Wille, Leidenschaft und Herz – dies sind die drei Grundtugenden, die Dragoș Oprea von seiner Mannschaft verlangt. Bereits nach wenigen Wochen macht sich bemerkbar, mit welch hohem Engagement der frühere Nationalspieler an seine Trainermission beim TSB Gmünd herangeht. Kräftig schwitzen ließ er sein Team am vergangenen Wochenende bei einem dreitägigen Trainingslager in der Großen Sporthalle. Nico Schoch nutzte die Gelegenheit, um mit Oprea über dessen Erwartungen und den aktuellen Stand der Vorbereitung zu sprechen.
Dodo, deine ersten fünf Wochen als TSB-Trainer sind passé. Lass uns ein kleines Zwischenfazit ziehen: Auf welchem Stand befindet sich die Mannschaft aktuell?
Zu Beginn haben wir die Schwerpunkte im Athletik- und Ausdauerbereich gesetzt, aber auch in den Bereichen Stabilisation und Kräftigung. Wichtig war, dass sich der Körper nach der langen Pause wieder an die Belastung gewöhnt. Deswegen haben wir uns dazu entschieden, viermal wöchentlich zu trainieren und das Pensum kontinuierlich zu steigern. Die Integration unserer neuen Spieler ist damit auch sehr schnell vonstatten gegangen. Am Sonntagabend nach dem Trainingslager war die Müdigkeit zwar nicht zu übersehen, doch insgesamt befinden sich die Jungs in guter Verfassung.
Wie würdest du deine bislang wichtigsten Erkenntnisse zusammenfassen?
Die Sachen, die man nicht trainieren kann, sind vorhanden. Und zwar Wille, Leidenschaft und Herz. Man hat diese drei Tugenden oder man hat sie nicht, meine Mannschaft besitzt sie allesamt.
Hinter euch liegt ein sehr vielseitiges Trainingslager. Wie bedeutsam war es, gemeinsam ein ein ganzes Wochenende durchzuziehen?
(lacht) Wenn es nach mir gehen würde, würde ich gerne jeden Tag mit dieser Mannschaft trainieren. Wir haben es geschafft, eine gute Mischung aus Spaß und Seriosität, spielerischen Abläufen und Taktik ins Trainingslager einzubauen. Wir haben sehr intensiv trainiert und mit meinem guten Freund Zoran Stojakovic (Kickbox-Profi, Deutscher Meister 2015) eine richtig gute Abwechslung hinzu gewonnen. Denn die Mentalität, die wir künftig zeigen wollen, diese Aggressivität und diese Leidenschaft, gewinnt man genau über solche Einheiten. Es hat mir sehr gefallen, mit welchem Engagement und Ehrgeiz die Jungs an die Sache herangegangen sind. Für mich als Trainer ist es besonders schön zu sehen, dass die Jungs kaputt sind und trotzdem mit einem Lächeln im Gesicht aus der Halle gehen. Durch ein ausführliches Videostudium habe ich den Jungs außerdem gezeigt, in welche Richtung unsere Abwehrarbeit künftig gehen soll.
Gibt es in der Abwehrarbeit ein bestimmtes Vorbild, an dem du dich orientierst?
Das sind zum Beispiel die offensive spanische Abwehr und die etwas kompaktere Formation der Kroaten. Diese beiden Nationalmannschaften haben ihr System perfektioniert und standen deshalb auch zurecht im Finale der letzten Europameisterschaft. Nehmen die Spieler diese Sachen visuell auf, verstehen sie es deutlich besser, als wenn ich zehn Stunden lang nur erzähle. Auch unsere kommenden Trainingsspiele werden wir konkret studieren. Selbstreflexion ist das Schlüsselwort. Wenn ich einem Spieler etwas sage und er glaubt mir nicht, dann kann er sich selber sehen und nimmt die Kritik ganz anders auf.
Die allermeisten Spieler, auch die Neuzugänge, kennen sich bereits seit einiger Zeit. Braucht es da überhaupt besondere Teambuilding-Maßnahmen?
Das wird beim zweiten Trainingslager Ende August auf jeden Fall noch ein Thema werden. Wir werden den Mannschaftsrat wählen und unsere Ziele definieren. Dann muss die Mannschaft in sich hineinhören und sagen: Was trauen wir uns zu? Doch bis dahin ist es noch ein langer Weg mit viel mehr Einheiten und Trainingsspielen.
