Mindestens für ein Jahr lang war es das letzte große Stauferland-Derby. Doch obwohl in der Liga bereits alles entschieden ist und der TSB Gmünd sich bereits zum Meister gekrönt hat, kamen die 600 Zuschauer voll auf ihre Kosten. Mit einer enormen Leistungssteigerung nach der Halbzeitpause drehten die Hausherren ein verloren geglaubtes Spiel in einen 30:28 (9:13) – Erfolg gegen die SG Lauterstein – und das obwohl ihr angeschlagener Spielmacher Aaron Fröhlich aussetzen musste.
Es ging am Samstagabend weder um entscheidende Punkte für die Meisterschaft noch um den Klassenerhalt, dennoch hat es sich der TSB nicht nehmen lassen, seinen sechsten Sieg in Serie einzufahren. Zwei Wochen nach den vorzeitigen Aufstiegsfeierlichkeiten war dafür aber nochmals ein Kraftakt notwendig, denn der Tabellensechste aus Lauterstein war nicht zum Gratulieren gekommen und war über weite Strecken der Partie mindestens ebenbürtig.
Auffällig war, dass TSB-Mittelmann Aaron Fröhlich von Beginn an auf der Bank Platz nehmen musste. "Er hat Probleme mit seiner Achillessehne und ich habe es ihm offen gelassen, ob er spielen will oder nicht. Aber bei seiner Vorgeschichte wollten wir kein Risiko eingehen", begründete Trainer Stefan Klaus auch rückblickend auf Fröhlichs schwere Verletzung vor zwei Jahren. Dass Lauterstein Rechtsaußen Jochen Nägele (234/75) in der Torschützenliste vorerst an Fröhlich (233/65) vorbeigezogen ist, war Nebensache. Auf dem Spielfeld probierte Klaus viel aus, brachte zunächst Lukas Waldenmaier und nach einer knappen Viertelstunde Yannik Leichs als Spielmacher.
Obwohl Dominik Sos und Wolfgang Bächle bereits in den ersten vier Minuten jeweils einen Strafwurf vergaben, lagen die Gmünder bis zum 3:2 (9.) hauchdünn vorne. Dass die erste Halbzeit auch in ihrem weiteren Verlauf äußerst torarm blieb, lag vor allem an den beiden Akteuren mit der Rückennummer 20: TSB-Keeper Sebastian Fabian wie auch sein Gegenüber Matthias Nagel konnten sich gleich mehrfach auszeichnen. Nach der Phase des Abtastens nahm Lauterstein dann Fahrt auf, während den Hausherren zunehmend die Lösungen fehlten. Kreisläufer Stephan Mühleisen, der in der kommenden Saison das TSB-Dress tragen wird, brachte die Gäste beim 4:5 (14.) erstmals in Front. Durch zwei Konter erhöhte die SGL sogar auf 6:8 (20.) und so sah sich Klaus zu einer ersten Auszeit gezwungen. Doch die erhoffte Wirkung blieb zunächst aus, die Gmünder verloren völlig den Faden und wurden beinahe vorgeführt. Nachdem Mario Kölle, der beste Werfer der Gäste, auf 7:11 (25.) stellte, kam Aaron Fröhlich in den TSB-Angriff, aber nur kurz. Sein erster und einziger Torabschluss wurde von Nagel über die Latte gelenkt. "Es war einen Versuch wert, mehr aber nicht", resümierte Klaus später. Kurz vor der Pause verkürzte Wolfgang Bächle per Temp-Gegenstoß immerhin noch auf 9:13, doch es hätten zu diesem Zeitpunkt gut und gerne auch sechs Tore Rückstand sein können.
