Hoffen auf einen Sahnetag: TSB empfängt das Team der Stunde

Wie kommen wir da unten raus? Es ist die Frage, mit der sich nicht nur die TSB-Trainer Michael Hieber und Andreas Rascher beschäftigen. Am Sonntag (18 Uhr / Große Sporthalle) empfangen die akut abstiegsbedrohten Gmünder den TSV Weinsberg, der im Jahr 2020 noch mit einer makellosen Bilanz dasteht.


Nach der ebenso unnötigen wie unglücklichen 23:26-Heimniederlage gegen den TV Bittenfeld II am vergangenen Samstag sitzt der TSB Gmünd ganz tief im Abstiegsschlamassel der Baden-Württemberg-Oberliga fest. 9:29 Punkte, Platz 15, der vorletzte. Und das bei möglicherweise fünf oder sechs Absteigern.

Die von Trainer Michael Hieber und Jürgen Rilli, dem Sportlichen Leiter, selbst gesteckte Vorgabe von sechs, zumindest aber vier Punkten aus den ersten vier Spielern des Jahres 2020, ist für den TSB nicht mehr erfüllbar. Gerade mal ein Pünktchen ist es, durch das überraschende 29:29 beim TV Weilstetten.

Und jetzt kommt am Sonntag um 18 Uhr der TSV Weinsberg in die Großsporthalle. Mit 20:16 Punkten liegen die Unterländer auf Rang 7 im sicheren Mittelfeld - elf Punkte Differenz sind es auf einen Aufstiegsplatz, sechs Zähler sind es auf den TV Bittenfeld II (14:22), den der TSB eigentlich noch überholen müsste, um drin zu bleiben.

Die Bilanz des TSV Weinsberg im Jahr 2020 ist imponierend: Drei Spiele, drei Siege - zuletzt 34:25 über den TV Weilstetten, 30:25 bei der SG Herrenberg und 26:24 gegen die SG Neuenbürg. Die Weinsberger haben einen Lauf. Mit 15:5 Punkten aus den letzten zehn Spielen, darunter einem 45:45-Rekordergebnis beim TV Zizishausen, sind sie so etwas wie die „Mannschaft der Stunde“.

Was bitte soll bei dieser Faktenlage für den TSB sprechen? Vielleicht die Erinnerung an die Vorrunde. Da stürmten die Gmünder mit 37:30 Toren die Weibertreuhalle und bewiesen Nervenstärke. Nach 52 Minuten war es damals noch eng, dann legte der TSB einen 5:0-Tore-Endspurt hin und gewann verdient.

Michael Hieber will sich aber nicht an die Rückschau klammern: „Wir haben jetzt noch zwölf Spiele, um den Bock umzustoßen. Wir werden niemals aufgeben und wir sind auch gegen den TSV Weinsberg nicht chancenlos“.

Der Gmünder Trainer hat nämlich bei der Niederlage gegen die Bundesligareserve des TVB Stuttgart „viele Dinge gesehen, die wir richtig und besser als in den letzten Wochen zuvor gemacht haben.“ Sowohl im variablen Angriffsspiel als auch in der Abwehr, die durchaus sattelfest war.

Was Hieber zur Verzweiflung treibt: „Wir schaffen es nicht, 60 Minuten stabil durchzuhalten“. Eine Kopfsache? „Das Mannschaftsgefüge ist fragil“, hat Hieber erkannt, „die Jungs wollen, können sich aber nicht durchbeißen, wenn es eng wird.“

Was tun? „Weiterarbeiten, hoffen das der Knoten platzt“, sagt Hieber. Im Training sind seine Jungs konzentriert dabei. Und bis auf Thomas Grau, der noch 14 Tage Pause braucht, sind alle gesund. Aber noch nicht alle auch physisch fit. Das merkt man besonders beim wichtigsten Spieler des TSB: Aaron Fröhlich ist nach seiner Achillessehnenverletzung längst noch nicht in der Form, die ihn zum herausragenden Torjäger der Oberliga machte. Ein Aaron Fröhlich in Topverfassung hätte am letzten Samstag den TV Bittenfeld im Alleingang auf die Verliererstraße gestoßen.