Bislang standen die Athletik und die Kondition im Fokus, mit dem Trainingslager seid ihr nun auch spielerisch wieder richtig eingestiegen. Was hat dir gut gefallen, wo siehst du noch Verbesserungspotenzial?
Im Großen und Ganzen gehe mit einem sehr positiven Gefühl aus dem Wochenende heraus. Das Wichtigste ist, wir haben keine Verletzten. Dem Spiel gegen unsere Zweite Mannschaft will ich nicht zu viel Gewicht geben, weil die Jungs doch schon ziemlich platt waren. Ich möchte mit dieser Mannschaft einen attraktiven und schnellen Handball spielen. Das haben sie auch in diesem Müdigkeitszustand bereits gezeigt, die Feinheiten werden wir analysieren. Wir sind in diesen drei Tagen nicht nur einen, sondern sogar zwei Schritte nach vorne gekommen.
Vier, fünf A-Jugendliche sind regelmäßig im Training der Ersten Mannschaft dabei. Wie schlagen sich die jungen Burschen?
Die Jungen ziehen super mit. Leider hat sich Patrick Watzl vor kurzem verletzt und wir wissen noch nicht, wie lange er ausfallen wird. Ich rechne damit, dass Tom Abt ein fester Bestandteil der ersten Mannschaft sein wird. Arian Pleißner und Valentin Pick machen ihre Sache ebenfalls hervorragend. Sie sind sehr konzentriert und diszipliniert dabei, geben immer 110 Prozent.
Pleißner und Pick dürfen sich also durchaus Chancen ausrechnen, Oberliga-Luft zu schnuppern?
Bei mir bekommt jeder seine Chance. Ich möchte nicht sagen, die Chancen stehen bei 10, 20 oder 80 Prozent. Beide sind gute Jungs und ziehen voll mit. Sie gehen viel ins Eins-Gegen-Eins, dorthin wo es wehtut. Das gefällt mir. Wenn wir gemeinsam trainieren, dann fordern und fördern sie unsere verschiedenen Abwehrsysteme, tragen also zur hohen Trainingsqualität mit bei.
Mit drei Torhütern und zehn Feldspielern plus die eigenen A-Jugendlichen ist der Kader doch relativ dünn. Ist das Vor- oder Nachteil für den Trainer?
Wenn alle gesund bleiben, ein Vorteil. Wenn wir allerdings Verletzte haben, dann ist es ein Nachteil. Natürlich wäre es gut, wenn wir noch ein oder zwei zusätzliche Spieler hätten.
Siehst du also noch personellen Handlungsbedarf?
Im rechten Rückraum mit Sven Petersen und auf Rechtsaußen mit Wolfgang Bächle sind wir einzeln besetzt. Wenn wir in diesem Bereich aktiv werden könnten, wäre es optimal. Denn für den Spielfluss wünscht man sich natürlich immer einen Linkshänder im Rückraum, das gibt mir als Trainer mehr Möglichkeiten. In Absprache mit dem Verein werden wir Ausschau halten.
Bislang warst du alleine als Coach verantwortlich. Bist du umso glücklicher, dass du mit Primoz Prost Verstärkung im Trainerteam erhalten hast?
Jeder Handballer, ob Profi oder Amateur weiß, welchen Stellenwert die Torhüter für ihre Mannschaft haben. Deshalb bin ich persönlich sehr froh, dass es mit Primoz geklappt hat. Das Gesamtpaket passt. Denn er hat nicht nur eine super Vita vorzuweisen, sondern auch den Willen, sich stetig zu verbessern. Diesen Sommer, als noch nicht sicher war, ob er zum TSB kommt, hat er ein Torhütercamp in Kroatien besucht und mir am Telefon direkt von seinen Impulsen und Ideen berichtet. Er saugt alles für sich auf und bereitet sich genauso akribisch auf seine Trainingseinheiten vor, wie ich es tue. Unser Daniel Mühleisen beispielsweise ist topfit und hat nach den ersten beiden Einheiten trotzdem Muskelkater, weil er solche Dehnübungen noch nie gemacht hat. Auch Sebastian Fabian, unser erfahrenster Mann im Kader, kann noch sehr viel profitieren und dazu lernen. Primoz ist ein Gewinn nicht nur für die erste Mannschaft, sondern für den gesamten Verein. Wobei seine Priorität natürlich dem TVB Stuttgart und der Bundesliga gilt.
