"Festgebissen" in der Bezirksklasse: Doch es wäre mehr drin gewesen

Eine Spielzeit mit zwei völlig verschiedenen Hälften liegt hinter dem TSB Gmünd 2. Nachdem man sich zunächst zur Spitzengruppe gesellte und am Aufstieg schnupperte, wurde die Oberliga-Reserve durch eine Durststrecke im Frühjahr noch bis auf den zehnten Tabellenplatz durchgereicht. Nichtsdestotrotz zieht Holger Sohnle nach seiner auf ein Jahr beschränkten Rückkehr auf die Trainerbank ein positives Fazit: Mit einer gesunden Mischung aus „alter Garde“ und den aufstrebenden Jugendspielern ist es gelungen, eine sorgenfreie zweite Saison in der Bezirksklasse zu verbringen.


Für zahlreiche Mannschaften in der Region kam der Covid 19-bedingte, vorzeitige Saisonabbruch sicherlich zur Unzeit. Nicht jedoch für die „Zweite“ des TSB: Im Februar und März war bei den Gmündern sichtbar die Luft raus. Fünf Niederlagen in Folge waren ein deutliches Indiz dafür, dass der Elan der Hinrunde längst verflogen war. „Was die Tabellensituation angeht sind wir bestimmt nicht unglücklich darüber, dass die Saison so unerwartet früh zu Ende gegangen ist“, meint Holger Sohnle, fügt aber auch hinzu: „Gerne hätten wir auch die A-Jugendlichen weiter eingebaut, deren Saison in der Oberliga bereits früher vorbei war. Ich bin überzeugt, dass wir mit dieser Konstellation in den verbleibenden fünf Spielen noch den ein oder anderen Sieg eingefahren hätten.“
 
Obwohl sich der TSB 2 nach Anwendung der Quotientenregel nur noch auf dem zehnten und drittletzten Platz in der Endabrechnung wiederfindet, war das ausgerufene Ziel „Klassenverbleib“ zu keiner Zeit in Gefahr. Das Polster auf die beiden Schlusslichter Bargau/Bettringen 2 und Rechberghausen war längst auf bequeme sieben bzw. acht Punkte angewachsen, der sportliche Abstieg wurde durch den vorzeitigen Saisonabbruch ohnehin ausgesetzt. „Wir haben es geschafft, uns in der Liga relativ weit vorne festzubeißen“, verweist Sohnle auf die überzeugende Hinrunde, die seine Truppe auf Rang fünf abschloss. Als die Gmünder dann mit zwei knappen Heimsiegen über Bargau/Bettringen (30:28) sowie Süßen (27:26) ins neue Jahr starteten, ihr Konto auf 16:10 Punkte ausbauten und auf den dritten Platz vorrückten, war sogar der Aufstieg plötzlich in Reichweite.
Die vagen Hoffnungen wurden aber schnell zerstört. Als innerhalb einer Woche gleich zwei empfindliche Niederlagen gegen die direkten Konkurrenten aus Wangen/Börtlingen (26:36) und Altenstadt (25:29) folgten, gerieten die „Jets“ aus der Bahn. Die Oberliga-Reserve erlebte einen Rückfall in alte Zeiten, entfaltete kaum noch Durchschlagskraft im Angriff und ließ ebenso die nötige Willensstärke vermissen. Sohnle erkannte „Angst vor der eigenen Courage“ und stellte mahnend fest: „Ohne hundertprozentigen Einsatz ist für uns kein Spiel zu gewinnen.“ Weit unter Wert verkaufte sich der TSB 2 in dieser Phase, wobei sich auch personelle Probleme bemerkbar machten: Der Ausfall wichtiger Leistungsträger, allen voran der Routiniers Daniel Mucha und Sebastian Göth, war nicht zu kompensieren. Am Ende standen fünf Pleiten in Folge, für die erhoffte Rehabilitation bot sich keine Gelegenheit mehr.
 
