Der kleine Bruder hinterlässt seine eigenen Fußspuren: Ein ganz spezielles Heimspiel für den TSB Gmünd

Mit Jonathan Leichs spielt sich beim TSB Gmünd das nächste Eigengewächs in den Vordergrund, Yannik Leichs wiederum fiebert mit dem Gegner mit. Wenn der TSB am Samstag (19:30 Uhr / Große Sporthalle) den TV Plochingen empfängt, steckt eine Menge Brisanz drin – auch ohne das direkte Aufeinandertreffen der beiden Brüder.

 

Drei Siege sind eingefahren, der vierte soll nun folgen: Dass der TSB Gmünd damit den besten Saisonstart seiner Viertliga-Geschichte perfekt machen könnte, hätten der jungen Mannschaft vorab wohl nur die wenigsten zugetraut. Gegen Weinsberg (30:23) und Saase3 Leutershausen (40:27) ließen die „Jets“ gar keine Zweifel aufkommen, mit dem TV Plochingen wartet nun allerdings ein weitaus größeres Kaliber. Die Gäste aus dem Neckartal stehen mit 4:2 Punkten auf dem sechsten Rang. Speziell wird das schnelle Wiedersehen mit dem Trainerduo Michael Stettner und Volker Haiser, das in den vergangenen zwei Jahren noch den TSB anleitete. „Der eine oder andere Spieler dürfte da eine besondere Motivation verspüren“, meint Aaron Fröhlich. Der Nachfolger will dieses Thema allerdings gar nicht zu hoch hängen: „Von meinem ersten Tag an haben wir alles auf Null gesetzt. Der Gegner ändert gar nichts an unserer Herangehensweise, dass wir immer gewinnen wollen. Außerdem hat unser Spiel nicht mehr viel mit dem zu tun, was in der vergangenen Saison gespielt wurde.“

 

Teil dieses „neuen TSB“ ist ein 20 Jahre junges Eigengewächs mit wohlbekanntem Namen. „Ich sehe ein ganz großes Talent in ihm“, hält Fröhlich große Stücke auf Jonathan Leichs, den er bereits als Jugendtrainer unter seine Fittiche genommen hatte: „Mit der Zeit wird er seine Erfahrungen sammeln und in Zukunft eine große Rolle bei uns einnehmen.“ Der Rückraumspieler tritt damit in die Fußstapfen seines vier Jahre älteren Bruders Yannik, der im Sommer 2020 studiumsbedingt zum damaligen Drittligisten TV Plochingen gewechselt war. „Joni wird seine eigenen Fußspuren hinterlassen“, ist der frühere TSBler überzeugt und spricht voller Stolz über seinen kleinen Bruder. Wobei die Bezeichnung „klein“ nur noch zum Alter passt, denn Jonathan hat in den vergangenen Jahren körperlich zugelegt und weist ein Handballer-Gardemaß von 1,95 Metern auf. Vom neuen TSB-Trainer wurde er deshalb direkt in den defensiven Mittelblock beordert. Ein Zeichen von großer Wertschätzung, wie Yannik Leichs findet: „Er ist hervorragend integriert und froh, ein Teil dieser Mannschaft zu sein. Diese Chance will er unbedingt ergreifen.“

 

Der Youngster selbst hat auch gar keine Probleme damit, sich erst einmal hinter den erfahrenen Stützen hinten anzustellen. Mit Kurzeinsätzen in den ersten Saisonspielen schnupperte er erstmals Viertliga-Luft, nachdem ihn in den vergangenen Jahren immer wieder schmerzhafte Entzündungen in der Schulter zurückgeworfen hatten. Der Buford-Komplex wurde bei ihm diagnostiziert: Eine angeborene Anomalie, bei der die halbe Gelenklippe fehlt und bei circa 1,5 bis 5 Prozent aller Menschen vorkommt. Das Gegenmittel sind tägliche Dehnübungen, um künftig wieder schmerzfrei werfen zu können. Das familiäre Umfeld beim TSB, aber besonders die Familiengeschichte treibt Jonathan Leichs dabei an. „Yannik war schon immer mein Vorbild“, sagt der 20-Jährige. Was aber nicht bedeutet, dass er genauso werden will wie der ältere Bruder. Grinsend sagt Jonathan: „Ich fiebere bei jedem seiner Spiele mit und jubele über seine Tore, solange er nicht gerade gegen uns spielt.“

