Unsanft wird der TSB Gmünd vom VfL Waiblingen aus seinem Höhenflug gerissen. Bei der 36:41 (18:20) – Niederlage bricht die stabile Abwehr der Jets komplett ein und offenbart Lücken, die selbst Tom Abt mit alleine 13 Toren nicht mehr kaschieren kann.
Den vierten Auswärtserfolg in Serie hatten sich die Gmünder erhofft, stattdessen herrschte Katerstimmung. Zuvor in Albstadt (38:32) und Willstätt (41:36) hatte der TSB seine defensiven Schwächen noch mit purer Effizienz im Angriff kompensiert – diesmal gelang das trotz einer Gala-Vorstellung von Tom Abt nicht. „Jede Niederlage ist eine herbe Enttäuschung“, gab der Spielmacher offen zu: „Weil wir eine sehr ambitionierte, junge und hungrige Mannschaft sind, die jeden Gegner vor Probleme stellen will. Das haben wir heute nicht geschafft, sondern uns wurden die Grenzen aufgezeigt.“

Was natürlich auch damit zusammenhängt, dass die Waiblinger „Tigers“ deutlich besser sind, als es ihr zwölfter Tabellenplatz aussagt. Nach einem verpatzten Saisonstart attestierte VfL-Trainer Tim Baumgart seinem Team die bislang beste Saisonleistung. Gegenüber Aaron Fröhlich hingegen sah es zweigeteilt. „Wenn man auswärts 36 Tore wirft, dann muss das eigentlich zu Zählbarem reichen“, so der TSB-Coach: „Doch wir konnten nur in ganz kurzen Phasen eine Abwehr stellen, die den Gegner vor Probleme stellt und hatten letztlich auch nur fünf Torwartparaden, da wir insgesamt als Verbund nicht funktioniert haben.“
Von Beginn an im Hintertreffen
Als sich Rückhalt Tobias Klemm erstmals auszeichnen konnte, da lagen die Gäste bereits mit 0:2 (2.) zurück. Die Rückraumstrategen Abt und Kai Schäffner meldeten den TSB im Spiel an. Bis zum 5:5 (7.) war es ein offener Schlagabtausch, bevor Niklas Burtsche zweimal nacheinander von Linksaußen vergab. Waiblingen suchte immer wieder erfolgreich seinen Kreisläufer Jan Hellerich und erhöhte auf 9:6 (12.), weil die Gmünder Abwehr kaum in einen Zweikampf kam. „Viel Harakiri und wenig System“, bemängelte Abt: „Wir kommen schwierig ins Spiel, weil wir viele Tore über die erste und zweite Welle kassiert haben. So mussten wir von Anfang an kämpfen und Waiblingen hatte gleich das Gefühl, dass an diesem Tag alles läuft.“

Sobald sich der TSB herantastete, schlichen sich Fehler ein. Nach dem Torwartwechsel von Klemm zu Daniel Mühleisen lag der Ausgleich in der Luft. Stattdessen folgten ein technischer Fehler, ein Stürmerfoul und ein Pfostentreffer von Schäffner. Von 10:11 (17.) wuchs die Hypothek wieder auf 10:14 (21.) an. Die Gmünder agierten offensiv ohne Kreisläufer und mit vier Rückraumspielern, so dass Abt immer wieder eine Lücke fand. Doch was auch in der Defensive probiert wurde, es fruchtete nur kurz. Yannik Leichs versuchte an der Spitze einer 5-1 Abwehr zu stören, woraufhin Andreas Maier und Wolfgang Bächle jeweils den Anschluss markierten. Doch durch zwei schnelle Gegenstöße wurde der TSB wieder auf 15:18 (28.) zurückgeworfen.
Entscheidende Schwächephase nach dem Seitenwechsel
Dass Abt direkt vor der Pausensirene den Ball zurückeroberte und mit seinem bereits achten Treffer auf 18:20 (30.) verkürzte, hätte das Signal zur Aufholjagd sein können. Doch selbst dem überragenden Spielmacher gelang nicht alles, auch bei den Kollegen häuften sich die unglücklichen Szenen. Stefan Scholz versprang der Ball beim Konterversuch, Bächle scheiterte zweimal frei vorm Tor und Mühleisen bekam kaum eine Hand an die Waiblinger Rückraumwürfe. Spätestens beim 21:27 (38.) schwammen den Gästen die Felle davon. „Vorne wurde ich gut in Szene gesetzt, aber defensiv habe ich auch kein gutes Spiel gemacht“, zeigte sich Abt selbstkritisch: „Die schlechte Phase nach der Pause ist vermutlich spielentscheidend, weil wir danach nicht mehr näher herankommen.“