Wie verwandelt präsentierten sich die Gmünder nach dem Seitenwechsel. Bis zum 15:18 (39.) konnte Lauterstein seinen knappen Vorsprung aufrecht erhalten, doch mit zwei Krachern aus dem Rückraum gab Dominik Sos den Hausherren das Signal zur Aufholjagd. Innerhalb von nur 30 Sekunden drehte der TSB das Resultat dann um, zuerst Lukas Waldenmaier und dann erneut Sos trafen zum 20:19 (44.). Die Gäste holten sich beim 21:22 (48.) noch einmal die Führung zurück, doch abermals hatte der Meister die passende Antwort parat. In der Offensive spielte sich Youngster Yannik Leichs als Fröhlich-Ersatz in den Fokus und erlebte mit sechs Treffern seinen bislang besten Auftritt bei den Aktiven. Dank dem aufgelegten Fabian und dem starken Innenblock mit Christian Waibel und Lukas Waldenmaier zwang der TSB die SGL zu technischen Fehlern und verzeichnete zahlreiche Ballgewinne, von den insbesondere Bächle profitierte. Der wieselflinke Rechtsaußen bescherte seinem Team mit einem Doppelschlag zum 24:22 (51.) die erste Zwei Tore-Führung. Diese war zwar beim 25:25 (54.) kurzzeitig futsch, doch der in der zweiten Hälfte herausragende Sos sorgte mit seinen Toren neun und zehn anschließend für eine kleine Vorentscheidung. Lauterstein blieb zwar bis zum Ende auf Tuchfühlung, doch TSB-Rückhalt Fabian verhinderte mit zwei Glanztaten den Ausgleich. Stattdessen machten Jonas Waldenmaier und Jan Häfner den Sack zu, 30:28 lautete das Endresultat und am Ende waren sich alle Beteiligten einig: Dieses mitreißende Derby war beste Werbung für den Handballsport.
Trainer Stefan Klaus lobte anschließend die Willensleistung seiner Mannschaft: "Wir haben es in der Pause geschafft, das Feuer wieder zu entfachen." Daran gelte es nun anzuknüpfen, denn obwohl der Aufstieg längst bejubelt wurde, ist die Saison noch lange nicht vorbei. Das letzte reguläre Ligaspiel am kommenden Sonntag (17 Uhr) beim TSV Wolfschlugen ist zwar nur noch auf dem Papier das Topspiel Zweiter gegen Erster, doch im Anschluss gibt es für den TSB noch ein weiteres großes Ziel zu erreichen: Die Württembergische Meisterschaft. In Hin- und Rückspiel treffen die Gmünder dabei auf den SV Fellbach, der sich am Wochenende zum Meister der Württembergliga Nord gekrönt hat. Das Hinspiel ist bereits terminiert und steigt am Sonntag, den 12.Mai um 16 Uhr in der Gmünder Großsporthalle. Stefan Klaus freut sich auf diese "kleine Verlängerung": "Die Chance auf diesen Titel hat man nicht allzu oft, deswegen wollen wir diese beiden Spiele positiv für uns gestalten. In jedem Fall sorgt das noch einmal für Extra-Motivation." Ob allerdings Aaron Fröhlich bei diesen Titelspielen einsatzbereit sein wird, ist noch nicht absehbar.
TSB: Sebastian Fabian, Giovanni Gentile – Dominik Sos (10/4), Wolfgang Bächle (7), Yannik Leichs (6), Sven Petersen (3), Jan Häfner (2), Lukas Waldenmaier (1), Jonas Waldenmaier (1), Lukas Kauderer, Christian Waibel, Aaron Fröhlich, Felix Häfner, Hendrik Prahst
SGL: Matthias Nagel, Marc Bertele – Mario Kölle (9), Jochen Nägele (5/3), Stephan Mühleisen (3), Tim Lackinger (3), Lucas Lenz (3), Silas Tim Bäuerle (3), Sebastian Clement (2), Christian Stuber, Fabian Lackinger, Tobias Schmid, Kevin Nagel, Jonas Vilforth
Siebenmeter: TSB 6/4 – SGL 3/3
Zeitstrafen: TSB 6 Minuten – SGL 6 Minuten
Schiedsrichter: Frank Härterich (TSV Grabenstetten), Marc Volle (HSG Gablenberg-Gaisburg)
Zuschauer: 600
"Nach der Pause die richtige Reaktion gezeigt" – Stimmen zum Spiel
Obwohl es rein tabellarisch um nichts mehr ging, lieferten sich die beiden Lokalrivalen ein heißes Derby. Die Hausherren boten dabei zwei völlig verschiedene Halbzeiten und freutne sich nach ihrer gelungenen Aufholjagd umso mehr über die zwei Punkte.
Timo Funk, SGL-Trainer: "Wir hatten uns vorgenommen, den Gmünder nach ihrer Meisterfeier noch einmal in die Suppe spucken und das Derby zu gewinnen. Am Ende hat es leider nicht gereicht, aber der Einsatz meiner Mannschaft war wirklich top. Wir sind gut ins Spiel gestartet und haben entschlossen verteidigt. Kurz vor der Pause aber haben wir Gmünd herankommen lassen. Am Ende war es ein hitziges Spiel, in dem einfach Kleinigkeiten entscheiden. Wir haben in der zweiten Halbzeit durch zu viele eigene Fehler den Faden verloren."