So bleibt die Hoffnung, dass endlich einmal alle Gmünder Spieler zusammen einen „Sahnetag“ erwischen. Wie Sebastian Fabian im Tor gegen Bittenfeld oder wie Aleksa Djokic, als er im Vorspiel in Weinsberg mit 13 Treffern der Matchwinner war. Inzwischen schmort der Linksaußen auf der Auswechselbank, Max Dangelmaier hat ihm den Rang abgelaufen. „Ich entscheide nach meinen Trainingseindrücken“, stellt Hieber klar heraus, „und da ist für jeden die Tür zur Startsieben offen.“

Fakt ist: TSV Weinsberg kann in Gmünd unbeschwert aufspielen. Und die Weinsberger haben ihre Planungen für die nächste Saison auch schon beinahe abgeschlossen. Trainer Markus Kübler kann weiterhin auf Rückraum-Stütze Maximilian Schulze, Linksaußen Jan Schenk, Benedikt Baumann, Moritz Lanig, Moritz Wahl, Mert Darancik und Torwart Tobias Krems bauen. Als Neuzugänge stehen Jan Schenk von der Neckarsulmer Sportunion, Linkshänder Luca Schmid von der SG Bottwartal, das Talent Timon Ströbel aus Dresden und Linksaußen Robin Pech von der SG Bietigheim fest. Den Verein verlassen werden die beiden Linksaussen Florian Frank, Marius Braun und Felix Reichert. Die beiden letzteren wechseln zum Landesligisten Flein.

Beim TSB Gmünd stellt sich die Zukunftsplanung schwieriger dar. Fest steht, dass in der nächsten Runde der frühere Nationalspieler Dragan Oprea (u.a. Frisch Auf Göppingen) das Traineramt von Michael Hieber übernimmt und Andreas Rascher Coach der 1-b-Mannschaft wird. Bei den Spielern hängt naturgemäß viel von der Klasse ab, in der die Gmünder künftig spielen. „Mit 70 Prozent der Mannschaft sind wir uns einig“, sagt Jürgen Rilli, „aber bis alles geklärt ist, werden schon noch 14 Tage vergehen“. Am besten in der „Begleitung“ von Siegen.

Der TSB-Kader: Sebastian Fabian, Daniel Mühleisen, Giovanni Gentile, Stephan Mühleisen, Wolfgang Bächle, Aleksa Djokic, Yannik Leichs, Christian Waibel, Aaron Fröhlich, Sven Petersen, Dominik Sos, Jonas Waldenmaier, Tom Abt, Max Dangelmaier, Tim Albrecht.

© Gmünder Tagespost 06.02.2020 14:43 / Winfried Hofele

Blick auf den Gegner: Das ist der TSV 1866 Weinsberg

Hinten von links: Max Schulze, Benjamin Röhrle, Moritz-Lukas Lanig, Moritz Wahl, Benedikt Baumann, Jonas Dück
Mitte von links: Jan König, Trainer Markus Kübler, Felix Reichert, Co-Trainer Matthias Friebe, Sven König
Vorne von links: Mert Darancik, Alexander Ruck, Philipp Rupprecht, Marius Braun, Florian Frank
Es fehlt: Tobias Krems
, Tobias Tauterat

Vereinsfarben: Blau-Weiß

Ortskunde: Treue Weiber, Reben und Romantik - so lautet der Slogan der 12 000 Einwohner-Stadt nahe Heilbronn. Beliebtes Ausflugsziel ist die Burgruine Weibertreu. Die erhielt ihren Namen durch eine Begebenheit am 21. Dezember 1140. König Konrad III. versprach den Frauen nach der Kapitulation den freien Abzug und „dass jede forttragen dürfte, was sie auf ihren Schultern vermöchte“. Die Frauen trugen ihre Männer auf dem Rücken herab und retteten sie so vor der Hinrichtung.