„Es wurmt mich persönlich sehr, dass wir den Flow verloren haben und auch die unbedingte Motivation, mehr erreichen zu wollen“, resümiert Sohnle, „denn wenn wir Vollgas durchgezogen hätten, wäre der zweite Platz drin gewesen. Außer Meister Steinheim hat uns kein Gegner wirklich beherrscht.“ Allerdings gingen die Duelle mit den Spitzenteams – abgesehen von der vermutlich besten Saisonleistung beim ersten Heimspiel gegen Wangen/Börtlingen (31:29) – allesamt und teils deutlich verloren. Beim Primus in Steinheim (20:33), beim Zweiten in Altenstadt (14:25) sowie beim Dritten Wangen/Börtlingen (26:36) bekamen die Gmünder ihre Grenzen deutlich aufgezeigt.
Allgemein war es ein Trend, der die Saison des TSB 2 maßgeblich bestimmte: Zuhause hui, auswärts pfui. In fremder Halle gelang lediglich zum Auftakt in Bettringen (23:19) ein Erfolg. Vor heimischer Kulisse blieb das Sohnle-Team lange Zeit ungeschlagen. Dann aber waren die spannenden Spitzenspiele im Dezember gegen Lauterstein 3 (27:29) und zwei Monate später gegen Altenstadt 2 mitentscheidend dafür, dass der Kontakt zur Tabellenspitze abriss. „Problematisch war, dass wir zuhause meist mit der vollen Kapelle, auswärts aber nur mit wenigen Auswechselspielern antreten konnten“, lautet die Erklärung des Coaches. In Bestbesetzung war der TSB 2 nur schwer zu bezwungen, für den ganzen großen Wurf fehlten dann doch die Konstanz und zumeist auch die personellen Alternativen.
 
Der Durststrecke im Frühjahr und dem Absturz in der Tabelle zum Trotz stellt Sohnle seiner Mannschaft ein gutes Zeugnis aus. Im Unterschied zur Vorsaison, als es eine Aufholjagd in der Rückrunde zum Klassenerhalt brauchte, schwebten die Gmünder nun zu keiner Zeit in Abstiegsgefahr. Auch die eigene Disziplin verbesserte sich, wie nur noch drei Rote Karten (Saison 2018/19: 13 Platzverweise!) und der Rückgang an Zeitstrafen unterstreicht. Die Mission, den Unterbau des Oberliga-Teams zu stabilisieren und in sportlich ruhige Fahrwasser zu lotsen, ist also gelungen. Als größten Erfolg führt Sohnle die stark verbesserte Trainingsbeteiligung, aber auch den starken Teamgeist an: „Wir hatten eine hervorragende Stimmung zwischen A-Jugend und Zweiter Mannschaft, was im Vorfeld nicht jeder so erwartet hätte. Die Integration der Jugendlichen ist sehr gut gelungen und so hat sich bereits ein tolles Mannschaftsgefüge entwickelt.“
Unter den 26 eingesetzten Spielern befanden sich insgesamt sieben Youngster, die parallel zur Vize-Meisterschaft in der Württemberg-Oberliga bereits frühzeitig im Aktivenbereich Fuß fassen konnten. Tormann Sascha Grützmacher ist aus der „Zweiten“ ohnehin bereits nicht mehr wegzudenken und wird in der kommenden Runde ebenso fest zum Kader gehören wie auch Kreisläufer Florian Krazer. Alle weiteren Jugendspieler entstammen dem Jahrgang 2002 und wollen unter Trainer Aaron Fröhlich noch ein weiteres Jahr auf württembergischer Ebene glänzen. „Die Jungs haben sich herangetastet und hochgearbeitet“, lobt Sohnle, „sie alle haben sich erst einmal an die härtere Gangart gewöhnen müssen.“
 
