Zurück zu alter Abwehrstärke: TSB gastiert bei der "Mannschaft der Stunde"

Während der TSB Gmünd zum Jahresauftakt einen Dämpfer erlebte, feierte die SG H2Ku Herrenberg ihren vierten Sieg in Folge. Im direkten Duell kämpfen die punktgleichen Tabellennachbarn am Samstag (20 Uhr / Markweghalle) um den Anschluss zur Spitze.

Den Start ist neue Jahr hatten sich die Jets gänzlich anders ausgemalt. Nach dem 30:30-Remis gegen Abstiegskandidat Schmiden machte auch der Trainer erstmals nach vielen erfolgreichen Wochen einen unzufriedenen Eindruck. „Hätte dieses Spiel im Jahr 2021 stattgefunden, als wir uns in einen Flow gespielt haben, dann wäre es hundertprozentig anders ausgegangen“, ist sich Dragoș Oprea sicher, merkt aber an: „Dass wir während der Pause aus dem Rhythmus gekommen sind, möchte ich nicht als Ausrede gelten lassen. Wir haben im Kollektiv zu viele Fehler gemacht.“
Von der gewohnten Aggressivität waren die Gmünder weit entfernt. Das eigentliche Prunkstück, der Abwehr-Mittelblock, bröckelte gewaltig. Da gleichzeitig im Angriff zu viele Bälle leichtfertig verworfen wurden, war der TSB mit der Punkteteilung letztlich sogar ganz gut bedient. Dass die Schmidener im Nachholspiel am Mittwochabend ihren Mitkonkurrenten aus Zizishausen deutlich mit 36:30 bezwangen, belegt allerdings auch die wieder entdeckte Qualität des Gegners.
Vor dem Training am Montag wurde dieser kleine Dämpfer intensiv aufgearbeitet. Es sei gewiss „keine Krisensitzung“ gewesen, wie Oprea betonte: „Doch wir haben viele wichtige Sachen besprochen.“ Dem Trainer war es wichtig, auch die eigenen Fehler zu reflektieren und bewusst zu kommunizieren. Einwechslungen und personelle Entscheidungen hätte er „anders oder früher treffen müssen“, räumt er ein: „Niemand ist alleine schuld, wir sitzen alle im gleichen Boot.“ Positiv hervorzuheben sei die Moral der Truppe, die in der Schlussphase immerhin einen Drei Tore-Rückstand umbog. „Das, was uns in der Hinrunde ausgezeichnet hat, steckt in uns drin, wir müssen es nur auf die Platte bringen“, fordert Oprea daher.
Allein schon die Tabellensituation verspricht für den Samstagabend ein Duell auf absoluter Augenhöhe. Herrenberg und der TSB stehen mit 16:10 Punkten auf dem geteilten siebten Rang, dürfen ihren Blick dabei sogar nach oben richten. Der ehemalige Zweitligist (Saison 2010/11) hat durch vier Siege in Folge kräftig Selbstvertrauen getankt. Beim ungefährdeten 36:29 (17:16) in Birkenau überzeugte der Gäu-Club in der zweiten Halbzeit auf ganzer Linie. Trainer Fabian Gerstlauer, der schon seit 2015 bei der SG an der Seitenlinie steht, freute sich darüber, dass das Abstiegsgespenst damit wohl schon frühzeitig verjagt sein dürfte. „Durch die Aufstockung der Liga und bis zu fünf Absteigern ist es oberste Priorität, den Klassenverbleib so früh wie möglich zu sichern“, hatte der 37-Jährige vor Saisonbeginn angekündigt.
 
Denn immerhin musste die SG den Abgang von Torjäger und Spielmacher Sandro Münch verkraften, den es zum Drittligisten TV Plochingen zog. Inzwischen führt ein 20-Jähriger Regie – und das mit Erfolg. Valentin Mosdzien, einer von drei Neuzugängen vom HBW Balingen-Weilstetten II, ist mit 64/38 Saisontreffern der gefährlichste Mann. „Im Rückraum haben sie echte Kracher“, verweist Oprea außerdem auf den Halbrechten Urs Bonhage (59/1). Herrenberg glänze durch „viele Variationen im Angriffsspiel und eine breite Bank an Spielern, die alle auf hohem Niveau sind“, weiß der TSB-Coach aus seiner Analyse zu berichten. Dass sich Kreisläufer und SG-Urgestein Sascha Marquardt nach einer schweren Schulterverletzung längst wieder auf dem Weg zurück zu alter Stärke befindet, dürfte dem Tabellennachbarn einen weiteren Schub verleihen.
Die Auswärtshürde zu meistern, wird deshalb zu einem besonders schweren Unterfangen für die Gmünder. Beide Teams lieferten sich bereits in der Vergangenheit immer wieder heiße Duelle. Beim letzten Aufeinandertreffen im September 2019 hatte der TSB in der Markweghalle mit 29:21 die Oberhand behalten – ein Ergebnis, das allerdings kaum noch Rückschlüsse für die Gegenwart zulässt. „Wir fahren mit Respekt dorthin, werden uns aber nicht verstecken“, kündigt Oprea an: „Wenn Herrenberg die Punkte behalten will, dann müssen sie einiges bieten. Wir werden auf jeden Fall ein anderes Gesicht zeigen.“
 
