Die beste Abwehr gastiert beim gefährlichsten Angriff, auch die vorherigen Duelle garantieren totale Brisanz. Alles ist angerichtet für das Regionalliga-Topspiel zwischen der HSG Albstadt und dem TSB Gmünd – vorausgesetzt, das Dach in der Mazmannhalle hält am Samstag ab 20 Uhr dicht.

Als würde der Schlagabtausch zwischen den beiden punktgleichen Tabellendritten nicht schon für genügend Schlagzeilen sorgen, steht vorab eine ganz banale Frage im Raum: Kann überhaupt gespielt werden? Ihren letzten Heimspieltag vor zwei Wochen hatte die HSG Albstadt kurzfristig absagen müssen, weil ununterbrochen Wasser aus der Decke tropfte. Noch immer ist die Mazmannhalle im Stadtteil Ebingen behördlich gesperrt, die anhaltenden Regenfälle dürften die Situation nicht verbessert haben. Das undichte Dach soll nun provisorisch geflickt werden, um den „Topspiel-Alarm“, wie ihn die Gastgeber in den Sozialen Medien bereits ausgerufen haben, doch noch möglich zu machen.
Vor der Fahrt auf die Zollernalb bleibt man beim TSB Gmünd ganz gelassen. „Ich bin mir sicher, dass wir am Wochenende bereit sind“, bleibt Trainer Aaron Fröhlich ganz pragmatisch. Die kurze Spielpause kam den „Jets“ tatsächlich gelegen. Etwa, um mit dem gesamten Team die Hochzeit von Kreisläufer Jonas Waldenmaier und Physiotherapeutin Nina Waldenmaier (geborene Sos) zu feiern. Gleichzeitig konnten einige Blessuren auskuriert werden. Bis auf den am Meniskus operierten Patrick Watzl kann Fröhlich auf seine Bestbesetzung zurückgreifen: „Eine Woche lang konnten wir wieder an uns arbeiten, diese Woche hingegen uns gezielt auf den Gegner vorbereiten.“
Der Start in einen heißen Herbst
Sein erstes von vier Auswärtsspielen in Folge hat der TSB mit einem souveränen 34:24 bei der MTG Wangen gemeistert. Die kommenden Aufgaben dürften noch einmal kniffliger werden. Erst gastieren die Gmünder in Albstadt (beide 6:2 Punkte), dann beim verlustpunktfreien Spitzenreiter HSG Willstätt/Hanauerland (10:0) und schließlich zum Derby beim ambitionierten VfL Waiblingen (4:6). „Wenn das alle als Topspiele sehen, dann ist das erreicht, was ich haben will“, schmunzelt Fröhlich. Wenngleich er natürlich seinem Motto treu bleibt, nur auf das nächste Spiel zu schauen: „Da kommt eine der stärksten Gegner auf uns zu, sowohl was Qualität als auch Erfahrung aus höheren Spielklassen betrifft. Nominell hat Albstadt eine der besten, von den Namen her vielleicht sogar die beste Mannschaft der Liga.“

Angeführt von den 33-jährigen Zwillingsbrüdern Julian und Gregor Thomann, langjährige Zweiliga-Spieler unter anderem bei der HSG Konstanz und HBW Balingen-Weilstetten, hat sich Albstadt auf Anhieb in der Regionalliga-Spitze etabliert. Der Vorjahresfünfte musste sich bislang nur dem Drittliga-Absteiger TVS Baden-Baden knapp mit 37:36 geschlagen geben, fegte dafür aber Waiblingen mit 41:35 aus der Halle und feierte am vergangenen Wochenende einen spektakulären Comeback-Sieg. Trotz einer frühen Roten Karrte gegen Spielmacher Julian Thomann drehte die HSG einen 12:19-Rückstand bei der SG Heddesheim in einen 30:28-Sieg. Mit alleine 13 Toren überragte Rechtsaußen Gregor Thomann.
Albstädter Torfabrik gegen Gmünder Bollwerk
Die Gmünder wissen um diese Qualitäten, doch genauso viel Respekt genießen sie auch bei ihrem Gastgeber. „Für mich sind sie mit Willstätt der Aufstiegskandidat Nummer eins“, ließ HSG-Trainer Andreas Wendel verlauten: „Da brauchen wir einen guten Tag, eine gute Abwehrleistung. Wenn wir uns da wieder einen 15-Minuten-Blackout leisten, dann wird’s richtig schwer. Trotz aller Schwierigkeiten wie der Hallensituation oder Verletzungen sind wir fokussiert und immer ein ernstzunehmender Gegner.“