Wie sieht der weitere Fahrplan bis zum geplanten Ligastart im September aus?
Bis Ende Juli werden wir durchtrainieren. Danach erhalten die Spieler zwei Wochen Pause, in denen sie in Urlaub fahren können, aber individuelle Trainingspläne erhalten und für sich selbst verantwortlich sind. Ich schätze meine Jungs aber nicht so ein, dass sie gar nichts machen und die ganze Arbeit, die sie zuvor geleistet haben, direkt wieder einreißen. Ich bin mir sicher, dass sie sich sportlich betätigen wollen und nicht auf Null herunterfahren werden. Ende August steht unser großes, viertägiges Trainingslager in Freudenstadt im Nordschwarzwald an. Danach blicken wir auf die Liga und darauf, wer die ersten Gegner sein werden.
Sind auch noch Testspiele geplant?
Sofern der Verband es wieder zulässt, wollen wir schon Ende Juli zwei Testspiele absolvieren und ebenso nach unserer zweiwöchigen Trainingspause im August. Es sollen nicht zu viele Spiele werden, aber schon genügend, dass wir gefordert sind und die im Training erarbeiteten Dinge auch umsetzen.
Vielen Dank für das Gespräch, Dodo!
Kleine Bildergalerie: Das Wochenende 10. bis 12.Juli verbrachten die TSB Jets im Trainingslager in heimischer Halle. Ein Highlight war sicherlich die gemeinsame Trainingseinheit mit Kickbox-Profi Zoran Stojakovic.
Taktikstunde mit Coach Dragoș Oprea
Kurze Trinkpause während einer der insgesamt fünf Trainingseinheiten.
Mit voller Energie dabei: Die A-Jugendlichen Valentin Pick, Tom Abt und Arian Pleißner (von links nach rechts). Patrick Watzl musste leider verletzungsbedingt passen.
Sebastian Fabian und Aaron Fröhlich im Übungs-Boxkampf, Oprea schaut sichtlich amüsiert zu.
Kein Durchkommen für Youngster Abt: Die Abwehrarbeit stand besonders im Fokus.
Herz, Wille, Leidenschaft: Die beiden Neuzugänge Nicola und Marian Rascher leben vor, was der Trainer verlangt.
Auch der neue Linksaußen "Momo" Knück deutete seine Qualitäten an: In einem vereinsinternen Trainingsspiel behielt das BWOL-Team souverän mit 35:19 (12:7, 25:15) die Oberhand gegen eine durch mehrere A-Jugendliche verstärkte Zweite Mannschaft.
(Text und Bilder: Nico Schoch)
Kleine Bildergalerie: Das Wochenende 10. bis 12.Juli verbrachten die TSB Jets im Trainingslager in heimischer Halle. Ein Highlight war sicherlich die gemeinsame Trainingseinheit mit Kickbox-Profi Zoran Stojakovic.
Taktikstunde mit Coach Dragoș Oprea
Kurze Trinkpause während einer der insgesamt fünf Trainingseinheiten.
Mit voller Energie dabei: Die A-Jugendlichen Valentin Pick, Tom Abt und Arian Pleißner (von links nach rechts). Patrick Watzl musste leider verletzungsbedingt passen.
Sebastian Fabian und Aaron Fröhlich im Übungs-Boxkampf, Oprea schaut sichtlich amüsiert zu.
Kein Durchkommen für Youngster Abt: Die Abwehrarbeit stand besonders im Fokus.
Herz, Wille, Leidenschaft: Die beiden Neuzugänge Nicola und Marian Rascher leben vor, was der Trainer verlangt.
Auch der neue Linksaußen "Momo" Knück deutete seine Qualitäten an: In einem vereinsinternen Trainingsspiel behielt das BWOL-Team souverän mit 35:19 (12:7, 25:15) die Oberhand gegen eine durch mehrere A-Jugendliche verstärkte Zweite Mannschaft.
(Text und Bilder: Nico Schoch)