Besonders in der Abwehrarbeit müssen die Jets nun wieder die Kurve bekommen. Bereits vor der kurzen Winterpause gegen Bittenfeld (36:34) und Köndringen (25:32) war die Zahl der Gegentore für den Trainer empfindlich zu hoch. „Nur wenn wir mit voller Überzeugung ins Spiel gehen können wir mit unser Härte und Aggressivität überzeugen“, führt Oprea seinen Jungs immer wieder vor Augen. Aus seiner Sicht fehlen „nur Kleinigkeiten“, um zum Niveau der ersten Saisonhälfte zurückzufinden. Einen Schritt früher heraustreten, gezielte Ansagen und eine bessere Abstimmung im Innenblock – daran fehlte es zuletzt. Dies übertrage sich automatisch auch auf den Angriff: „Den Zusammenhalt und auch die Konsequenz, durchzuziehen und in die Lücken zu gehen, habe ich vermisst. Diese Überzeugung müssen wir nur wecken.“
Einen Wermutstropfen stellt daher der Ausfall von Philipp Schwenk dar. Der vielseitig einsetzbare Routinier kugelte sich im Heimspiel gegen Schmiden den Finger aus, dabei splitterte ein Stück vom Knochen ab. Nach zwei Wochen Ruhepause wird sich entscheiden, ob eine Operation notwendig wird. Kreisläufer Jonas Waldenmaier fällt weiterhin aus, fraglich ist auch noch der Einsatz von Tormann Sebastian Fabian.
 
Obwohl der Vorsprung zur Gefahrenzone acht Punkte beträgt, will Oprea von einer Vorentscheidung im Abstiegskampf noch nichts wissen. „In der aktuellen Zeit kann so viel passieren“, gibt der Trainer zu bedenken. Glücklicherweise ist seine Mannschaft bislang von Corona-Infektionen verschont geblieben. Das bestehende Risiko, derzeit zu beobachten beim deutschen EM-Team in Bratislava, ist aber Grund genug, nicht zu weit nach vorne zu blicken. Zumal die Oberliga-Tabelle weiterhin in Bewegung ist. Durch das Unentschieden gegen Schmiden rutschte der TSB um drei Plätze ab, könnte nun aber durch einen Sieg wieder einen Sprung nach vorne machen. „Auf die Tabelle schaue ich immer noch nicht“, bleibt der Trainer deshalb der gewohnten Devise treu: „Wir wollen so früh wie nur möglich sicher sein und dieses Ziel nach Möglichkeit sogar überbieten.“
TSB: Daniel Mühleisen, Sebastian Fabian, Devin Immer – Wolfgang Bächle, Patrick Watzl, Sven Petersen, Aaron Fröhlich, Tom Abt, Jonas Schwenk, Marian Rascher, Nicola Rascher, Valentin Pick, Arian Pleißner, Eric Zimmermann, Stephan Mühleisen, Christian Waibel, Kai Kiesel
Bisherige Duelle (aus TSB-Sicht): 3 Siege, 3 Niederlagen
 
Der Gegner: SG H2Ku Herrenberg

Hintere Reihe von links nach rechts: Urs Bonhage, Janne Böhm, Joshua Stöffler, Sascha Marquardt, Maximilian Bröhl, Nick Lange
Mittlere Reihe von links: Fabian Gerstlauer (Trainer), Finn Böhm, Sven Rinderknecht, Nicolas Rhotert, Georg Mohr, Mika Gmelich, Niko Schnitzler, Casandra Kosmehl (Physio-Team JETTZ), Hansi Böhm (sportlicher Leiter)
Vordere Reihe von links: Alexander Zürn, Frederik Todt, Marvin Seeger, Johannes Roscic, Valentin Mosdzien, Manuel Rippl

(Text: Nico Schoch – Bilder: Enrico Immer (7), SG H2Ku Herrenberg)