Nach seiner Rückkehr in die Oberliga pendelt der TSB zwischen Genie und Wahnsinn: Eine Woche nach der enttäuschenden Auftaktniederlage präsentierte sich das Team von Trainer Stefan Klaus wie verwandelt und entzauberte den Aufstiegsaspiranten SG H2Ku Herrenberg. Am Ende bejubelten ersatzgeschwächte Gmünder einen überzeugenden und auch in dieser Höhe verdienten 29:21 (14:13) – Sieg.
"Jetzt sind wir in der Oberliga angekommen", jubelte ein sichtlich erleichterter Stefan Klaus nach dem Abpfiff. Sein mit zehn Treffern herausragender Spielgestalter Aaron Fröhlich ergänzte, dass der furios erspielte Sieg "in dieser Situation besonders hoch einzuschätzen ist." Denn eigentlich standen die Vorzeichen denkbar schlecht: Beim Ex-Zweitligisten, der mit einem 30:21-Erfolg in Neckarsulm glänzend gestartet war, trat der Aufsteiger mit lediglich neun Feldspielern an. Neben dem verletzten Sven Petersen, um dessen Ausfalldauer eine Untersuchung am Dienstag Klarheit bringen wird, musste kurzfristig auch Dominik Sos aus beruflichen Gründen passen. Doch die "Rumpftruppe" des TSB überzeugte sowohl spielerisch als auch kämpferisch und bewies Comeback-Qualitäten.
Denn wie bereits in der Vorwoche bei der ernüchternden Heimschlappe gegen Neuenbürg (28:31) gerieten die Gmünder schnell mit 0:3 ins Hintertreffen. Der entscheidende Unterschied: Der TSB behielt die Ruhe und kämpfte sich verbissen ins Spiel zurück. Bis zum Stand von 8:4 (12.) hatten die favorisierten Herrenberger scheinbar alles im Griff, doch mit drei Toren in Folge stellten Thomas Grau und Yannik Leichs den Anschluss her. Von da an sahen die 550 Zuschauer in der Markweghalle einen offenen Schlagabtausch. "Wir waren auf Wiedergutmachung aus, jeder Einzelne wollte sich besser präsentieren als zuletzt", so Klaus, "und wir wissen selbst, wer gegen Neuenbürg keinen Glanztag hatte." Gemeint war Fröhlich, der es als Dreh- und Angelpunkt in der Offensive immer wieder gekonnt schaffte, seine Nebenleute in Szene zu setzen. Das große Manko im ersten Durchgang blieb allerdings die zunächst schwache Chancenverwertung, unter anderem durch Petersen-Vertreter Tim Albrecht. Nachdem Fröhlich mit dem 10:10 (21.) den erstmaligen Ausgleich erzielt hatte, schnupperte der TSB zwar an der Führung, kaltschnäuziger war aber (noch) die SG. Beim 13:12 (27.) legten die Hausherren nochmals vor, doch im Gegenzug sorgte Rechtsaußen Wolfgang Bächle mit einem Doppelschlag dafür, dass sich das Blatt wendete. Mit einer hart erarbeiteten 14:13-Führung und gewachsenem Selbstvertrauen verabschiedeten sich die Gmünder in die Pause, während Herrenberg sichtlich beeindruckt wirkte.
Ganz besonders in der Abwehrarbeit verdienten sich die Gmünder Bestnoten. "Unser Mittelblock hat sensationell gearbeitet, diese Einsatzbereitschaft war aller Ehren wert", so verteilte Klaus ein Sonderlob an Christian Waibel und Thomas Grau. Ebenso wichtig für die Leistungssteigerung war die Tatsache, dass Tormann Daniel Mühleisen nach dem unglücklichen Start immer besser ins Spiel fand. Der Neuzugang aus Remshalden hatte im Torhüterduell die Nase vorne, während Sebastian Fabian mit Ausnahme eines gegnerischen Siebenmeterwurfs die gesamten 60 Minuten auf der Bank saß. "Auch Sebi Fabian weiß, dass sich Dani Mühleisen diesen Einsatz verdient und das Vertrauen zurückgezahlt hat", betonte Klaus die Harmonie im Torhüterduo. Nicht zuletzt deshalb, weil Kapitän Fabian "die unangefochtene Gallionsfigur der Mannschaft" sei.