 

Bis es tatsächlich zu einem direkten Aufeinandertreffen auf dem Spielfeld kommt, müssen sich Jonathan und Yannik Leichs noch ein wenig gedulden. Denn ausgerechnet das brisante Duell in Gmünd wird Yannik, der vor zwei Wochen noch bei der Plochinger 28:36-Niederlage in Heiningen auflief, verpassen. Just an diesem Dienstag hat der Lehramt-Student sein Auslandspraktikum an einer Schule in Madrid begonnen. Englisch, Deutsch und natürlich Sport stehen auf dem Stundenplan des angehenden Lehrers. 1.400 Kilometer Luftlinie für ein Viertliga-Spiel? Zumindest in diesem besonderen Fall wäre es das fast wert gewesen. „Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass ich nicht nach Flügen geschaut hätte“, verrät Yannik Leichs. Doch er macht kein Geheimnis daraus, dass er die Begegnung mit seinem Heimatverein von Madrid aus im Online-Livestream verfolgen wird. „Ich bin eng mit dem TSB verbunden und das Herz will natürlich immer zurück“, will er eine Rückkehr in naher Zukunft nicht kategorisch ausschließen:

 

Sehr wohl weiß der mittlerweile dienstälteste Spieler des TV Plochingen auch, was er an seinem neuen Verein hat. „Erstmals seit langem habe ich wieder das Gefühl, dass man zusammen etwas erreichen will“, lobt Leichs das neue TVP-Trainerduo. Stettner und Haiser seien nahe an der Mannschaft dran, was in der Vergangenheit gefehlt habe: „Sie lassen der Mannschaft viele Freiheiten. Das tut uns ganz gut.“ Den personellen Umbruch haben die Neckartäler offenbar ganz gut gemeistert, fuhren gegen Albstadt (33:32) und Blaustein (39:30) prompt zwei Heimsiege ein. Auch für das Gastspiel in Gmünd sieht Yannik Leichs seine jetzigen Kollegen leicht im Vorteil: „Wir sind vorgewarnt, weil sich der TSB mit drei deutlichen Siegen ordentlich Respekt erarbeitet hat. Ich glaube nicht, dass sich am Samstag eine Mannschaft früh absetzen kann. Wir müssen unser Spiel konstant halten, um hinten raus die Nase vorn zu haben. Einfach weil wir die abgezockteren und erfahreneren Spieler haben als die jungen TSBler, die in dieser Saison bislang noch kein enges Spiel erlebt haben.“

 

Bei dieser Prognose muss der jüngere Bruder natürlich forsch dagegen halten. „Wir haben das Momentum auf unserer Seite“, sagt Jonathan Leichs ganz selbstbewusst: „Und ich bin fest davon überzeugt, dass wir das fortsetzen werden. Unser guter Start ist kein Zufall, das haben wir uns hart erarbeitet.“ Talent ist nicht alles, es braucht auch viel Fleiß: Niemand weiß dass so gut wie Jonathan Leichs, dessen Weg in der Regionalliga gerade erst begonnen hat.


 Wer das Spiel nicht live vor Ort verfolgen kann, dem bietet der TSB unter dem Link:

https://solidsport.com/tsb-schwaebisch-gmuend-1-mannschaft-maenner/games/g/bfdagssv 

einen Live-Stream an.

TSB: D. Mühleisen, Immer – Abt, Leichs, Maier, Schäffner, Scholz, Schwenk, Watzl, Bächle, Burtsche, Vi. Pick, S. Mühleisen, Waibel, Waldenmaier

 

(Text: Nico Schoch, Bilder: Enrico Immer)