Zum zweiten Mal innerhalb einer Woche stellte sich für den TSB Gmünd die Frage: Einen Punkt gewonnen oder einen verloren? Tormann Sebastian Fabian sicherte das 25:25 (16:15) – Unentschieden beim Spitzenreiter TSV Heiningen, in einer dramatischen Schlussphase verspielten die Gmünder aber den erhofften Derbysieg. Fast über die ganze Spielzeit hinweg war das Team von Trainer Stefan Klaus in fremder Halle vornegelegen, doch reichte es nur zu einer unterm Strich leistungsgerechten Punkteteilung.
"Dieser Punkt ist der Verdienst der Mannschaft", meinte Klaus nach Spielende anerkennend: "Denn immerhin haben wir bei einem Mitaufstiegsfavoriten bestanden, der in eigener Halle nicht allzu viele Punkte abgegeben wird." Obwohl personell erheblich geschwächt, wusste der TSB im ersten Spitzenspiel der noch jungen Saison – Der Erste empfing den Zweiten – über weite Strecken zu überzeugen. Lediglich zehn Feldspieler konnten die Gäste aufbieten, darunter der wenige Stunden zuvor in der Göppinger A-Jugend eingesetzte Yannik Leichs sowie der reaktivierte Co-Trainer Patrick Schamberger. Klaus: "Höchste Anerkennung, dass Patrick immer noch topfit ist und ich ihn bringen konnte, um im Abwehrbereich für Entlastung zu sorgen." Dass er selbst zum Einsatz kommen wird, kann der 41-jährige Ex-Bundesligaspieler allerdings ausgeschlossen: "Mein Pass liegt noch in Lauterstein..."
Die dezimierten Gmünder hatten das enttäuschend verlaufene Heimspiel gegen Hegensberg-Liebersbronn (35:35) offensichtlich gut weggesteckt. Sven Petersen sowie Aaron Fröhlich mit jeweils drei Treffern sorgten für einen 6:4-Führung nach sieben Minuten. Heiningens Chris Zöller traf mit seinem ersten Siebenmeterwurf lediglich die Latte, auf der Gegenseite brachte Fröhlich seine Mannen mit drei Toren in Front. Der Start in diese hochintensiven Partie hätte kaum besser verlaufen können und da TSB-Schlussmann Sebastian Fabian einen weiteren Strafwurf parierte, hatte der Vorsprung weiter Bestand. Jonas Waldenmaier vom Kreis sorgte beim 14:9 (19.) für den deutlichsten Zwischenstand und es wirkte so, als hätten die Gmünder alles im Griff. Doch dieser Eindruck täuschte. "Wir haben offensiv nicht immer die richtigen Lösungen gefunden und haben teilweise zu drucklos agiert", bemängelte Klaus. Die Abwehr um den neuformierten Mittelblock mit Lukas Waldenmaier und Anis Bojic bekam in der Folgezeit erhebliche Probleme und die Hausherren nie völlig in den Griff. Insbesondere den Heininger Rückraumhüne Julian De Boer, der vier seiner fünf Tore im ersten Durchgang markierte, war nicht zu bändigen und leitete mit seinem Doppelschlag zum 14:11 (21.) die Aufholjagd ein. Der TSB offenbarte in dieser Phase das beinahe ebengleiche Muster wie in der Vorwoche, ließ vor allem durch die Mitte zu viele Torwürfe zu und konnte die Partie nicht wirklich beruhigen. Petersen und Fröhlich konnten diese Schwächen durch ihre Treffsicherheit zunächst kaschieren, doch der Gegner hatte Blut geleckt. Zwei unnötige Ballverluste der Gmünder nutzte der TSV, um auf 16:15 (28.) zu verkürzen. 15 Sekunden vor Ertönen der Pausensirene misslang ein Kempa-Trick von Fröhlich und Felix Häfner, doch Fabian parierte den Heininger Konter durch Aleksa Djokic und rettete seinem Team die hauchdünne Pausenführung.