Daniel Mühleisen war auch entscheidend daran beteiligt, dass die Herrenberger Angreifer nach dem Seitenwechsel fast gar nicht mehr zur Entfaltung kamen und insgesamt zehn Minuten ohne Torerfolg blieben. Die "Jets" hingegen drehten so richtig auf und starteten mit einem 5:0-Lauf in die zweite Hälfte. Plötzlich dominierte der TSB gegen eine SG, deren Rückraumwürfe immer wieder eine sichere Beute für Mühleisen darstellten. Als Bächle dann sogar auf 24:15 (45.) erhöhte, wurde die Überraschung in fremder Halle greifbar. Entschieden war die Partie aber noch längst nicht, denn mit einer offensiven Abwehrformation sorgten die Herrenberger für neue Spannung und verkürzten auf 25:20 (52.). Da Fröhlich noch einen Siebenmeter vergab, hatten nun auch die Gäste zwischenzeitlich für knapp zehn Minuten keinen Treffer zu bejubeln. Diese Schwächephase aber machte die TSB-Defensive inklusive Rückhalt Mühleisen umgehend wett. Mit seinem zehnten Tor an diesem Abend machte Fröhlich drei Minuten vor dem Ende alles klar. Tim Albrecht und der mit fünf Treffern ebenfalls gut aufgelegte Linksaußen Aleksa Djokic machten schließlich den deutlichen 29:21-Auswärtserfolg perfekt. Einen Sieg, den so im Vorfeld wohl nur die kühnsten Optimisten erwartet hätten.
Die ersten beiden Punkte nach der Oberliga-Rückkehr waren gesichert. Es sind zwei Zähler, die dem Selbstvertrauen richtig gut tun und dafür sorgen, dass der TSB nicht mit allzu viel Druck ins bevorstehende Heimspiel gegen den TV Weilstetten (Sonntag, 18 Uhr / Große Sporthalle) geht. Die "Lochenfüchse" konnten mit einem 30:27-Erfolg über Neckarsulm ebenfalls ihren ersten Saisonsieg verbuchen.
SG: Marvin Heinz, Nicolas Rhotert – Marvin Seeger (5/4), Sascha Marquardt (4), Alexander Zürn (4), Maximilian Bröhl (3), Janne Böhm (1), Niko Schnitzler (1), Finn Böhm (1), Maximilian Fuhrmann (1), Sandro Münch (1), Yannik Schopp, Jannis Mezger, Joshua Stöffler
TSB: Daniel Mühleisen, Sebastian Fabian – Aaron Fröhlich (10/1), Wolfgang Bächle (5), Aleksa Djokic (5), Thomas Grau (3), Stephan Mühleisen (2), Yannik Leichs (2), Tim Albrecht (2), Jonas Waldenmaier, Christian Waibel
Siebenmeter: SG 5/4 – TSB 2/1
Zeitstrafen: SG 16 Minuten – TSB 4 Minuten
Schiedsrichter: Alexander Kraft (SV Langensteinbach), Ralph Saam (HSG PSV/SSC Karlsruhe)
Zuschauer: 550
"Die Abwehrarbeit war der Schlüssel zum Erfolg" – Stimmen zum Spiel
Es war eine beeindruckende Vorstellung, die der TSB in fremder Halle bei einem hochgehandelten Aufstiegskandidaten abgeliefert hat. Stolz zeigten sich die Gmünder nach dem unerwartet deutlichen Auswärtssieg über die Fortschritte in der Defensive.
