Abschied nach 17 erfolgreichen Jahren

 

Porträt: Rechtsaußen Sebastian "Hafa" Göth bestreitet am Samstag sein letztes Heimspiel für den TSB Gmünd und will sich keinesfalls mit dem Abstieg verabschieden

Ebenso wie sein scheidender Trainer und langjähriger Mitspieler Michael Hieber hat auch Sebastian Göth den Werdegang der TSB-Handballer in den vergangenen zwei Jahrzehnten maßgeblich mitgeprägt. Nach 17 erfolgreichen Jahren mit drei Aufstiegen wird der 33-Jährige seine Handballschuhe an den Nagel hängen – doch nur allzu gerne würde er sein Karriereende durch mögliche Relegationsspiele um den Oberliga-Klassenerhalt weiter hinauszögern. 

Zweifellos wird bei Sebastian Göth viel Wehmut mitschwingen, wenn er am Samstag (19:30 Uhr) gegen den TV Willstätt zum letzten Mal in der Großen Sporthalle auflaufen wird. Doch der TSB-Routinier sagt selbst, dass er sich auf diesen bewegenden Moment lange Zeit vorbereiten konnte, wollte er seine Karriere doch bereits vor einem Jahr beenden. Mit "einem lachenden und einem weinenden Auge" möchte sich Göth nun verabschieden: "Die Belastung wurde immer größer und mein Körper hat mir signalisiert, dass der richtige Zeitpunkt gekommen ist." Bereits 25 Jahre liegen seine handballerischen Anfänge in der TSB-Jugend zurück, seit nunmehr 17 Spielzeiten ist er ein fester Bestandteil bei den Aktiven. Göth hat seinem Heimatverein stets die Treue gehalten, in die Fremde zog es ihn nie und das lohnte sich durchaus, wie der Rückblick auf eine äußerst erfolgreiche Laufbahn beweist. 

Als "Hafa" im Jahr 2003 in die erste Mannschaft hochgezogen wurde, konnte der damals 18-Jährige noch nicht ahnen, in welche sportlichen Höhen ihn sein Weg einmal führen sollte. Anfangs war das Eigengewächs für die zentrale Rückraumposition eingeplant, ehe sich der damals einzige Linkshänder Armin Rieg verletzte. "Innerhalb von einer Woche wurde ich umgeschult und es hat wohl ganz gut ausgesehen", erklärt Göth seinen ungewöhnlichen Werdegang. Dass ein Rechtshänder die Rechtsaußenposition bekleidet, war für alle Mitstreiter und Gegner ein absolutes Novum. Ex-TSB-Trainer Ralf Rascher bezeichnete dies einst als "Handicap", doch Göth selbst sah darin nie einen Nachteil: "Für die Torhüter ist es bei diesem spiegelverkehrten Ablauf meist schwieriger und diesen kurzen Moment der Verwirrung kann ich dann ausnutzen." Jahrelang behauptete er sich als Stammkraft mit zuverlässiger Trefferquote. Auch dank den starken Anspielen vom damaligen Halbrechten Michael Hieber gelangen dem Gmünder Rechtsaußen zu Württembergliga-Zeiten konstant um die 100 Tore pro Saison. Doch mit dem rechten Wurfarm aus dem spitzen Rechtsaußenwinkel abzuziehen, sieht nicht nur aus Zuschauersicht knifflig aus. Mit der Zeit kam zwar die Routine, dennoch erforderte diese ungleich höhere Schwierigkeitsstufe immer ein hohes Fitnesslevel, welches sich Göth allerdings bis ins hohe Handballalter hinein erhalten hat. 

