Ein Abschied mit Anstand, aber ohne Punkte

Handball, Baden-Württemberg-Oberliga: Zum Saisonfinale unterliegt der TSB Gmünd in Lauterstein mit 24:30 und beide Teams müssen die Oberliga verlassen

Von Nico Schoch

Nichts war es mit einem erfolgreichen Abschied für den langjährigen Trainer Michael Hieber: Im umkämpften Derby bei der SG Lauterstein bewies der TSB Gmünd zwar Moral, musste sich aber dennoch leistungsgerecht mit 24:30 (13:16) geschlagen geben und verabschiedet sich somit als Tabellenvorletzter aus der Oberliga. Trotz des Sieges hat es aber auch für den Lokalrivalen nichbt mehr zum Klassenverbleib gereicht. 

Das übergeordnete Ziel, sich würdevoll aus der Viertklassigkeit zu verabschieden, haben am Samstagabend allerdings beide Seiten erreicht. Denn obwohl im Saisonfinale die ganz große Spannung fehlte, der TSB bereits sicher abgestiegen war und die SGL ihr Schicksal nicht mehr in der eigenen Hand hatte, erlebten knapp 500 Zuschauer vor allem in der ersten Halbzeit eine hochunterhaltsame Begegnung. Die Nenninger Kreuzberghalle war bis auf den letzten Platz vollbesetzt und die Stimmung auf den Rängen war hervorragend. In einer der Situation angepassten niveauarmen Begegnung erwischten die Hausherren den besseren Start und konnten sich beim 6:3 erstmals ein Polster erspielen. Die Gmünder fanden zunächst kein Zugriff, weshalb Michael Hieber bereits nach neun Minuten eine erste Auszeit nahm, um sein Team wachzurütteln – mit Erfolg. TSB-Keeper Philipp Neukamm, der den erkrankten Sebastian Fabian vertrat und somit zum erhofften Abschiedsspiel kam, brachte seine Mannen durch sechs Paraden in Folge zurück ins Spiel, so dass Wolfgang Bächle nach knapp einer Viertelstunde wieder zum 8:8 ausgleichen konnte. Durch zwei schnelle Gegenstöße brachten die beiden Außenspieler Bächle und Nico Krauß das Gästeteam sogar kurzzeitig in Führung. Lauterstein allerdings hielt dem Druck stand, Timo Funk drehte den Spielstand mit einem Doppelschlag. Die Gmünder hingegen ließen beste Torchancen ungenutzt, die freigespielten Jonas Waldenmaier und Wolfgang Bächle vergaben auf klägliche Art und Weise. Diese Fehler wurden durch Konter prompft bestraft und so erhöhten die Hausherren unmittelbar vor der Pause auf 16:13. 

 

Der Ex-Lautersteiner Nico Krauß konnte zwar direkt nach Wiederanpfiff verkürzen, doch die SGL konnte ihren Vorsprung in den folgenden Minuten erstmals auf fünf Tore ausbauen. Dennoch bewiesen die Gmünder Moral und hielten mit hohem kämpferischen Engagement dagegen, so dass Spielmacher Aaron Fröhlich eine Viertelstunde vor Spielende auf 23:20 verkürzen konnte. Hektisch wurde es dann in der 50.Minute: Fröhlich hatte seinen Gegenspieler Timo Funk äußerst unsanft zu Boden gebracht und wurde daher vorzeitig disqualifiziert – eine harte, aber dennoch vertretbare Entscheidung des badischen Schiedsrichtergespanns. Bitter war es für den TSB, dass zeitgleich auch Christian Waibel mit seiner zweiten Zeitstrafe auf die Strafbank verbannt wurde. Die doppelte Unterzahl war der Knackpunkt in einer hart umkämpfften Partie und spätestens als SG-Torhüter Matthias Nagel mit einem Distanzwurf zum 25:20 ins verwaiste TSB-Gehäuse traf, war der Wille der Gmünder gebrochen. Die Gastgeber belohnten sich für ihre starke Kollektivleistung mit einem auch in dieser Höhe verdienten 30:24-Erfolg. Elf Sekunden vor dem Ende markierte Jan Häfner den letzten Gmünder Oberliga-Treffer und im direkten Gegenzug setzte SGL-Kapitän Christian Stuber zu seinem Karrierenende den zunächst umjubelten Schlusspunkt. 

 

Doch wirkliche Freude über den Derbysieg wollte bei den siegreichen Hausherrren nicht aufkommen – die blicke richteten sich stattdessen nach Remshalden. Da der SVR sein Heimspiel noch in der Schlussphase drehte und Steißlingen mit 26:25 bezwang, herrschte in Lauterstein Trauer über das verpasste glückliche Ende. Um Punkt 21 Uhr war die Oberliga-Zeit sowohl für den TSB Gmünd wie auch für die SGL endgültig abgelaufen. Auch Hieber bedauerte den Abstieg des Lokalrivalen uns sprach von einem "traurigen Moment." Denn während Remshalden an diesem dramatischen letzten Spieltag noch den direkten Klassenerhalt bejubeln konnte und Blaustein in der Relegation auf die Rettung hoffen darf, könnten sich Gmünd und Lauterstein in der kommenden Runde eine Liga tiefer erneut gegenüber stehen – dann aber unter geänderten Vorzeichen. Jetzt gilt es für beide Seiten, sich erst einmal zu schütteln, danach den Mund abzuputzen und nach der Sommerpause das Unternehmen Württembergliga mit neuem Elan positiv anzugehen. 