Auch nach dem Seitenwechsel erlebten die knapp 250 Zuschauer in der stimmungsvollen Voralbhalle ein mitreißendes und emotional geführtes Derby. In spielerischer Hinsicht bot sich nun aber ein krasser Gegensatz: Waren die ersten 30 Minuten von beiden Teams noch äußerst rasant und offensiv geführt worden, so wurde der zweite Durchgang von den Abwehrreihen dominiert – einschließlich zweier glänzend aufgelegter Torhüter. Die ersten fünf Minuten nach der Pause verliefen torlos. Fabian entschärfte drei freie Würfe und konnte dennoch nicht mehr verhindern, dass Heiningen beim 16:16 (36.) erstmals seit über einer halben Stunde wieder gleichzog. Spielmacher Fröhlich warf die Gmünder aber umgehend wieder mit 16:18 (40.) nach vorne. Dieses dünne Polster verteidigte der TSB fortan mit hohem Engagement. "Die Abwehrformation hat sich ihren Gegenspielern angepasst, wir haben gegen die Rückraumspieler und auch am Kreis viel besser gearbeitet", freute sich Stefan Klaus über diese Leistungssteigerung. Zugleich musste der TSB-Coach natürlich auch die überragende Leistung seines Torspielers hervorheben: "Sebi Fabian hat eine enorme Ruhe ausgestrahlt und uns im Spiel gehalten. Mit seiner Topleistung war er ein absoluter Garant dafür, dass wir in diesem Spitzenspiel bestehen konnten." Fabian war mit seinen Paraden ohne Frage der Mann des Spiels auf Gmünder Seite, doch auch sein Gegenüber, TSV-Keeper Tobias Rieker, prägte die Abwehrschlacht im Verlauf der zweiten Hälfte. Nachdem die Gmünder auf drei Tore erhöhten und sich beim 21:24 durch Dominik Sos (54.) bereits auf der Siegerstraße wähnten, kippte die Begegnung doch noch einmal. Die TSB-Schützen verzweifelten nun reihenweise an Rieker, einige Abspielfehler und überhastete Abschlüsse taten ihr übriges. Ausgerechnet in der entscheidenden Phase des Derby fehlte den Gmünder im Angriff die Variabilität. Zu sehr war man von den drei Rückraumkräften Fröhlich, Sos und Petersen abhängig – dass dieses Trio 21 der 25 Gmünder Treffer erzielen sollte, spricht Bände. Dem TSB fehlte die Durchschlagskraft, auch weil sich Kreisläufer Jonas Waldenmaier kaum Freiräume schaffen konnte und Rechsaußen Wolfgang Bächle einen ganz schwachen Tag erwischt hatte. Die fünfminütige Torflaute wurde umgehend bestraft und die Halle tobte, als Chris Zöller dreieinhalb Minuten vor dem Ende zum 24:24 traf. Es folgte ein Fehlwurf von Jonas Waldenmaier, im Gegenzug durfte Marc Dannenmann unbedrängt hochsteigen und die Hausherren in Front werfen. Den Gmündern drohten nun beide Punkte verloren zu gehen, "doch wir haben in dieser kritischen Phase kühlen Kopf bewahrt", so Stefan Klaus. Die letzten 120 Sekunden gerieten zur Nervenschlacht: Fröhlich blieb aus sieben Metern cool und besorgte den 25:25-Ausgleich, Fabian wiederum parierte gegen Felix Kohnle seinen insgesamt dritten Strafwurf an diesem Abend. Nach einer Auszeit verblieben dem TSB elf Sekunden für einen letzten Angriff und durch einen gelungen Spielzug wurde Sos in Szene gesetzt, doch sein Abschluss wurde zur sicheren Beute von Rieker. So mussten sich die beiden Aufstiegsaspiranten mit einem insgesamt leistungsgerechten Remis begnügen.
Obwohl seine Mannschaft in den Schlussminuten einen fast schon sicher geglaubten Auswärtssieg aus der Hand gegeben hatte, wollte Stefan Klaus nicht von einem verlorenen Punkt sprechen. Der TSB-Trainer verlegte sich vielmehr darauf, die positiven Aspekte hervorzuheben: "Obwohl wir personell nicht ganz auf der Höhe waren, haben wir Charakter gezeigt und sind nach einer guten Leistung in dieser Saison weiterhin ungeschlagen." Im Angriff erhofft sich Klaus mehr Konstanz, "aber im Abwehrverhalten haben wir einen Schritt in die richtige Richtung gemacht und diese schwierige Situation positiv gemeistert." Nach dem bestandenen Härtetest im Heininger Hexenkessel blicken die Gmünder selbstbewusst ihrer englischen Woche mit mit zwei Heimauftritten binnen vier Tagen entgegen. Am Mittwoch wartet die HSG Winzingen/Wißgoldingen/Donzdorf zum nächsten Derby, bereits am Sonntag gastiert Mitabsteiger TSV Deizisau in der Großen Sporthalle. "Wir müssen daheim nachlegen", fordert Klaus: "Wenn wir unsere Stärken ausspielen und defensiv im Verbund mit Torwart weiterhin gut decken, dann haben wir es in der Hand, diese beiden Spiele vernünftig zu gestalten."
TSV: Tobias Rieker, Yanik Braun – Robin Zöller (5), Julian De Boer (5/1), Marc Dannenmann (4), Felix Kohnle (3), Chris Zöller (2), Louis Unseld (2), Erik Rummel (2), Sascha Hartl (1), Aleksa Djokic (1), Fabian Gross, Felix Frey, Tassilo Neudeck
TSB: Sebastian Fabian – Aaron Fröhlich (10/3), Dominik Sos (7), Sven Petersen (4), Wolfgang Bächle (2), Felix Häfner (1), Jonas Waldenmaier (1), Anis Bojic, Yannik Leichs, Patrick Schamberger, Lukas Waldenmaier
Siebenmeter: TSV 8/4 – TSB 5/3
Zeitstrafen: TSV 6 Minuten – TSB 2 Minuten
Schiedsrichter: Uwe Gaschler, Achim Strauß (TV Steinheim/Albuch)
Zuschauer: 250
(Text und Bild: Nico Schoch)