anführen, immerhin rotierte er kräftig und erwartet für die letzten acht Spiele unter seiner Leitung einen Lerneffekt: „Es kann nicht sein, dass wir uns mit Anpfiff der zweiten Halbzeit nicht mehr an unseren Matchplan halten. Da erwarte ich so langsam, dass der nächste Schritt von den Jungs kommt.“
Viel deutlicher hätte der Unterschied zwischen Licht und Schatten kaum sein können. Denn anfangs bewiesen die Gmünder eindrucksvoll, weshalb sie im Rennen um den Klassenerhalt derzeit obenauf sind. Die Rückraumpartner Nicola Rascher und Tom Abt erwischten einen starken Start und legten das 2:0 (2.) vor, nach einer Viertelstunde war schon ein Vier Tore-Polster erzielt. Zufall war das nicht. „Wir haben von Anfang an Tempo gemacht und dem Gegner damit richtig weh getan“, lobte Stettner. Zugleich konnte sich Tormann Daniel Mühleisen bei den kraftvollen Blausteiner Rückraumwürfe ein ums andere Mal auszeichnen.
Offensiv lief es bei den Jets ebenfalls rund, obwohl auf Linksaußen eine Notbesetzung antrat. Schon der berufsbedingte Abgang von Eric Zimmermann vor knapp einem Monat stellte eine erhebliche Schwächung dar, sein Nachfolger Ivo Dragicevic fällt bis auf weiteres mit einer Bänderverletzung aus. Weshalb Jonas Schwenk, gelernter Rückraumspieler und in den vergangenen Monaten meist am Kreis eingesetzt, diese Lücke stopfte. „Er hilft immer dort aus, wo es brennt“, zollt Stettner dem 20-Jährigen dafür größten Respekt: „Für so einen jungen Kerl ist das natürlich ultraschwierig, doch ich traue ihm das zu und er übernimmt Verantwortung.“
Der Plan ging auf, Youngster Schwenk erzielte einen Treffer und der TSB ließ sich vom Aufbäumen der Hausherren beim 10:9 (18.) nicht beirren. Gegen dezimierte Blausteiner – Simon Bauer wurde für ein überhartes Einsteigen disqualifiziert – zogen die Gmünder mit einem 4:0-Lauf davon. Abt blieb von der Siebenmeterlinie cool, Kapitän Rascher erhöhte auf 18:12 (29.). Auch die Abwehr um den krankheitsbedingt geschwächten Stephan Mühleisen stand gut. Nach Wiederanpfiff verkürzte Blaustein zwar, der TSB blieb aber am Drücker. Die beiden Linkshänder Stefan Scholz und Patrick Watzl schlugen bis zum 24:18 (41.) doppelt zu, auf der Gegenseite parierte Daniel Mühleisen einen Strafwurf von Jochen Fuchs.
Die Pausenansprache des Trainers allerdings hatte ihre Wirkung verfehlt. „Wir wollten den Ball laufen lassen, kein zu hohes Risiko gehen und uns nicht von der hitzigen Atmosphäre anstecken lassen“, so Stettner: „Diese drei Dinge haben wir nicht umgesetzt. Stattdessen laden wir den Gegner in ein Spiel, das wir eigentlich komplett beherrscht haben.“ Durch viele Zeitstrafen und unvorbereitete Würfe verlor der TSB den vorherigen Spielfluss, die Hausherren witterten nun wieder ihre Chance und kämpften sich mit vier Toren in Folge auf 24:22 (45.) heran.
Rascher und sein Nebenmann Kai Schäffner hielten den TSB noch bis zum 27:25 (51.) obenauf, doch in der Schlussphase rächte sich der immense Chancenwucher. 17 Fehlwürfe alleine in der zweiten Hälfte listete Stettner auf, überwiegend freie Würfe und zwei Konter: „Wir haben total den Kopf verloren.“ Fassungslos verfolgte er von der Trainerbank, wie das Spiel beim 27:28 (54.) auf den Kopf gestellt war. Dem jungen TSB-Rechtsaußen Vincent Pick gelang noch einmal der Ausgleich, im Gegenzug allerdings stellte Steffen Spiß mit einem Doppelpack auf 28:30 (56.). Schäffner hielt die Gmünder trotz Unterzahl noch bis zum 30:31 (58.) im Rennen, in der Schlussminute ließen sich die Jets auskontern und blickten anschließend ratlos auf den 30:34-Endstand.
„Das haben wir uns selbst verbockt“, konstatierte Stettner diese schmerzhafte Pleite. An der guten Ausgangslage mit vier Punkten Vorsprung auf die Abstiegsplätze hat sich für den Gruppenvierten zwar nichts verändert. „Doch wir haben die Chance vertan, uns weiter abzusetzen und uns vorne festzubeißen“, sagt Stettner: „Nun müssen wir endlich anfangen, aus diesen Schwankungen zu lernen.“ Bestenfalls schon bis zum kommenden Sonntag (17 Uhr / Große Sporthalle), wenn der drittplatzierte TVG Großsachsen anreist.
TSV: Luka Orsolic, Yannik Ruhland – Tobias Bauch (6), Axel Steffens (6/1), Christoph Spiß (4), Steffen Spiß (4), Robin Lorenz (4), Jochen Fuchs (4/3), Nikola Potic (3), Julius Engelhardt (2), Henrik Thimm (1), Simon Bauer, Daniel Schmid, Tarik Nokic
TSB: Daniel Mühleisen, Tobias Klemm – Nicola Rascher (7), Tom Abt (6/2), Kai Schäffner (5), Stefan Scholz (3), Patrick Watzl (3), Jonas Waldenmaier (2), Stephan Mühleisen (1), Vincent Pick (1), Andreas Maier (1), Jonas Schwenk (1), Arian Pleißner, Louis Waldraff, Ivo Dragicevic
Siebenmeter: TSV 5/4 – TSB 3/2
Zeitstrafen: TSV 8 Minuten – TSB 14 Minuten
Rote Karte: Simon Bauer (TSV/18./Hartes Foulspiel)
Schiedsrichter: Oliver Muttach (TuS Ringsheim), Nick Schillinger (SG Köndringen/Teningen)
Zuschauer: 400
(Nico Schoch)