Heimspielstätte: Weibertreuhalle, Rossäckerstraße, 74189 Weinsberg

Anfahrt: 87 Kilometer (65 Minuten) über B29 und A81 via Waiblingen und Marbach (N)

Vereinshistorie: Hoch hinaus ging es für den TSV nach der Bezirksliga-Meisterschaft 1993. Nach dem Durchmarsch in die Oberliga Württemberg vier Jahre darauf folgte 2000 ein erster Rückschlag, als man die Qualifikation zur neu gebildeten BWOL verpasste. Über ein Jahrzehnt mussten sich die Weinsberger gedulden, ehe sich dieser lang gehegte Traum endlich erfüllte. 2011 feierte der TSB die Württembergliga-Meisterschaft, stieg 2013 wieder ab und kehrte dann 2016 zurück in die BWOL.

Größter sportlicher Erfolg: Meister Württembergliga Nord 2011 & 2016

Bekannte Ex-Spieler: Mit Thomas König, der 1994 als Spielertrainer beim TSV anheuerte, ist der steile Aufstieg maßgeblich verbunden. König führte Weinsberg von der Bezirks- bis in die Württembergliga, anschließend trainierte er Kornwestheim und Ludwigsburg-Friesenheim in der 2.Liga sowie den TVB 1898 Stuttgart in seiner Erstliga-Premierensaison 2015/16. Die Söhne Sven und Jan König spielen derzeit für den TSV in der Oberliga.

BWOL-Erfahrung: Auf bereits fünf Oberliga-Jahre kann der TSV zurückblicken. Dem neunten Tabellenplatz 2011/12 folgte der schnelle Wiederabstieg. Nach der Rückkehr 2016 belegten die Weinsberger zunächst zweimal den fünften, dann den zehnten Rang.

Saison 2018/19: Ungewohnt lange musste man um den Ligaverbleib fürchten. Am Ende stand ein zufriedenstellender zehnter Platz mit 27:29 Punkten.

Beste Torschützen 2018/19: Sven König 196/46 Tore, Moritz Wahl 121 Tore, Alexander Ruck 105/24 Tore

Bisherige Duelle mit dem TSB: In vier Spielzeiten trafen der TSV und der TSB bislang aufeinander. Kurios: Innerhalb einer Saison gab es stets denselben Sieger. In der Württembergliga-Saison 2009/10 siegten die Gmünder beide Male mit 36:25 und 25:24, unterlagen ein Jahr darauf dem Meister beide Male. In der BWOL siegte der TSB 2016/17 beide Male (34:26 und 30:27), unterlag wiederum 2017/18 zweimal klar (27:34 und 33:41). Setzt sich diese Serie fort, so würde der TSB am Sonntag seinen überzeugenden 37:30-Hinspielerfolg wiederholen.

Trainer: Markus Kübler (zurückgekehrt im Frühjahr 2019)

Saisonziel: Nichts mit dem Abstieg zu tun haben

Neuzugänge: Benjamin Röhrle (HC Oppenweiler/Backnang), Marius Braun (TV Flein), Moritz Lanig (SG BBM Bietigheim 2), Philipp Rupprecht (TV Großbottwar), Benedikt Baumann (Neckarsulmer SU), Jonas Dück (TV Gerhausen), Tobias Krems (SG BBM Bietigheim 2), Tobias Tauterat (reaktiviert)

Abgänge: Yannick Hölzl, Rico Reichert (beide TSB Heilbronn-Horkheim), Fabrice Wersch (TV Bittenfeld II)

Top Spieler: Im Rückraum harmonieren die König-Brüder bestens mit Kumpel Max Schulze und durch den erfahrenen Zugang Benjamin Röhrle wird der Angriffsmotor sicher nicht schwächer. Im Tor hat sich Youngster Tobias Krems innerhalb kürzester Zeit etabliert und bildet mit dem Routinier Tobias Tauterat (ehemals u.a. Kornwestheim) ein starkes Duo zwischen den Pfosten.

Internet: www.handball-weinsberg.de

(Nico Schoch)