In ihrer spielerischen Ausrichtung könnten beide Spitzenteams nicht unterschiedlicher sein: Während der TSB mit nur 25 Gegentoren die beste Defensive ligaweit stellt, überragen die Albstädter mit durchschnittlich 35 erzielten Treffern pro Partie. „Wenn ich nicht so lange in der Abwehr stehe, habe ich auch mehr Zeit, selber aufs Tor zu schießen“, meint Fröhlich ganz nüchtern: „Sie wollen schnell zu Abschlüssen kommen. Unser Ziel ist es, dass wir so gut wie möglich in der Abwehr stehen – und das wollen wir gegen jede Mannschaft zeigen. Wir haben in der Vergangenheit aber auch gezeigt, dass wir selbst viele Tore werfen können, wenn wir es müssen.“
Ein Duell mit brisanter Vorgeschichte
Frisch im Gedächtnis sind noch die vergangenen Aufeinandertreffen, die es in sich hatten. In eigener Halle siegte der TSB mit 32:27, beim hitzigen Saisonfinale in Albstadt mit 41:39. Insgesamt hatte es sechs Rote Karten gegeben. „Da waren extreme Situationen dabei“, erinnert sich Fröhlich an zwei gegnerische Tätlichkeiten aus dem Mai zurück: „Ich will auf gar keinen Fall, dass meine Mannschaft so auftritt und es stört mich, dass so etwas nicht härter bestraft wird. Man kann hart spielen, aber es sollte in einem gewissen Rahmen bleiben.“

Das Wiedersehen wird bestimmt nicht weniger brisant werden. Denn nur der Sieger hält den Anschluss zur Spitze. Es ist der Härtetest, den der TSB nun braucht und auch sucht – nicht nur tabellarisch. „Für uns geht in jedem Spiel um Alles“, betont der Gmünder Trainer. Seine klare Herangehensweise: „Wir werden versuchen, handballerisch zu überzeugen und somit erst gar nicht die Chance aufkommen zu lassen, dass es wieder so eine hitzige Partie wird.“
„Wenn alles normal läuft...“
Bei allen Fragezeichen, die noch bis Samstagabend schweben: Der TSB konzentriert sich nur auf die eigenen Stärken und will an die souveräne Leistung aus Wangen anknüpfen. Zumal die Gmünder nur allzu gut wissen, wie sie gegen die namhaft besetzte Albstädter Truppe bestehen können. „Wir haben sie schon zweimal geschlagen und können das erneut tun“, so Fröhlich, „aber nur wenn wir das liefern, was wir können. Wenn alles normal läuft und es nicht wieder Phasen gibt, in denen es Zeitstrafen hagelt, dann werden wir wieder zu einem normalen Ergebnis kommen.“
Die Hoffnung auf „Normalität“ beginnt in diesem Fall schon damit, dass es in der Mazmannhalle tatsächlich trocken bleibt...
TSB: Immer, Klemm, D. Mühleisen – Abt, J.Leichs, Y. Leichs, Maier, Schäffner, Scholz, Abele, Bächle, Burtsche, S. Mühleisen, Waibel, Waldenmaier

(Text: Nicolas Schoch - Archivbilder: Frank Bieg)