Kein Lohn für eine starke Leistung: Der TSB hat ein Kopfproblem

Der TSB Gmünd hat einen immens wichtigen Heimerfolg verpasst und gerät im Abstiegskampf immer weiter unter Zugzwang. Die Mannschaft von Trainer Michael Hieber bot den 550 Zuschauern in der Großen Sporthalle zwar ihre bislang beste Saisonleistung, doch auch ein herausragender Sebastian Fabian im Tor konnte die bittere 23:26 (13:10) – Niederlage gegen Mitkonkurrent TV Bittenfeld II nicht verhindern.

Niedergeschlagene Spieler und ein Trainer, der nach Worten suchte für das Unerklärliche. Diesen erneuten und schmerzhaften Rückschlag zu verdauen, wird Zeit in Anspruch nehmen, das war Hieber unmittelbar nach Spielende anzumerken: "In Weilstetten hätten es mit ein bisschen Glück bereits zwei Punkte sein können, heute wäre mindestens ein Punkt verdient gewesen und wir stehen mit leeren Händen da. Wir haben ein psychologisches Problem und müssen die Spieler ab Montag wieder neu aufrichten." Hiebers Frust war mehr als verständlich, richtete sich aber in keinster Weise gegen die Mannschaft, die eine hervorragende Einstellung und großes Kämpferherz bewiesen hatte. Sogar ihre große Problemzone, die Abwehr, hatte der TSB für 60 Minuten in den Griff bekommen. "Das war eine ganz andere Niederlage", meinte Hieber im Rückblick auf die Heimschlappe zwei Wochen zuvor gegen Herrenberg (22:30), als seine Mannen unerklärlich viele freie Würfe vergeben und nach der Pause zu wenig Gegenwehr gezeigt hatten. Im Duell mit der Bittenfelder Bundesliga-Reserve, die personell alles aufgeboten hatte, daranter auch die beiden Jugend-Nationalspieler Luis Foege und Fynn Nicolaus, warfen die Gmünder alles in die Waagschale. Am Ende allerdings fehlte der Lohn für einen leidenschaftlichen Kampf.
 
Überzeugend war insbesondere die spielerische Vorstellung im ersten Durchgang. Aaron Fröhlich, Yannik Leichs und Wolfgang Bächle markierten die ersten drei Tore und auch Sebastian Fabian lief sofort zur Höchstform auf. Erst nach acht Minuten war der Tormann erstmals bezwungen, als mit dem 18-jährigen Andreas Maier ausgerechnet ein ehemaliger TSB-Jugendspieler das 3:1 markierte. Ihren Drei Tore-Vorsprung holten sich die Gmünder allerdings umgehend wieder zurück, verpassten es allerdings weiter davinzuziehen. Als Bächle beim 11:7 (21.) bereits seinen vierten von insgesamt sieben Treffern erzielte und die Gäste damit zu ihrer ersten Auszeit zwangen, sah es kurz danach aus, als ob das Hieber-Team frühzeitig klare Verhältnisse schaffen können. Bittenfeld allerdings kam mit einem Doppelschlag zum 11:9 (24.) schnell wieder auf Tuchfühlung. Insgesamt aber war die Gmünder Abwehr nur selten in Verlegenheit zu bringen, für zusätzlichen Rückhalt und tosenden Applaus des Publikums sorgte Fabian mit seinen starken Reflexen. Die eigenen Angriffe spielte der TSB geduldig aus, fast schon langsam, wie TVB-Coach Thomas Randi anmerkte. So aber gelang es Spielmacher Aaron Fröhlich, der selbst nur zwei Feldtore erzielte, immer wieder seine Nebenleute in Szene zu setzen. Allen voran Rechtsaußen Bächle und Jonas Waldenmaier am Kreis, der auch den 13:10-Pausenstand herstellte.
 
