Mit Siebenmeilenstiefeln marschiert der TSB Gmünd dem Wiederaufstieg in die Oberliga entgegen. Die Mannschaft von Trainer Stefan Klaus ließ sich auch von der heimstarken MTG Wangen nicht ausbremsen und behielt in der berüchtigten „Hölle Süd“ mit 27:25 (14:12) die Oberhand. Die Rechnung ist nun relativ simpel: Drei Siege aus den verbleibenden fünf Partien genügen dem Spitzenreiter, um die Meisterschaft perfekt zu machen.
Groß war die Erleichterung im Gmünder Lager, als am Samstagabend der hart erkämpfte Auswärtserfolg unter Dach und Fach war. „Von uns ist eine Riesenlast abgefallen“, meinte Kreisläufer Jonas Waldenmaier kurz nach Spielende und sprach damit wohl allen seinen Teamkollegen aus dem Herzen. Denn das von Stefan Klaus im Vorfeld erwartete „schwerste denkbare Spiel“ war tatsächlich eine Reifeprüfung für den TSB. Denn selbst ohne den berufsbedingt abwesenden Spielmacher Aaron Mayer waren die Hausherren absolut ebenbürtig. „Dass Wangen ein absoluter Qualitätsspieler gefehlt hat, steht außer Diskussion“, meinte TSB-Mittelmann Aaron Fröhlich und fügte vielsagend hinzu: „Für uns war das Fehlen von Mayer mit Sicherheit ein Vorteil. Dieser hat sich aber weniger bemerkbar gemacht, als wir es uns vielleicht gewünscht hätten.“ Doch auch die Gmünder Offensive trat nicht in Bestbesetzung an: Yannik Leichs war nach dem A-Jugend Bundesligaspiel mit Frisch Auf Göppingen in Pfullingen zwar eilig nachgereist, dem zuletzt erkrankten Dominik Sos allerdings fehlte sichtlich die Spritzigkeit.
Vor 550 Zuschauern und hervorragender Stimmung in der beinahe vollbesetzten Argenhalle erwischte die MTG den besseren Start und legte bis zum 6:5 (10.) jeweils eine knappe Führung vor, welche die Gmünder aber stets umgehend egalisierten. Die Klaus-Sieben setzte den ersten spielerischen Glanzpunkt, als Felix Häfner einen von Fröhlich initiierten Kempa-Trick zum zwischenzeitlichen 4:4 vollendete. Rechtsaußen Wolfgang Bächle warf die Gäste beim 6:7 (14.) erstmals in Front, vier Minuten darauf erhöhte Jonas Waldenmaier. Der erstmalige Zwei Tore-Abstand hatte aber nur kurze Zeit Bestand, die flinken Allgäuer nutzten zwei Gegenstöße zum 8:8 (20.). Bezeichnend für eine temporeiche erste Hälfte war die folgende Szene: Fröhlich erzielte per Schlagwurf die erneute Führung, doch der für einen zusätzlichen Feldspieler ausgewechselte Tormann Sebastian Fabian konnte nicht schnell genug zurück eilen, als Sebastian Staudacher aus der Distanz ins verwaiste Gmünder Gehäuse traf. Rückraumschütze Marc Kuttler ließ die Wangener mit dem 12:11 (25.) erneut jubeln, Stefan Klaus sah sich daraufhin zu seiner ersten Auszeit gezwungen. „In der stehenden Abwehr haben wir vernünftig gearbeitet, aber wir haben im Angriff in einigen Phasen zu viele Fehler gemacht“, so der TSB-Coach, der kurz darauf dennoch hochzufrieden in die Pause gehen durfte. Denn Fabian konnte sich mit zwei Paraden auszeichnen, auf der Gegenseite bescherten Sven Petersen sowie der vom Siebenmeterstrich gewohnt nervenstarke Fröhlich ihren Mannen eine 14:12-Führung.
Die 35 Gmünder Fans, die ihre Mannschaft auf der zweitweitesten Auswärtsfahrt dieser Saison begleiteten, hatten auch nach dem Seitenwechsel zunächst allen Grund zum Jubeln. Bächle baute den Vorsprung auf 16:13 (34.) aus und die MTG hielt zwar den Anschluss, vergab aber einen Konter und einen weiteren Wurf aus leere Tor kläglich. Der TSB präsentierte sich da schon kaltschnäuziger und erhöhte, angeführt von Aaron Fröhlich, auf 21:17 (44.). Dass dies der deutlichste Zwischenstand im gesamten Spielverlauf bleiben sollte, war der Willenskraft geschuldet, mit der Wangen auch in der Schlussviertelstunde dagegenhielt. „Sie haben uns wirklich alles abverlangt“, bekannte auch Stefan Klaus. Dank dem stark aufspielenden Youngster Felix Mendler lagen die Hausherren beim 22:21 (51.) wieder auf Tuchfühlung. Den möglichen Ausgleich allerdings verhinderte zunächst der starke Fabian, dann das Aluminium: Der sechsfache Torschütze Elia Mayer traf freistehend nur den Pfosten, im direkten Gegenzug markierte Bächle das 25:23 (55.). Die Hausherren warfen daraufhin noch einmal alles in die Waagschale, doch mit einer Glanztat bei einem Wurf von Kuttler zog TSB-Rückhalt Fabian ihnen endgültig den Zahn. Jonas Waldenmaier mit einer feinen Einzelleistung sowie der herausragende Fröhlich mit seinem elften Torerfolg sorgten mit dem 27:24 (58.) für die späte Entscheidung, Staudacher gelang nur noch Ergebniskorrektur.