Bereits in jungen Jahren erlebte der Ur-TSBler zahlreiche sportliche Höhepunkte, angefangen mit der Bezirksliga-Meisterschaft 2003. Nur zwei Jahre darauf schnupperten die Gmünder in der damaligen Verbandsliga bereits am nächsten Aufstieg, mussten sich am letzten Spieltag allerdings beim Meister in Möhringen mit 27:31 geschlagen geben und wurden somit nur Tabellendritter. Dennoch blieb Göth dieses Duell in bester Erinnerung: "Es war ein echtes Gänsehautspiel, zu dem uns vier Fanbusse und 400 Leute begleitet haben." Im Wechselspiel mit dem damaligen Junioren-Nationalspieler Kai Häfner auf Rechtsaußen war Göth am Titelgewinn 2007 beteiligt. In den folgenden Württembergliga-Spielzeiten war der TSB für seine torgefährliche Flügelzange mit Sebastian und Benjamin Göth gefürchtet. Für den vier Jahre jüngeren Bruder begann mit einem Kreuzbandriss im Februar 2012 jedoch eine lange Leidenszeit: Immer häufiger wurde "Hafa" von Verletzungen außer Gefecht gesetzt. Aufgrund einer Knieverletzung verpasste er im Sommer 2014 auch die erfolgreichen Relegationsspiele zur Oberliga, spricht rückblickend aber dennoch von der "schönsten Zeit meiner Karriere", als sich seine Kollegen vor 1250 Zuschauern beim Endspiel in heimischer Halle gegen Hockenheim durchsetzen konnten. 

Trotz aller Hiobsbotschaften kämpfte sich Göth in der Viertklassigkeit wieder zurück ins Team. "Für diesen geilen Sport hat es sich gelohnt", betont der Routinier, der insbesondere seinem langjährigen Weggefährten und Trainer Michael Hieber für das in ihn gesetzte Vertrauen dankbar ist. Gegen die zahlreichen namhaften Gegner in der BWOL gelangen dem Rechtshänder bislang 70/10 Treffer in 74 Einsätzen, obwohl er zumeist im Schatten von Wolfgang Bächle steht und deshalb nur geringe Einsatzzeiten erhielt. Dass der 24-Jährige (aktuell 110 Saisontore) gesetzt ist, stellt für Göth aber kein Problem dar – ganz im Gegenteil sogar: "Es ist super, wenn der Nachwuchs aufrückt und für mich ist es eine Ehre, wenn er mich nach Ratschlägen frägt und diese auch annimmt." Mit dem erst 19 Jahre alten Bosnier Belmin Nadarevic steht bereits ein neuer, passender Partner für Bächle bereit – Teamplayer und Kumpeltyp Göth allerdings wird den Gmündern mit seiner ebenso lockeren wie sympathischen Art fehlen. 

Denn nach dem rasanten Aufwärtstrend der vergangenen 17 Jahren ist in wenigen Wochen endgültig Schluss. Abseits des Feldes wird Göth dem TSB erhalten blieben, offen ist jedoch noch, in welcher Funktion. Ein mögliches Comeback möchte er nicht ausschließen, aber auch keinesfalls überstürzen: "Ich werde mich fit halten und vermutllich wird es mich wieder einmal reizen, doch das ist noch Zukunftsmusik. Vorerst werde ich nicht mehr spielen, aber vielleicht mache ich irgendwann auch meinen Trainerschein."

Vorher möchte der 33-Jährige aber unbedingt den drohenden Abstieg verhindern, wäre dies doch ein äußerst unschöner Rahmen für das Karriereende. "Zwei Siege müssen her und dann können wir zumindest die Relegation können wir noch packen", rechnet Göth vor, der seinen Abschied in diesem Fall noch um vier Wochen und zwei weitere Partien hinauszögern könnte. "Wir hatten in dieser Saison ein paar Lichtblicke, aber unterm Strich hat uns die Konstanz gefehlt", meint Göth selbstkritisch und fordert zugleich: "Wir brauchen keine Floskeln mehr, sondern müssen uns nun auf der Platte den Allerwertesten aufreißen. Solange es rechnerisch möglich ist, bin ich der letzte, der nicht an den Klassenerhalt glaubt." Möglicherweise kann er selbst mit seinen voerst letzten spektakulären Flugeinlagen von Rechtsaußen seinen Beitrag zum großen Ziel leisten. Eines ist für Sebastian Göth jedenfalls klar: "Wir haben viel Potenzial und neue Talente stehen in den Startlöchern. Gmünd gehört mindestens in die vierte Liga – oder vielleicht auch einmal höher."

(Nico Schoch)