Auch nach Wiederanpfiff war der TSB sofort hellwach, Tim Albrecht verwandelte einen Gegenstoß zum 14:10 (31.). Bis hierhin war es die stärkste Vorstellung in dieser Saison, doch es folgte der Bruch in einem aus Gmünder Sicht sehr diszipliniert geführten Spiel. Bittenfeld hatte sich mittlerweile besser auf die Spielzüge der TSBler eingestellt, die sich ihrerseits technische Fehler leisteten und dadurch in Konter liefen. Föge, einer von sechs erstligaerfahrenen Akteuren im Gästekader sorgte beim 14:14 (37.) erstmals für den Ausgleich und Maurice Widmaier warf den TVB dann sogar in Front. "In solchen Phasen merkt man uns die Verunsicherung an, das kann man nicht wegdiskutieren", merkte Hieber an. Nach dem 0:5-Negativlauf musste sich sein Team kurz schütteln und profitierte davon, dass sich zumindest Fabian weiterhin in Gala-Form präsentierte. Zwar konnten die Gäste in der Folgezeit immer vorlegen, doch immer wenn sich ihnen die Chance bot, eine Zwei Tore-Führung zu erzielen, stellte sich der herausragende Schlussmann in den Weg. Auf der Gegenseite hielten insbesondere Bächle und Dominik Sos mit ihren Torerfolgen gegen eine kompakt stehende Bittenfelder Abwehr den TSB im Rennen, doch das Angriffsspiel war zu fehlerbehaftet. Die Erstliga-Reserve bestrafte jeden Patzer gnadenlos über ihre erste und zweite Welle. Allen voran Routinier Martin Kienzle, der alle seine sechs Tore im zweiten Durchgang erzielte, bekamen die Gmünder nicht mehr zu fassen.
 
Bis in die Schlussphase hinein sahen die 550 Zuschauer einen fesselnden Schlagabtausch zweier starker Abwehrreihen. Fabian gewann zwar das Torhüterduell, doch in der vor ihm tobenden Abwehrschlacht fehlte es den Blau-Gelben an Cleverness. Fröhlich glich per Strafwurf zum 23:23 (57.) aus, ehe Kienzle im Gegenzug nur 20 Sekunden benötigte, um die Gästeführung wieder herzustellen. Die entscheidenden Bälle schenkte der TSB im Angriff her, der TVB wiederum erhöhte zwei Minuten vor Schluss auf 23:25. "Es ist alles Kopfsache", haderte Hieber, "denn solange wir die Fehlerquote gering gehalten haben, hatten wir das Spiel im Griff." Etwas überhastet beförderten Bächle sowie Tom Abt die letzten beiden Würfe weit über das Ziel hinweg. Mit der Schlusssirene traf Alexander Bischoff zum 23:26-Endstand und so gingen die Gmünder als unglücklicher und zutiefst enttäuschter Verlierer aus einem offenen Schlagabtausch heraus.
 
Da nutzte es auch wenig, dass Randi im Anschluss die "besondere Beziehung" zwischen dem TSB und Bittenfeld hervorhob und einen frommen Wunsch anfügte: "Ich hoffe, dass auch Gmünd die nötigen Punkte holen wird und wir am Saisonende gemeinsam darauf anstoßen können, dass wir über dem Strich stehen." Angesichts von fünf Punkten Rückstand auf den TVB II allerdings gestaltet sich die "Mission Klassenerhalt" für den TSB immer kniffliger. Aufgeben sei aber naturgemäß keine Option, gab sich Hieber kämpferisch: "Ich bin mir sicher, dass sich harte Arbeit immer auszahlen wird. Nächsten Sonntag ist es an der Zeit, unser treues Publikum endlich einmal mit zwei Punkten zu belohnen." Eine weitere Heimnederlage dürfen sich die seit nunmehr sieben Partien sieglosen "Jets" auch nicht mehr erlauben, wenn der im Hinspiel mit 37:30 bezwungene TSV Weinsberg anreist.
 
TSB: Sebastian Fabian, Daniel Mühleisen – Wolfgang Bächle (7), Aaron Fröhlich (5/3), Dominik Sos (3), Jonas Waldenmaier (3), Max Dangelmaier (2), Yannik Leichs (2), Tim Albrecht (1), Stephan Mühleisen, Aleksa Djokic, Christian Waibel, Sven Petersen, Tom Abt
TVB II: Daniel Sdunek, Sebastian Rica-Kovac – Alexander Heib (7/3), Martin Kienzle (6), Nick Haspinger (3), Alexander Bischoff (3), Luis Foege (2), Maurice Widmaier (2), Fynn Nicolaus (2), Andreas Maier (1), Peer Wisst, Marvin Gille, Anton Heling, Yannick Wissmann
Siebenmeter: TSB 3/3 – TVB 4/3
Zeitstrafen: TSB 2 Minuten – TVB 8 Minuten
Schiedsrichter: Arno Kolbach, Sascha Oestringer (HSG St.Leon/Reilingen)
Zuschauer: 550
 
"Wie ein Schlag in die Fresse" – Stimmen zum Spiel

Die Situation im Abstiegskampf spitzt sich für den TSB Gmünd immer weiter zu. Die 23:26-Heimniederlage gegen die Bittenfelder Bundesliga-Reserve bedeutete ein emotionalen Tiefschlag für die Gmünder. Den Protagonisten selbst fiel es nach Spielende sichtlich schwer, ihre Enttäuschung in Worte zu fassen.
 