Der hart erkämpfte Auswärtserfolg beim Tabellenfünften beschert dem TSB nun die bestmögliche Ausgangslage für den Saisonendspurt: Denn da der TSV Wolfschlugen am Sonntagabend nicht über ein 26:26-Remis in Unterensingen hinaus kam, haben sich die Gmünder mittlerweile um fünf Minuspunkte von sämtlichen Verfolgern distanziert. Aus den fünf verbleibenden Saisonspielen benötigt der Oberliga-Absteiger demnach nur noch drei Siege, um die schnelle Rückkehr ins baden-württembergische Oberhaus perfekt zu machen. „Wir wollen nicht über den Aufstieg reden“, versuchte Stefan Klaus die Euphorie einzudämmen und zollte stattdessen dem Kontrahenten aus dem Allgäu Respekt: „Meines Erachtens wird in Wangen etwas tiefgestapelt, diese junge Mannschaft hat großes Potenzial und gehört zurecht in die vordere Tabellenregion.“
In Bezug auf die bevorstehenden, vermeintlich einfachen Aufgaben gegen den Neunten aus Laupheim (Sonntag, 18 Uhr, Große Sporthalle) sowie eine Woche darauf beim Elften in Gerhausen hebt der TSB-Trainer den mahnenden Zeigefinger: „Wer glaubt, wir werden Laupheim im Vorübergehen schlagen, der wird eines Besseren belehrt. Wir müssen weiter von Spiel zu Spiel denken und konzentriert weiterarbeiten.“ Selbstbewusster klingt da schon die Aussage von Wolfgang Bächle: „Wir dürfen Laupheim keinesfalls unterschätzen, denn sie sind auch in fremder Halle immer wieder für eine Überraschung gut. Doch bei uns weiß jeder Einzelne, um was es geht. Wenn wir unsere Leistung weiter abrufen, dann kann uns Laupheim gar nicht schlagen.“
MTG: Sebastian Nerger, Petru Danut Drenceanu – Elia Mayer (6/5), Marc Kuttler (5), Felix Mendler (5), Michel Fischer (4), Sebastian Staudacher (3), Jens Bader (2), Robin Straub, Marc Bächle, David Paul, Hannes Fischer, Leopold Plieninger, Jakob Endraß
TSB: Sebastian Fabian, Giovanni Gentile – Aaron Fröhlich (11/3), Jonas Waldenmaier (5), Wolfgang Bächle (4), Sven Petersen (3), Felix Häfner (2), Yannik Leichs (1), Christian Waibel (1), Jan Häfner, Lukas Kauderer, Lukas Waldenmaier, Hendrik Prahst, Dominik Sos
Siebenmeter: MTG 5/5 – TSB 3/3
Zeitstrafen: MTG 6 Minuten – TSB 8 Minuten
Schiedsrichter: Patrick Neumann (SG BBM Bietigheim), Markus Sanwald (HSG Leinfelden-Echterdingen)
Zuschauer: 550
„Wichtiger Sieg mit einem großen Aber“ - Stimmen zum Spiel
Der Klassenprimus hat den Härtetest in der stimmungsvollen „Hölle Süd“ erfolgreich bestanden. Nach dem knappen, aber verdienten Erfolg blicken die Akteure des TSB Gmünd selbstbewusst den verbleibenden fünf Partien entgegen, spüren zugleich aber auch den wachsenden Druck. Für Wangen hingegen bedeutete die dritte Heimniederlage das Aus im Aufstiegsrennen.
