Ans spannende Aufstiegsrennen verschwendet beim TSB Gmünd niemand einen Gedanken, der volle Fokus gilt der hohen Auswärtshürde. Bei einem geschwächten TV Willstätt sehen sich die Jets am Sonntag (17 Uhr / Hanauerlandhalle) trotz der klaren Tabellensituation nicht als Favorit.

Angesichts von 17 Siegen aus 20 Saisonspielen handelt es sich eigentlich nur noch um eine Randnotiz: Seit dem vergangenen Wochenende hat der TSB Gmünd sein Minimalziel – den Nichtabstieg – auch rein rechnerisch erreicht. Trainer Aaron Fröhlich hat das zufrieden abgehakt, bleibt mit seiner jungen Mannschaft aber weiterhin extrem erfolgshungrig: „Mehr als jedes Spiel gewinnen zu wollen, kann man sich doch nicht als Ziel vornehmen.“
Ein neues Ziel würde eigentlich so verlockend nahe liegen wie noch nie. Während die SG Köndringen/Teningen (38:0 Punkte) wohl unangefochten zur Meisterschaft stürmt, konkurriert der TSB (34:6) mit dem TV Bittenfeld II (35:5) um den zweiten Aufstiegsplatz. Die Rechnung ist sogar denkbar simpel: Gewinnen die Gmünder ihre verbleibenden zehn Partien inklusive dem direkten Duell gegen Bittenfeld am 13.April, wären sie in der kommenden Saison erstmals ein Drittligist.
Keine Zeit für neue Ziele

So spannend dieses Fernduell in den nächsten zwei Monaten auch noch sein könnte, den Trainer lässt es völlig kalt. „Natürlich sind wir in Schlagdistanz und haben grundsätzlich alle Chancen“, liest Fröhlich aus der Tabelle ab: „Doch da schaue ich überhaupt nicht drauf. Einfach weil es noch ein ganz weiter Weg ist und allen Teams noch sehr schwere Spiele bevorstehen.“ Bittenfeld muss am Freitagabend gegen den formstarken Tabellenfünften HSG Ostfildern vorlegen, zwei Tage darauf wird es für den TSB maximal knifflig.
„Auswärts in Baden hatten wir immer ein bisschen unsere Schwierigkeiten“, erinnert sich Ex-Spielmacher Fröhlich nur ungern. Doch die Statistik ist längst aufgebessert: Vergangene Saison gewannen die Jets erstmals überhaupt in Willstätt, unter der Regie des Trainernovizen endeten bislang alle Sonntagsfahrten siegreich. Trotz alledem sieht sich der TSB beim Gastspiel an der französischen Grenze vor den Toren Straßburgs nicht zwingend als Favorit. Davon, dass die Hausherren nur eines ihre vergangenen acht Spiele gewonnen haben und auf den neunten Rang abgestürzt sind, lässt sich Fröhlich nicht täuschen: „Wir bereiten uns auf eine ganz enge Kiste und ein eigentliches Spitzenteam vor.“
Willstätt gibt wieder einmal Rätsel auf

Das Potenzial dafür wäre in der Ortenau eigentlich vorhanden. Von 1997 bis 2009 wurde in der Hanauerlandhalle durchgehend Erst- oder Zweitligahandball geboten. Im vergangenen Jahrzehnt brachte der TVW stets eine hochkarätige Viertliga-Truppe mit internationalen Neuzugängen an den Start, ohne aber an frühere Erfolge anknüpfen zu können. Die Leistungsschwankungen sind teils extrem: Vor Weihnachten ging man beim Aufsteiger MTG Wangen mit 20:29 unter, überraschte dann aber im Januar mit einem 35:35-Remis in Bittenfeld. Was wohl auch daran lag, dass der spielstarke Linkshänder Lucas Limouzin nach einer Verletzungspause wieder mitwirken konnte.
„Das ist ein Riesenunterschied, wenn er nicht spielt“, sagt Fröhlich über den gegnerischen Top-Torjäger. An individueller Qualität würde es Willstätt besonders im Rückraum nicht mangeln: Der frühere französische Zweitligaprofi Joffrey Bonnemberger gibt den Takt an, auf der linken Seite wechseln sich Ajdin Alkic und Noah Streckhardt ab. „Zuletzt mussten sie auf Linksaußen improvisieren und haben zum Teil mit zwei Kreisläufern gespielt“, ist dem TSB-Coach außerdem aufgefallen.
Große Verletzungsmisere bei den Gastgebern

Die Personalsorgen waren zuletzt derart gravierend, dass der TVW erfolglos um eine Spielverlegung bat und stark dezimiert eine 26:35-Klatsche bei der HSG Albstadt bezog. Laut Vereinsangabe sei bis zum Vorabend noch nicht einmal klar gewesen, ob die Mannschaft überhaupt antreten könne, da jeder zweite Spieler entweder verletzungs- oder grippegeschwächt war. „Wir haben das Beste herausgeholt, was unter den krankheitsbedingten Ausfällen machbar war. Es liegt zu viel Last auf den Schultern einzelner Spieler. Meine Bank bietet momentan nur sehr wenig, bis überhaupt keine Wechselmöglichkeiten“, nennt TVW-Trainer Rudi Fritsch die Gründe für die sportliche Talfahrt.
Von all diesen Nebengeräuschen will sich der TSB nicht irritieren lassen. Abhängig von der Tagesform könne Willstätt jede Mannschaft in der Liga schlagen, daran hat Fröhlich keinerlei Zweifel. „Sie stellen oft eine gute Abwehr und machen mit ihrer Torhüterleistung dann oft enge Spiele“, erinnert er sich an das Hinspiel. Da trat der TSB sehr überzeugend auf, vergab zwar erst viele gute Torchancen und siegte letztlich dennoch souverän mit 30:26.
Ein zusätzlicher Ansporn, um hungrig zu bleiben

Das Gmünder Selbstvertrauen ist seitdem immer weiter gestiegen. Fast schon euphorisch blickt Fröhlich auf „eine super Trainingswoche“ zurück. Zum einen deshalb, weil Stephan Mühleisen wieder genesen ist und bis auf Arian Pleißner (Knieverletzung) alle Spieler einsatzfähig sind. Nach dem zittrigen 34:30-Arbeitssieg über Schlusslicht Söflingen kommt für den Trainer noch ein weiterer Aspekt hinzu: „Es stört die Jungs sehr wohl, wenn sie einmal nicht so gut gespielt haben. Da ist unsere Motivation jetzt umso höher, es besser zu machen.“ Die Chance dazu könnte nicht besser sein als bei der hohen Hürde TV Willstätt.
TSB: D.Mühleisen, Immer – Abt, Leichs, Maier, Schäffner, Scholz, J.Schwenk, Watzl, Waldraff, Bächle, Burtsche, S.Mühleisen, Waibel, Waldenmaier
(Text: Nicolas Schoch - Bilder: Enrico Immer)

