Auch nach zwei Wochen im „Lockdown light“ ist die Enttäuschung noch greifbar, die Unsicherheit groß. Wie alle anderen Vereine wurde der TSB Gmünd vom erneuten Spiel- und Trainingsverbot eiskalt erwischt. Wann und wie es weitergeht, weiß noch niemand, Es verdichten sich allerdings die Zeichen, dass vor Januar auch beim Oberligisten kein Ball mehr durch die Halle fliegen wird. So eine lange Zeit ganz ohne Handball ist nicht einfach, erst recht wenn man den Sport so lebt wie Dragoș Oprea. Der TSB-Chefcoach fühlt sich selbst ein wenig machtlos, baut in puncto Fitness aber voll auf die Eigenverantwortung seiner Spieler, wie er im Interview mit Nico Schoch verrät.
Nach nur vier Spieltagen liegt der Spielbetrieb in der BWOL wieder auf Eis und das auf vorerst unbestimmte Zeit. Dodo, wie tief sitzt der Frust immer noch?
Das ist eine absolute Katastrophe. Nicht nur für uns, auch für die Jugend und alle Sportarten ist das einfach schlimm. Dass wir keine Spiele gegen andere Mannschaften mehr austragen dürfen, finde ich okay. Man weiß nie genau, wie das Infektionsgeschehen in deren Regionen oder Landkreisen ist. Aber dass man uns auch die Trainingseinheiten, die meiner Meinung nach vereinsintern gut zu steuern sind, auch wegnimmt, das finde ich heftig. Wir müssen das so annehmen, aber dennoch habe ich für diese Entscheidung immer noch kein Verständnis.
Wie hält sich die Mannschaft im Teil-Lockdown außerhalb vom gemeinsamen Trainingsalltag in Form? Wie lauten die Planungen?
Wenn ich wüsste, dass es bei dieser begrenzten Zeit bleibt, könnte ich wesentlich einfacher planen. Aber wir alle wissen nicht einmal, was morgen kommt. In dieser ungewissen Zeit versuche ich meinen Spielern zu helfen, indem ich ihnen individuelle Übungen und Trainingspläne zusammenstelle. Es wäre schade, wenn wir vier Wochen gar nichts tun und damit alles, was wir uns bislang erarbeitet haben, einfach wegwerfen. Das wird aber nicht passieren. Ich vertraue meinen Jungs blind und weiß, dass sie sich fit halten werden, um bereit zu sein, sobald wir ein positives Zeichen erhalten und wieder trainieren dürfen. Ich erwarte auch keine Rückmeldungen über Apps oder Ähnliches. Denn wir wissen, was wir alles geopfert und wie viel Zeit wir investiert haben, seitdem wir im Juni auf unsere Reise gestartet sind, um nun mit 4:4 Punkten ganz gut dazustehen.
Konkret gefragt: Inwieweit bist du zufrieden mit dieser Startbilanz? Vor heimischem Publikum gab es zwei Siege gegen Weinsberg (34:27) und Neckarsulm (29:27), auswärts hingegen zwei knappe Niederlagen in Bittenfeld (26:29) und Weilstetten (32:34).
Auf jeden Fall haben wir einen positiven Start erlebt, darauf lässt sich aufbauen. Die Mannschaft hat aber selbst gesagt: Da war mehr drin. Besonders unsere zweite Halbzeit gegen Neckarsulm und die beiden Auswärtsspiele, die wir verloren haben, haben wir in der Videoanalyse genauestens aufgearbeitet. Wir wissen, was uns jeweils gefehlt hat. Grundsätzlich aber bin ich echt beeindruckt davon, dass die Mannschaft die große Systemumstellung in Abwehr und Angriff derart schnell verinnerlicht hat. Die Jungs sind extrem willig und bereit, alles zu geben. Von unserer überragenden Trainingsbeteiligung mit 95 Prozent können andere Teams nur träumen. Das zeigt uns, dass wir auf einem guten Weg sind.
Der Nachbarverband Südbaden will bereits am Wochenende 12./13.Dezember wieder in den Spielbetrieb einsteigen, sofern es die Politik zulässt. Wie hoch schätzt du die Chancen ein, dass in diesem Kalenderjahr – sprich im Dezember – noch einmal Spiele in der BW-Oberliga stattfinden?
Mein Wunsch wäre es natürlich, dass wir nach den vier Lockdown-Wochen Ende November zumindest wieder mit dem Training anfangen dürfen. Die Entscheidung liegt aber nicht in unserer Hand, sondern bei der Politik. In unserer Hand liegt die Disziplin, die von uns verlangt wird. Das heißt Maske tragen und Mindestabstand einhalten. Aber wann etwas gelockert wird und wann wir wieder in die Halle dürfen, das weiß zum jetzigen Zeitpunkt niemand. Wenn ich jedoch die weiterhin hohe Zahl an Neuansteckungen stehen, habe ich meine Zweifel, dass wir so schnell wieder loslegen können.
Du bist als Abteilungsleiter für die Deutsche Kinder Handball Akademie tätig. Wie angespannt ist die Lage dort?
Auch für uns war es ein schweres Jahr. Wir hatten sehr große finanzielle Einbußen. In den Oster- und Pfingstferien konnten wir in unseren Camps etwas Action anbieten, dabei aber nicht so viele Kinder aufnehmen, wie wir es uns eigentlich wünschen. Zwei ausgebuchte Handballcamps in den Herbstferien wurden wieder gestrichen. Doch es wird auf jeden Fall weitergehen, die Akademie geht an Corona nicht kaputt. In dieser schweren Zeit halten wir zusammen und befinden uns mit einigen Vereinen bereits in den Planungen, um 2021 neu durchzustarten.
Einmal mehr vielen Dank für deine ausführlichen Antworten, Dodo!
(Interview und Bilder: Nico Schoch - Porträtfoto: Jörg Frenze)