Stefan Klaus, TSB-Trainer: „In den entscheidenden Momenten waren wir konzentriert und bissig, das war der Schlüssel zu zwei wertvollen Punkten. Wir haben in der Abwehr einen großen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Wir hatten auch Phasen, in denen unser Angriffsspiel überhaupt nicht lief, doch das haben wir durch ein engagiertes Miteinander in der Defensive kompensiert. In Wangen ist es immer schwer, mit dieser Atmosphäre und den Emotionen umzugehen. Deshalb bin ich stolz auf meine Mannschaft, dass sie diesem Druck im Spitzenspiel standgehalten hat. Davor kann ich nur den Hut ziehen. Es war ein enorm wichtiger Sieg, aber eben auch nicht mehr. Es sind immer noch 10 Punkte zu holen oder zu verlieren. Wir können uns jetzt einen Ausrutscher erlauben, aber bei einer weiteren Niederlage am letzten Spieltag in Wolfschlugen könnten wir den direkten Vergleich und damit den Aufstieg verlieren.“
Arno Uttenweiler, MTG-Teammanager: „Uns war klar, dass wir einen sehr guten Tag brauchen würden, um den Spitzenreiter zu bezwingen. Doch insgesamt haben wir uns zu viele Fehler geleistet und hatten auch Pech mit einigen Pfostenwürfen. Nichtsdestotrotz möchte ich der Mannschaft ein großes Kompliment aussprechen, jeder Einzelne hat alles in die Waagschale geworfen. Die Jungs sind alle zutiefst enttäuscht – aber genau das ist auch das schöne. Sie haben erkannt und gesehen, dass hier etwas möglich gewesen wäre. Wir dürfen traurig sein, wissen aber auch, dass wir gegen die vermutlich beste Mannschaft der Liga verloren haben. Für uns gilt es nun, den Schwung mitzunehmen und unseren jungen Spielern weiterhin viele Spielanteile zu geben. Diese Situation können wir genießen, ohne Druck ins Saisonfinale zu gehen. Denn wir dürfen nicht vergessen, wo wir herkommen. Vor genau einem Jahr mussten wir noch um den Klassenerhalt zittern.“
Sebastian Fabian, TSB-Tormann: „Das war ein Big Point. Dass wir bei der drittbesten Angriffsmannschaft der Liga nur 25 Gegentore bekommen, ist ein Beweis dafür, was für eine gute Abwehr wir gespielt haben. Wir dürfen uns über einen ganz wichtigen Sieg freuen, aber verbunden mit einem großen Aber. Denn als Heiningen vor etwas mehr als einem Monat bei uns in Gmünd gewonnen hat, haben sie auch gefeiert, dass es knallt – und jetzt stehen sie fünf Punkte hinter uns. Wir haben noch gar nichts erreicht und müssen in den nächsten Wochen unsere Hausaufgaben erledigen. Natürlich wissen wir, dass wir in einer sehr guten Ausgangsposition sind und nun zwei Spiele vor uns haben, die auf dem Papier etwas einfacher aussehen. Das macht es aber für den Kopf nicht einfacher. Wenn wir es jetzt nicht schaffen, dann lacht die ganze Liga über uns – natürlich ist der Druck auf uns groß.“
Sebastian Staudacher, Kreisläufer und Co-Trainer der MTG Wangen: „Der Tabellenführer zu Gast in Wangen, das ist für uns ein Feiertag. Unser Matchplan ist aufgegangen, aber gewisse Nuancen haben gefehlt, damit wir das Spiel gewinnen.“
Aaron Fröhlich, TSB-Regisseur: „Es war ein zähes Spiel, wir mussten für jedes einzelne Tor mit unglaublich hohem Willen kämpfen und haben letztendlich verdient gewonnen. Wir hatten im Angriff leider niemanden, der einfache Tore erzielt hat und so haben wir uns stattdessen darauf fokussiert, Zweikämpfe zu spielen. Das sah nicht immer schön aus, war aber erfolgreich. Obwohl ein paar schwache Phasen im Angriff hatten, haben wir den knappen Vorsprung in der zweiten Hälfte gehalten kurz vor dem Ende die Tür zum Sieg aufgestoßen.“
Jonas Waldenmaier, TSB-Kreisläufer: „Mit dem Sieg in Wangen ist eine Riesenlast von uns abgefallen, die Stimmung im Team ist dementsprechend hervorragend. Wir haben ein absolutes Kampfspiel erlebt, auf dem Feld ging es hitzig zu und das hat sich auch auf die Ränge übertragen. Jeder Zuschauer hat gemerkt, wie bedeutsam dieses Spiel ist. Beide Mannschaften wollten den Sieg unbedingt, Wangen hat bis zur letzten Sekunde dagegengehalten und uns das Leben schwer gemacht.“
Wolfgang Bächle. TSB-Rechtsaußen: „Das war ein ganz wichtiger Erfolg, vor allem wenn man bedenkt, dass mehrere Mitkonkurrenten in Wangen Punkte liegen haben. Auf der Rückfahrt waren wir natürlich in Feierlaune, doch jetzt gilt es auf dem Boden zu bleiben. Es kommen noch fünf Spiele, in denen alles passieren kann.“
(Text und Bilder: Nico Schoch)
(Text und Bilder: Nico Schoch)