 

SGL: Matthias Nagel (1), Marc Bertele – Christian Stuber (5), Leon Weiß (4), Tim Lackinger (4), Stephan Mühleisen (4), Max Dangelmaier (3/1), Fabian Lackinger (2), Tobias Schmid (2), Mario Kölle (2), Timo Funk (2), Steffen Nägele (1), Markus Stuber

TSB: Philipp Neukamm, Giovanni Gentile – Dominik Sos (6/1), Wolfgang Bächle (3), Aaron Fröhlich (3), Jan Häfner (2), Sven Petersen (2), Jonas Waldenmaier (2), Jonas Leinß (2), Nico Krauß (2), Lukas Waldenmaier (1), Philipp Schwenk (1), Yannik Leichs, Christian Waibel

Rote Karte: Aaron Fröhlich (50./Grobes Foulspiel)

Schiedsrichter: Sven Ernst, Johannes Friedhoff (Freiburger Turnerschaft)

Zuschauer: 500

"Die Luft war raus" - Stimmen zum Spiel

(sch) 500 Zuschauer erlebten zum Saisonfinale zwar kein hochklassiges, aber dennoch unterhaltsames Oberliga-Derby. Nach Spielende überwogen beiderseits Frust und Trotz über den Abstieg. 

Wolfgang Funk (SGL-Trainer): "Auf diese Weise abzusteigen ist natürlich extrem bitter, denn wir haben eine tolle Mannschaftsleistung gesehen. Die Jungs haben ein hervorragendes Spiel hingelegt und aufopferungsvoll gekämpft. Wir haben bis zum Ende an unsere letzte Chance auf den Klassenerhalt geglaubt. Trotz allem muss ich meinem Team ein Kompliment aussprechen, denn wir haben in dieser Saison viele Rückschläge gut weggesteckt."

Michael Hieber (TSB-Coach): "Unser Schicksal hatten wir in den vergangenen Wochen schon besiegelt, dennoch wollten wir vor dieser tollen Kulisse noch ein schönes Derby spielen. Ich glaube, in der ersten Halbzeit ist uns das auch ganz gut gelungen. Gefühlt waren wir in dieser Phase um ein paar Tore besser, vergeben aber zu viele freie Würfe und bekommen dann die Konter. Unterm Strich war es ein verdienter Sieg für Lauterstein, denn wir haben auch in der Abwehr nicht mehr die nötige Stabilität erreicht." 

Christian Stuber (SGL-Kapitän): "Es ist unglaublich bitter, dass wir trotz unserer starken Mannschaftsleistung die Klasse nicht mehr halten konnten. Aber ich bin mir sicher, dass wir im kommenden Jahr zurückkehren werden."

Aaron Fröhlich (Gmünder Spielmacher): "Mit der Gewissheit des Abstiegs im Hinterkopf war die Spielvorbereitung natürlich entsprechend schwierig. Es war sicherlich nicht unser bestes Spiel. Kurzzeitig waren wir zwar dran, es war dann aber nicht verwunderlich, dass wir den Rückstand irgendwann nicht mehr aufholen konnten. Lauterstein war aufgrund der Tabellensituation bereit, mehr zu investieren und ich hätte ihnen den Klassenerhalt auch absolut gegönnt."

Dominik Sos (sechsfacher TSB-Torschütze): "Wir wollten auch für die Fans ein gutes Spiel zeigen, um uns positiv aus der Oberliga zu verabschieden. Man muss aber sagen, dass das Niveau nicht allzu hoch war. Mit uns und Lauterstein trifft es zwei Mannschaften, die verdientermaßen absteigen. Wenn wir das nötige Feuer vermissen lassen, wie es allzu oft der Fall war, reicht es eben nicht für die Oberliga." 

Philipp Neukamm (TSB-Tormann): "Der Abstieg tut natürlich immer noch weh. Aber wir waren es den Zuschauern und uns selbst schuldig, noch einmal alles zu geben. Es hat mir noch einmal Spaß gemacht, in diesem Derby auf dem Feld zu stehen. Wir haben es in der ersten Halbzeit leider nicht geschafft, die gute Defensivleistung zu nutzen. 

Giovanni Gentile (Gmünder Torwarttalent): "Philipp Neukamm hat seine Sache überragend gemacht und ich hätte ihm zum Abschied die vollen 60 Spielminuten gegönnt. Es war dann aber sehr loyal von ihm, dass er rausgekommen ist und mir zu meinem ersten Saisoneinsatz verholfen hat. Das Ergebnis ist natürlich nicht so berauschend, bei uns war die Luft raus und die Lauterstein einfach mehr Feuer drin. Wir wollten unserem Trainer ein Abschiedsgeschenk machen, aber ich denke nicht, dass er uns deswegen jetzt allzu böse ist."

Wolfgang Bächle (TSB-Rechtsaußen): "Wir wollten unser Trainerteam unbedingt mit einem Sieg verabschieden, deswegen schmerzt uns die Niederlage. Aber ich denke, dass der TSB wieder auferstehen wird und in der neuen Saison viel möglich sein wird."

(Bild im Anhang: Obwohl ihre beiden Teams absteigen müssen, konnten SG-Coach Wolfgang Funk und sein Gegenüber Michael Hieber im Trainergespräch nach dem Spiel wieder lächeln)