Führung verspielt - Punkt gerettet

Zum zweiten Mal innerhalb von sieben Tagen musste sich der TSB Gmünd mit einem Unentscheiden begnügen, erneut war Aaron Fröhlich der Hauptdarsteller einer dramatischen Partie. Nachdem die Mannschaft von Trainer Stefan Klaus einen sicher geglaubten Heimerfolg in der Schlussphase aus der Hand gegeben hatte, erzielte der Top-Torjäger der Liga in letzter Sekunde per Siebenmeter den 31:31-Endstand gegen eine starke HSG Langenau/Elchingen.

Es ist fast schon unheimlich, wie sich die Szenen gleichen: Wie bereits eine Woche zuvor im beim TSV Deizisau (36:36), als jedoch der Querbalken einem Auswärtssieg im Wege stand, entschieden die Unparteiischen auch am Samstagabend in der Straßdorfer Römersporthalle auf Strafwurf für den TSB – und erneut war es Fröhlich, der Verantwortung übernahm. "Natürlich hatte ich noch im Kopf, dass es beim letzten Mal nicht funktioniert hat", so Fröhlich über sein persönliches Deja-vu-Erlebnis, "doch die Jungs vertrauen mir und haben mir den Ball auch direkt in die Hand gedrückt." Dieses Mal zappelte die Kugel dann auch im Netz, dennoch konnten die Gmünder mit dem Endresultat nur bedingt zufrieden sein.
 
Mit der HSG Langenau/Elchingen machte eine "Wundertüte" (Stefan Klaus), dem Spitzenreiter seine Aufwartung. Dass die Gäste auch im siebten Spiel in Folge ungeschlagen bleiben sollte, hatte sich aber zunächst in keinster Weise angedeutet. Vor den 350 Zuschauern in ihrem "Ausweichquartier" in Straßdorf rissen die TSBler von Beginn an das Kommando an sich. Auf die ersten drei Treffer von Lukas Waldenmaier, Dominik Sos und Fröhlich antwortete die HSG zwar prompt, doch dann erspielten sich die Hausherren innerhalb von nur 180 Sekunden eine 6:3-Führung (9.). Nachdem Fröhlich sowie der mit insgesamt sieben Feldtoren herausragende Sven Petersen auf 9:4 (14.) erhöhten, sahen sich die beiden Gästetrainer Tobias Meiners und Jörg Baresel frühzeitig zu ihrer ersten Auszeit gezwungen. Der TSB trat bis hierhin auch stark ersatzgeschwächt – neben Sebastian Fabian waren kurzfristig auch noch Christian Waibel sowie Jan Häfner krankheitsbedingt ausgefallen – in jeder Hinsicht wie eine Spitzenmannschaft auf. Inbesondere die zuletzt anfällige Defensive wusste in der Anfangsviertelstunde zu überzeugen und auch Giovanni Gentile erfüllte seine Rolle als Vertreter von Stammkeeper Fabian bestens. "Am Anfang war ich ziemlich nervös", gestand Gentile nach seinem ersten 60-minütigen Württembergliga-Einsatz, "aber diese Nervosität macht mich noch stärker und fokussierter."
 
Am 19-Jährigen Schlussmann lag es sicherlich nicht, dass die Partie nach dem Langeauer Time-Out offener und vor allem temporeicher wurde. Viel mehr besann sich die HSG nun auf ihre große Stärke: Die schnelle Mitte, der direkte Gegenschlag nach einem Gmünder Treffer, sowie das Kreisläuferspiel. Mit einem Mann mehr nach einer strittigen Zeitstrafe gegen TSB-Rechtsaußen Wolfgang Bächle kamen die Gäste auf 11:8 (19.) heran, doch mit einem Doppelschlag stellte Fröhlich den Fünf Tore-Abstand umgehend wieder her. Mithilfe von drei Toren in Folge lag Langenau/Elchingen beim 14:12 (25.) erstmals wieder auf Tuchfühlung, weshalb nun auch Stefan Klaus zur grünen Karte griff. "Wir hatten immer wieder schwächere Phasen, über die wir sprechen müssen", ärgert sich der TSB-Coach rückblickend und fügt hinzu: "Wir hätten zur Pause höher führen müssen." Bächle und Petersen vergrößerten das Polster zwar noch einmal, doch aufgrund der Gegenwehr der HSG stand es "nur" 17:14 nach 30 Minuten stand.
 