Michael Hieber, TSB-Chefcoach: "Dieses Spiel zu verarbeiten, braucht Zeit. Meine Mannschaft hat das gezeigt, was wir in den vergangenen Wochen so oft diskutiert haben: Großartigen Kampf und gute Körpersprache. Deshalb sind wir jetzt auch so sehr niedergeschlagen. Wenn man auf die 26 Gegentreffer schaut, wissen wir, dass wir die eine Hälfte des Spielfeldes in den Griff bekommen haben. Aber unsere Verunsicherung ist weiter zu spüren, denn wir schaffen es nicht, ein Spiel dann wirklich vollständig auf unsere Seite zu ziehen. Wir wollten Bittenfeld nicht in die zweite Welle kommen lassen und sie in den stehenden Angriff zwingen. Solange wir die Fehlerquote gering gehalten haben, hatten wir das Spiel im Griff. Jetzt gilt es, weiter hart zu arbeiten und so eine erste Halbzeit konstant zu spielen. Dann werden auch die Punkte folgen. Ich kann nur weiter an unser treues Publium apellieren, uns weiterhin zu unterstützen – in guten wie in schlechten Zeiten."
 
Thomas Randi, TVB II-Trainer: "Es war ein Spiel auf Messers Schneide. Beiden Mannschaften hat man die Nervosität angemerkt. Wir hatten riesige Probleme, ins Spiel zu finden. Wenn Gmünd in seiner starken Phase den ein oder anderen Fehler weniger gemacht und ein, zwei Tore mehr draufgelegt hätte, wäre es ganz schwierig für uns geworden. Wir haben uns in die Pause gerettet. In der zweiten Halbzeit sind wir zum Glück sofort herangekommen, dann war es ein offener Schlagabtausch. Als wir zwei Minuten vor Schluss erstmals mit zwei Toren geführt haben, hatte ich dann auch das Gefühl, dass wir dieses Spiel wirklich gewinnen können."
 
Sebastian Fabian, TSB-Tormann: "Wir verteidigen richtig gut und trotzdem verlieren wir. Ich kann niemandem einen Vorwurf machen, dass er auf dem Spielfeld nicht alles gibt. Jeder will, aber manchmal geht es dann einfach nicht. Dass diese Bittenfelder Mannschaft eine immense Qualität und hohe Erfahrung besitzt, brauchen wir nicht zu diskutieren. Dennoch haben wir es lange Zeit geschafft, Kienzle und Heib in den Griff zu bekommen. In der zweiten Halbzeit schießt Kienzle uns dann kaputt, das war das Problem. Der Glaube an den Klassenerhalt stirbt zuletzt."
 
Jonas Waldenmaier, TSB-Kreisläufer: "Ich kann gar nicht richtig in Worte fassen, wie bitter schmerzhaft diese Niederlage für uns ist. Das fühlt sich an wie ein Schlag in die Fresse. Es ist ein Kopfproblem. Denn wir können es ja, machen aber zu viele dumme Fehler. Wir haben in den vergangenen beiden Spielen bewiesen, dass wir uns nicht aufgegeben haben und weiterkämpfen. Unser Trainingsehrgeiz muss irgendwann belohnt werden."
 
Sven Petersen, TSB-Rückraumspieler: "Wir haben eine starke erste Halbzeit gespielt und sind sehr gut in der Abwehr gestanden. Nach der Pause waren es die kleinen Dinge, die den Unterschied gemacht haben. In den entscheidenden Phasen ist das Glück einfach nicht auf unserer Seite. Auch wenn es sich nach dem zehnten Mal dumm anhört, müssen wir positiv bleiben und nächsten Sonntag gegen Weinsberg versuchen, endlich wieder ein Heimspiel zu gewinnen."
 
Tom Abt, TSB-Youngster: "Wir gehen mit einem guten Gefühl in die Halbzeitpause, schaffen es aber nicht weiter davonzuziehen und werden dann überrollt. Nach dem 0:5-Lauf war ein Bruch in unserem Spiel und wir haben es dann nicht mehr zu unseren Gunsten drehen können. Das ist extrem schade."

(Nico Schoch)