Stefan Klaus, TSB-Chefcoach: "Es ist derzeit nicht ganz einfach die Spannung hochzuhalten, nachdem wir den Aufstieg bejubelt haben. Wir mussten den Ausfall von Aaron Fröhlich kompensieren und deshalb ist es aller Ehren wert, wie wir zurückkommen und mit welcher Energie wir das Derby drehen, obwohl es eigentlich um nichts mehr ging. Es ging einfach darum, unsere zahlreichen Zuschauer glücklich zu machen, denn sie wollten zwei Mannschaften sehen, die Spaß am Handball haben. Wir haben nach der Pause endlich das nötige Feuer herein gebracht, wobei ich aber auch nicht verschweigen möchte, dass wir am Schluss auch Glück hatten. Jetzt haben wir noch drei Spiele bis zur Sommerpause, darauf werden wir uns voll fokussiert vorbereiten, damit wir uns anschließend württembergischer Meister nennen dürfen."
Dominik Sos, TSB-Torjäger: "Wer Sportler ist, kann nachvollziehen, dass es schwer ist, in ein solches Spiel hereinzufinden, wenn auf dem Papier bereits alles entschieden ist. Wir haben es am Anfang verpasst, die nötige Motivation an den Tag zu legen. Der Trainer hat in der Pause die richtigen Worte gefunden, seinen Unmut geäußert und an die Ehre appelliert – und das völlig zurecht. Denn er hat es nicht verdient, dass wir uns von seinem Ex-Verein teilweise haben herspielen lassen. Wir haben dann die richtige Reaktion gezeigt und das Derby umgebogen, darauf können wir stolz sein. Positiv sehe ich insbesondere, dass wir dieses Jahr so stabil sind, dass wir auch den Ausfall eines wichtigen Spielers, mit einer geschlossenen Mannschaftsleistung kompensieren können. Wenn man dann noch unsere Verstärkungen sieht, denke ich, dass wir gut gerüstet in die Oberliga starten können."
Jochen Nägele, SGL-Rechtsaußen: "Wir wollten heute noch einmal alles herausholen und die Gmünder ärgern, das ist uns über weite Strecken der Partie auch gelungen. Der TSB ist ein verdienter Meister, aber wir hätten einen Punkt verdient gehabt."
Yannik Leichs, TSB-Youngster: "Einen Aaron Fröhlich eins zu eins zu ersetzen, ist nicht möglich. Ich versuche aber immer mein Bestes zu geben und meine Qualitäten einzubringen. Das hat in der ersten Halbzeit nicht so gut funktioniert, wir haben keinen Zugriff gefunden. Das hat sich nach der Pause durch unser gutes Angriffsspiel gelegt. In der zweiten Hälfte sind wir so stark aufgetreten wie fast über die ganze Saison hinweg, haben dominiert und den Sieg verdient nach Hause gefahren. Nun gilt mein Fokus erst dem Viertelfinale um die deutsche A-Jugend-Meisterschaft mit Frisch Auf Göppingen gegen Flensberg, erst dann denke ich an die beiden Endspiele mit dem TSB um die württembergische Meisterschaft."
Stephan Mühleisen, aktueller Lautersteiner und künftiger TSB-Kreisläufer: "Am Anfang war es ein komisches Gefühl, gegne meine künftigen Teamkameraden zu spielen. Aber es war mir wichtig, noch einmal alles für Lauterstein zu geben und das hat man, denke ich, auch gesehen. Leider haben wir in der zweiten Halbzeit unsere vorher gezeigte Leistung fortzusetzen, haben zu viele Fehler gemacht und im Angriff zu wenig Druck aufgebaut. Dass wir in der Abwehr nicht mehr stabil gestanden sind und viele einfache Gegentore kassiert, war dann sicherlich der Hauptgrund, warum wir das Spiel noch verloren haben. Da es aber in der Tabelle um nichts mehr ging, kann ich das mit einem weinenden und einem lachenden Auge sehen. Nächste Woche beim letzten Spiel in Lauterstein wird es aber sicherlich ein paar Tränen mehr geben."
Christian Waibel, TSB-Abwehrchef: "Beide Seiten sind ein wenig lässig gestartet. Erst in der zweiten Hälfte ging es dann mehr zur Sache, so dass es eines Derbys würdig war. Wir sind nach der Pause aufgewacht und haben mit mehr Konsequent gespielt, das war entscheidend. In Wolfschlugen geht es um rein gar nicht mehr, aber gegen Fellbach müssen wir an diese Leistung anknüpfen. Denn die Chance, württembergischer Meister zu werden, wollen wir auf jeden Fall nutzen."
(Nico Schoch)
(Nico Schoch)