Direkt nach dem Seitenwechsel trafen die Gäste zum 17:15 und setzten den TSB damit unter Druck. Zwei äußerst spielfreudige Mannschaften lieferten sich fortan einen rasanten Schlagabtausch, in dem die beiden Angriffsreihen den Takt vorgaben. Bis zum 23:19 (42.) gelang es den Gastgebern zwar, einen vermeintlich sicheren Vorsprung aufrecht zu erhalten, doch wirklich abschütteln konnten sie die scheinbar nimmermüden Langenauer zu keiner Zeit. Trotz aller spielerischen Klasse gelang es dem Klaus-Team nicht, das Spiel zu beruhigen. Stattdessen schlichen sich Nachlässigkeiten und Fehlwürfe ins Gmünder Spiel ein, während die Abwehr und der lange Zeit überzeugende Gentile keinen Rückhalt mehr leisteten. Angeführt von den beiden achtfachen Torschützen Jan Schaden und Henrik Schenk war die HSG mittlerweile auf Augenhöhe, so dass beim 24:22 (48.) neue Hoffnung auf der Gästebank aufkeimte. Bächle und Yannik Leichs warfen den TSB ein letztes Mal mit drei Toren in Front, doch in der 50.Minute dezimierte man sich selbst: Lukas Waldenmaier erhielt eine Zeitstrafe für ein Foul, zusätzlich wurde Fröhlich nach einem Wortgefecht auf die Strafbank verbannt.
 
In doppelter Unterzahl hielt sich der TSB schadlos, kassierte aber wieder vollständig prompt den Anschlusstreffer. Petersen erhöhte auf 27:25, doch die Gmünder Abwehr fand überhaupt keinen Zugriff mehr auf die agilen Langenauer Rückraumspieler. Fünf Minuten vor dem Ende sorgte Schenk mit dem 27:28 (55.) für die erstmalige Gästeführung. Die Gmünder erzielten den Ausgleich, die HSG legte umgehend wieder vor – so blieb es dramatisch bis zum Ende. Dem vermeintliche Führungstreffer von Felix Häfner verweigerte das Schiedsrichtergespann aus Brenz die Anerkennung, stattdessen traf Felix Junginger zum 29:30 (59.). Mit Beginn der letzten Spielminute erzielte Bächle den umjubelten Gleichstand. Im direkten Gegenzug herrschte große Verwirrung: Ein Torerfolg von Schenk zählte nicht, da die Gästetrainer im gleichen Moment die letzte Auszeit nahmen. Dieses schlechte Timing allerdings machte Linkshänder Junginger mit seinem für Gentile unhaltbaren Wurf wieder wett – 30:31. Acht Sekunden verblieben dem TSB für den allerletzten Angriff, Dominik Sos wurde von Junginger umgerissen und erzwang damit den finalen Strafwurf. Fröhlich behielt die Nerven und rettete seinen Mannen das Remis.
 
Obwohl der Spitzenreiter einen Heimerfolg verpasst hat, zeigt der Blick auf die Tabelle, wie wertvoll eben auch dieser eine Zähler ist: Da Konkurrent TSV Heiningen (32:10 Punkte) bei der SG Lauterstein mit 25:41 unter die Räder kam – "ein sensationelles Ergebnis", wie Klaus findet – ist der Vorsprung des TSB (34:8) sogar leicht angewachsen. An den kommenden beiden Wochenenden sind die Gmünder spielfrei und wollen die Gelegenheit nutzen, um Kraft zu tanken für die verbleibenden sieben Hürden auf dem Weg zurück in die Oberliga. Am 17.März (18 Uhr / Große Sporthalle) wartet mit Schlusslicht SG Herbrechtingen-Bolheim eine vermeintlich einfache Aufgabe. Der Sportliche Leiter Jürgen Rilli ist positiv gestimmt – wenn da nur nicht die Problemzone in der Abwehr wäre: "Die Einstellung stimmt, die Klasse haben wir nach wie vor und wir haben einen weiterhin Punkt gut gemacht. Aber wir müssen nun dringend die Abwehr stabilisieren. Denn die Defensive gewinnt Titel und Meisterschaften."
 
TSB: Giovanni Gentile – Aaron Fröhlich (9/5), Sven Petersen (7), Wolfgang Bächle (5), Yannik Leichs (3), Dominik Sos (3), Lukas Waldenmaier (2), Hendrik Prahst (1), Jonas Waldenmaier (1), Felix Häfner
HSG: Markus Hinkelmann – Henrik Schenk (8), Jan Schaden (8/4), Felix Junginger (4), Daniel Ruoff (3), Jens Heinrich (3), Philip Renner (3), Fabian Buntz (2), Marco Mannes, Lars Braun, Simion Buck, Simon Schorn, Kai Thieringer
Siebenmeter: TSB 6/5 – HSG 4/4
Zeitstrafen: TSB 10 Minuten – HSG 10 Minuten
Schiedsrichter: Giuseppe Tuna, Paul Berger (TV Brenz)
Zuschauer: 350


"Mit einem blauen Auge davongekommen" - Stimmen zum Spiel
Ein Punkt gewonnen oder einen verloren? Diese Frage wird allmählich zur Gewohnheit für den TSB, denn mit nunmehr vier Unentschieden sind die Gmünder die Remiskönige der Liga. Am Samstagabend waren die Gäste aus Langenau trotz des späten Ausgleichs glücklich mit dem Teilerfolg, während sich der Spitzenreiter über seine Abwehrschwächen ärgerte.
 