Der TSB ließ zwar nichts unversucht und durfte nach Burtsches Kontertor zum 24:27 (40.) nochmals hoffen. „Doch wenn man hinten immer ein Tor bekommt, dann kann man auch nicht aufholen“, fasste Fröhlich zusammen. Den allerletzten Einsatz, den vermisste der TSB-Trainer von seiner so oft gepriesenen Abwehr: „Es ist natürlich oft entscheidend, ob ein Wurf von einem Meter weiter oder näher kommt. Mit einer besseren Abwehrleistung hätten wir alle Möglichkeiten gehabt, das Spiel doch noch für uns zu entscheiden.“
Doppelte Zeitstrafe schwächt den TSB zusätzlich
Weil Waiblingen weiterhin nach Belieben traf, gelangten die Gmünder nicht mehr in Schlagdistanz. Zweimal nacheinander flog die Kugel zum 28:34 (47.) ins leerstehende Gästetor. Ein Waiblinger Stürmerfoul wurde nicht geahndet, stattdessen sah Abt seine zweite Zeitstrafe und da Fröhlich von der Seitenlinie zu heftig reklamierte, fand sich der TSB in doppelter Unterzahl wieder. Die entstandenen Räume nutzte Kreisläufer Hellerich, um mit dem 29:36 (50.) für klare Verhältnisse zu sorgen. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis auch die 40-Tore-Marke fallen würde. Das gelang dem VfL im Konterspiel, ein Kempa-Trick zum 34:41 (58.) war dann sinnbildlich für den aus Gmünder Sicht gebrauchten Abend. Da konnte es auch kaum trösten, dass Lenny Schwenk sein Debüt für den TSB gab und die beiden weiteren Youngster Simon Neumaier und Florian Abele noch zum 36:41-Endstand verkürzten.
Trotz Rückschlag weiter im Soll
Die Jets werden vorerst auf den dritten Tabellenrang verdrängt, wenngleich der Trainer die zweite Saisonpleite richtig einzuordnen wusste. „Wir haben zuletzt trotz Verletzungssorgen drei gute Auswärtsspiele gemacht“, fasste Fröhlich die nun gerissene Serie zusammen: „Dieses Mal haben wir nur offensiv gut gespielt und dann reicht es gegen eine starke Mannschaft wie Waiblingen eben nicht. Dass wir in der Abwehr keine Zugriff hatten, stört uns extrem. Das macht es emotional aber einfach, uns mit vollem Einsatz auf die nächste Woche vorzubereiten.“

Die Chance zur Wiedergutmachung bietet sich am kommenden Samstag (19:30 Uhr / Große Sporthalle) im Heimspiel gegen einen direkten Verfolger, den Tabellensechsten HSG Ostfildern. Kapitän Abt sieht darin eine Chance, gleich wieder stärker zurückzukommen: „Wir werden uns in dieser Trainingswoche zusammenreißen und schauen, dass wir unsere Regeln in der Abwehr wieder einhalten. Denn genau diese Abwehr soll eigentlich unsere große Stärke sein.“
VfL: Levin Stasch (1), Leon Dotzauer – Niklas Leukert (8/5), Nick Bischoff (6), Jan Hellerich (6), Evgeni Prasalov (4), Tobias Maurer (4), Sören Schmid (3), Holger Mayer (2), Lars Berlich (2), Lion Haase (2), Lukas Ader (1), Hannes Schönemann (1), Martin Lübke (1)
TSB: Tobias Klemm, Daniel Mühleisen – Tom Abt (13), Niklas Burtsche (7/6), Stefan Scholz (4), Wolfgang Bächle (3), Kai Schäffner (3), Andreas Maier (2), Stephan Mühleisen (1), Yannik Leichs (1), Simon Neumaier (1), Florian Abele (1/1), Lenny Schwenk, Jonas Waldenmaier, Jonathan Leichs
Siebenmeter: VfL 5/5 – TSB 7/7
Zeitstrafen: VfL 10 Minuten – TSB 8 Minuten
Schiedsrichter: Arno Kolbach, Sascha Oestringer (St. Leon/Reilingen)
Zuschauer: 400
(Text und Bilder: Nicolas Schoch)