Stefan Klaus, TSB-Trainer: "Ich muss meiner Mannschaft ein dickes Kompliment dafür machen, wie sie es geschafft hat, nach dem Rückstand zurück zu kommen, das Spiel zu dominieren und dann sicher nach Hause zu fahren. Das war eine Riesenleistung, noch dazu von einer dezimierten Mannschaft. Über eine aggressive Abwehr haben wir den Grundstein gelegt, hinzu kam eine sehr gute Vorstellung von Daniel Mühleisen im Tor. Diese Leistung spricht für den Charakter meiner Spieler, aber wir haben eben doch nicht mehr als ein Spiel gewonnen. Diese Liga ist noch jung. Deshalb dürfen wir jetzt nicht glauben, dass das kommende Heimspiel gegen Weilstetten ein Selbstläufer wird und müssen mit ganz viel Demut und Respekt an die Sache herangehen."
Fabian Gerstlauer, SG-Coach: "Eine Heimpremiere stellt man sich ganz anders vor. Doch wenn wir von Zufriedenheit sprechen, dann bin ich geteilter Meinung. Einerseits bin ich sehr zufrieden mit unserem Start und auch was die kämpferische Leistung meines Teams abgeht. Bis zum Schluss haben wir uns viele Chancen erarbeitet, die wir aber nicht nutzen konnten. Das ist auch der Hauptgrund, weshalb wir die zwei Punkte nicht zuhause halten konnten. Dieses Spiel haben wir sicher nicht in der Abwehr verloren. Die Angriffsleistung war zu schwach, Durchschlagskraft und Effektivität haben uns gefehlt. Ich kann mir selbst nicht erklären, was ab der 20.Minute passiert ist. Wir waren völlig von der Rolle. Durch viele falsche Entscheidungen im Angriff und die schwache Chancenverwertung haben wir uns danach schwer getan, wieder zurück ins Spiel zu finden."
Thomas Grau, TSB-Rückraumspieler: "Die Erleichteruing ist natürlich riesig. Nach der Auftaktniederlage waren unter Zugzwang, wussten aber auch, dass wir in Herrenberg nicht gewinnen müssen. Doch wir haben unsere Fehler im Videostudium aufgearbeitet und vor allem ein komplett anderes Bild gezeigt, was die Körpersprache angeht. Wir haben Emotionen und Leidenschaft gezeigt. Es braucht immer noch Zeit, sechs Neuzugänge in das Mannschaftsgefüge zu integrieren, aber ich bin überzeugt davon, dass wir uns nun von Spiel zu Spiel weiter verbessern werden."
Daniel Mühleisen, TSB-Tormann: "Ich hätte nicht gedacht, dass wir so deutlich gewinnen würden. Wir haben als Team richtig stark aufgespielt. Wenn es im Angriff einmal nicht lief, dann war es meine Aufgabe, Rückhalt zu geben. Zu Beginn der zweiten Hälfte war unsere Abwehr so gut, dass eigentlich kaum noch Bälle auf mein Tor kamen. Und die Bälle, die durchgekommen sind, waren dankbar zum Halten."
Wolfgang Bächle, TSB-Rechtsaußen: "Wir haben definitiv die richtige Reaktion gezeigt. Gegen Neuenbürg war vielleicht die Nervosität zu hoch. Auswärts bei einem der Mitfavoriten hingegen konnten wir befreit aufspielen. Mitte der ersten Halbzeit haben wir gemerkt, dass hier etwas geht, und an unsere Chance geglaubt. Dann haben wir gesehen, was aus einer tollen Teamleistung entstehen kann. Jeder hat für jeden gekämpft. Mit unserer konstanten Abwehr im Rücken war ich mir auch sicher, dass wir das Ding gewinnen werden."
Aaron Fröhlich, TSB-Spielmacher: "Es konnte nicht unsere Erwartung sein, dass es so gut laufen würde, weil wir eben kaum eingespielt sind. Daher sind wir natürlich sehr erleichtert über den Sieg und dass uns aufgezeigt wurde, wie ein erfolgreicher Weg für uns aussehen kann. Die Abwehrarbeit war der Schlüssel zum Erfolg. Wir haben einen viel besseren Job gemacht und auch unseren Keeper ins Spiel geholt, indem wir nicht mehr so viele freie Würfe zugelassen haben wie zuletzt."
(Text und Bilder: Nico Schoch)
(Text und Bilder: Nico Schoch)