Stefan Klaus, TSB-Trainer: "Wir hätten den Sack zumachen müssen. Deshalb überwiegt vielleicht erst einmal die Enttäuschung. Wir hätten aber auch mit leeren Händen dastehen können und deshalb müssen wir positiv sehen, dass wir unter ungünstigen Bedingungen immerhin einen Punkt geholt haben. In der ersten Halbzeit war unsere Abwehr absolut in Ordnung. Im zweiten Durchgang aber hatten wir keine Sicherheit mehr und bekommen wieder einmal zu viele Gegentore. Wichtig ist jetzt, dass sich unsere erkrankten Spieler vollständig auskurieren. Denn der Saisonendspurt wird kein Selbstläufer, dafür brauchen wir wirklich jeden Mann. Wir dürfen nicht nur auf Platz eins schauen, sondern müssen uns stabilisieren und von Spiel zu Spiel zu Spiel denken."
 
Jörg Barasel , HSG-Interimscoach: "Ich kann meiner Mannschaft nur ein großes Kompliment für diesen großen Kampf aussprechen. Wir haben uns zu keinem Zeitpunkt aufgegeben, egal wie hoch der Rückstand war, und waren ganz nah dran an einer großen Überraschung. Mit acht Punkten Rückstand werden wir sicher nicht mehr in den Aufstiegskampf eingreifen können. Deshalb ist es ein wertvoller Punkt für die Moral, nicht aber für die Tabelle. "
 
Aaron Fröhlich, TSB-Kapitän: "Am Ende sind wir nicht ganz zufrieden mit dem einen Punkt. Wir haben in der Schlussviertelstunde wieder einmal große Abwehrprobleme und stehen dadurch auch im Angriff immer unter Druck, unbedingt treffen zu müssen. Dass wir das aktuell nicht besser hinbekommen, macht uns Sorgen. Wenn wir über 30 Gegentore bekommen, wird es schwierig, ein Spiel zu gewinnen. Unterm Strich ist ein Punkt besser als gar nichts. Natürlich sehen wir auch, dass die vorderen Mannschaft derzeit allesamt Punkte liegen lassen, aber zwei Punkte Vorsprung geben uns natürlich wenig Sicherheit. Deshalb gilt es für uns, möglichst alle sieben Spiele zu gewinnen, um auch am Ende an der Tabellenspitze zu stehen."
 
Jürgen Rilli, Sportlicher Leiter TSB: "Wichtig war, dass wir mit der letzten Aktion ein Unentschieden gerettet haben. Über das gesamte Spiel gesehen war es aber ein verlorener Punkt. Wir müssen in den verbleibenden sieben Spielen alles in die Waagschale werfen und unsere Abwehr stabilisieren. Phasenweise sind wir zwar richtig gut gestanden. Aber dass aus den letzten 13 gegnerischen Angriffen 11 Gegentore resultieren, sagt eigentlich alles."
Giovanni Gentile, TSB-Tormann: "Mithilfe einer guten Abwehr kann ein Torwart immer mal wieder glänzen. Das ist uns leider nur 45 Minuten lang gelungen. Danach ist uns die Luft ausgegangen, weil wir personell relativ dünn besetzt waren. Vom Spielverlauf her ist es ein verlorener Punkt, doch am Ende können wir glücklich sein. Mit meiner eigenen Leistung bin nicht komplett zufrieden, weil ich weiß, dass ich am Ende vielleicht den einen oder anderen Ball mehr halten muss. Die vielen verdeckten Würfe haben es mir aber natürlich nicht leicht gemacht. Sebastian Fabian ist weiterhin die klare Nummer eins, aber sobald ich gebraucht werde, bin ich da, um der Mannschaft zu helfen."
 
Sven Petersen, bester Gmünder Feldtorschütze: "Mich ärgert es persönlich enorm, dass wir es nicht geschafft haben, den Sack zuzumachen. Wir hätten die zweite Halbzeit cool herunterspielen können, dann wäre es ein sicherer Heimsieg geworden. Stattdessen sind wir zum zweiten Mal in einer Woche eingebrochen und verlieren einen Punkt. Wir haben viel zu viel aus dem Rückraum verworfen. Langenau aber spielte sehr clever und nutzte seine Konter. Dadurch entsteht bei uns unnötig viel Hektik. Am Ende sind wir mit einem blauen Auge davongekommen, müssen uns in den kommenden Wochen aber auf jeden Fall steigern, um Tabellenführer zu bleiben."
 
Jonas Waldenmaier, TSB-Kreisläufer: "Dass wir die nächsten beiden Wochenenden spielfrei sind, ist für uns ein großer Vorteil. Wir werden keine Pause machen, sondern hart trainieren, um Schritt für Schritt zu gewohnter Stärke und Sicherheit in der Abwehr zurückzufinden."

(Text und Bilder: Nico Schoch)