Verlassen konnte sich Holger Sohnle derweil stets auf seine „alte Garde“. Allen voran die TSB-Legenden Benjamin Göth (40), Simon Frey (38) und Sebastian Göth (35) gingen voran und führten die gerade erst volljährig gewordenen A-Jugendlichen. Dass diese Routiniers zur Verfügung stehen war bekanntlich auch oberste Voraussetzung für Sohnle, um für ein Jahr als Übungsleiter einzuspringen: „Ich bin ja nicht blauäugig an die Sache herangegangen. Besonders Simon Frey war für das Mannschaftsgefüge extrem wichtig. Er ist niemand, der ein Spiel alleine gewinnen kann, aber für die Bezirksklasse sicherlich immer noch viel zu gut. In der Hinrunde war er mit ein Schlüssel dafür, dass wir relativ wenige Gegentore kassiert haben.“ Die Statistik unterstreicht Freys Bedeutung noch weiter: Aus zwölf Einsätzen resultierten acht Siege. Ohne „Monty“ hingegen gewann der TSB 2 kein einziges Spiel.
Die jungen Talente suchen ihre Chance, auch die alten Haudegen sind weiter hungrig: Für die Zukunft ist gesorgt beim TSB 2. „Es ist großes Potenzial da, aber man darf die Zweite Mannschaft nicht vernachlässigen“, blickt Sohnle nach vorne, „sie soll sich zu einem guten Sprungbrett entwickeln, was in der Vergangenheit bereits funktioniert hat.“ Um diese Vision zu verwirklichen, scheint der perfekte Mann gefunden zu sein: Andreas „Rudi“ Rascher, bislang Co-Trainer von Michael Hieber beim Oberliga-Team und einstiger Erfolgscoach des TSV Bartenbach, wird den TSB 2 in der kommenden Saison betreuen. „Rudi brennt auf seine Aufgabe, hat unsere Spiele verfolgt und natürlich habe ich ihm auch bereits meine Unterstützung zugesagt“, beschreibt Sohnle den Übergang.
 
Die Zweite Mannschaft näher an die Erste heranzuführen, lautet Raschers Devise. Doch dafür wird es Zeit brauchen. „Die Zweite hat bereits gezeigt, dass sie vorne mitspielen kann. Da möchte ich ansetzen, aber auf gar keinen Fall das Wort Aufstieg in den Mund nehmen“, so der 52-Jährige. Ziel sei ein „schleichender“ Umbruch: „In der A-Jugend sind tolle Typen dabei, die uns noch viel Spaß machen werden, aber in der nächsten Saison noch nicht dauerhaft zur Verfügung stehen. Für uns wird es deshalb ein Übergangsjahr in der Bezirksklasse.“
 
Spielerstatistik
Torhüter: Giovanni Gentile (15 Einsätze), Sascha Grützmacher (11 Einsätze), Julian Sacher (2 Einsätze), Markus Beirle (2 Einsätze)
Feldspieler: Daniel Mucha 94/30 Tore (16 Einsätze), Sebastian Göth 62/10 Tore (13 Einsätze), Simon Frey 47/5 Tore (12 Einsätze), Max Eichler 36 Tore, 1 Rote Karte (17 Einsätze), Florian Kaller 25 Tore (11 Einsätze), Jonas Schmutzert 21 Tore (10 Einsätze), Benjamin Göth 21 Tore (14 Einsätze), Patrick Watzl 20 Tore (6 Einsätze), Samuel Glaser 18 Tore (11 Einsätze), Aaron Wild 18 Tore (10 Einsätze), Martin Reuter 17 Tore (11 Einsätze), Tobias Kößer 16 Tore (8 Einsätze), Jochen Leitner 11 Tore, 1 Rote Karte (12 Einsätze), Kai Kiesel 10 Tore (6 Einsätze), Robert Heer 9 Tore (3 Einsätze), Lukas Lehle 6 Tore (9 Einsätze), Alexander Kaußler 6 Tore (9 Einsätze), Moritz Kienzle 4 Tore, 1 Rote Karte (9 Einsätze), Florian Krazer 1 Tor (3 Einsätze), Michael Deusch (7 Einsätze), Moritz Schillinger (2 Einsätze), Daniel Derer (2 Einsätze)
(Text und Bilder: Nico Schoch)