Wie kein anderer Spieler hat Nicola Rascher dem Handball-Oberligisten TSB Gmünd seit 2020 seinen Stempel aufgedrückt. Zwei Spielzeiten lang führte der Rückraumspieler die Jets als Kapitän aufs Feld und jeweils zum vorzeitigen Klassenerhalt. Nach 539/106 Toren in 93 Oberliga-Spielen hieß es nach dem 32:30-Sieg gegen den TSV Blaustein Abschied zu nehmen. Wie schwer das fiel, erzählt der 25-Jährige im Interview mit Nico Schoch.
Nico, hinter dir liegt ein emotionales Saisonfinale. Wie kam es, dass du schon bei der Verabschiedung vor Spielbeginn mit den Tränen kämpfen musstest?
Es ist ein richtiges Gefühlschaos ausgebrochen. Ich habe all die schönen Momente noch einmal Revue passieren lassen. Noch dazu bekommt man extrem schöne Worte gesagt, die mich sehr ehren. Das ist Balsam für die Seele. In diesen vier Jahren beim TSB Gmünd bin ich extrem gereift – nicht nur auf, sondern besonders neben dem Feld. Dafür bin ich extrem dankbar.
Lag es an diesem Gefühlschaos, dass du laut Trainer Michael Stettner zumindest offensiv dein schlechtestes Spiel in den vergangenen zwei Jahren gemacht hast?
Mit Sicherheit hat das zu den vielen Fehlern beigetragen, aber ich kann nicht die ganze Schuld darauf schieben. Manchmal hat man solche Tage. Mit dem verspäteten Anwurf war es für alle nicht ganz einfach. Schlussendlich gehe ich trotzdem mit einem guten Gefühl aus diesem Spiel, in dem wir zwei Punkte gewonnen und uns in der Tabelle noch weiter nach oben gearbeitet haben.
Dein Trainer hat allerdings noch hinzugefügt, dass du das Spiel in der Schlussphase trotzdem mit entschieden hast.
In der Crunch-Time musste ich Verantwortung übernehmen und unser junges Team anführen. In der Schlussphase war es relativ dankbar, weil der Gegner auf eine offensive Abwehr umgestellt hatte. So konnte ich in die Eins-Gegen-Eins-Situationen gehen, was meine absolute Stärke ist.
Am Ende stand der sechste Sieg in Folge inklusive vier Treffern von dir. Stellt man sich so den eigenen Abschied vor?
Schlussendlich zählen einfach die zwei Punkte. Besser geht es nicht. Wobei ich mich auch über 15 eigene Tore gefreut hätte (lacht).
Zuvor meintest du, drei Tore wären auch in Ordnung. Hauptsache, es springt ein Sieg heraus.
Dann lag ich knapp daneben (schmunzelt). Tatsächlich bin ich total zufrieden, wie es jetzt zu Ende gegangen ist. Es war ein enges Spiel, über Kampf und Emotionen haben wir die Zuschauer noch einmal mitgerissen. Deshalb konnten wir ausgelassen feiern.
Als du inmitten der Corona-Krise im Sommer 2020 nach Gmünd gekommen bist, wusste keiner so richtig, wo es hin geht. Wie beurteilst du diese intensive Zeit?
Davor war der TSB in einer gewissen Krise und fast schon aus der Oberliga abgestiegen. Dass mein Bruder Marian und ich mit dem gesamten Team eine solche Wendung einleiten würden, damit konnte niemand rechnen. Es waren unvergessliche, erfolgreiche vier Jahre. Vom eigenen Gefühl und der Art und Weise, wie ich von Anfang an in den Verein eingebunden war, fühlt es sich sogar wie zehn Jahre an.
Wie beurteilst du deine letzte Saison, in der ihr die Aufstiegsrunde verpasst und dennoch ein versöhnliches Ende geschafft habt?
Natürlich haben wir uns die Saison ursprünglich anders vorgestellt. Natürlich wäre es für alle Beteiligten entspannter gewesen in der Aufstiegsrunde, dort hätten wir uns ohne Druck mit den Besten messen können. Doch dafür waren unsere Leistungen zu inkonstant und andere Mannschaft einfach ein Stück weiter. Die Abstiegsrunde haben wir mit sieben Siegen und nur zwei Niederlagen sehr souverän gelöst, auch wenn es kurzzeitig Schwierigkeiten gab. Doch wie wir uns da gemeinsam herausgezogen haben, das ist viel wert und daraus wird die junge Mannschaft für ihre Zukunft ganz viel mitnehmen.
Für dich war es ein besonders herausforderndes Jahr, weil du dich mit Knieproblemen herumgeplagt hast und kurzzeitig sogar der Verdacht auf einen Meniskusriss bestand. Wie steht es um dein Knie?
Optimal ist anders und muss schon ehrlich sagen, dass ich mich ein wenig durchgeschleppt habe. Die Patellasehne links habe ich ich mittlerweile im Griff und wenigstens im Alltag keine Schmerzen mehr. Auch das rechte Knie ist wieder gut. Wenn es so bleibt, ist alles okay.
Kannst du die Sommerpause überhaupt genießen oder liegt der Fokus jetzt sofort auf der Beachhandball-Saison mit den Otternasen?
Sicherlich werde ich jetzt erstmal eine Woche lang die Füße hochlegen. Dann fängt es aber wieder an zu kitzeln und ich freue mich auf die ersten Schritte im Sand, bis die ersten Turniere anstehen.
Wie lauten die neuen Ziele mit deinem Heimatverein TSV Bartenbach?
Mit dieser starken Truppe und den Neuzugängen lässt es sich nicht von der Hand weisen, dass wir in der Landesliga vorne mitspielen wollen. Alle Gegner sehen uns schon als Favorit. Das nehmen wir an und schauen, wo es hingeht.
Möglicherweise kommt es für Bartenbach in der kommenden Saison auch zum Aufeinandertreffen mit dem TSB-Perspektivteam...
...das wäre natürlich speziell. Doch ich würde mich mehr darüber freuen, als Zuschauer in die Gmünder Halle zu kommen statt als Gegenspieler.
Der gesamte TSB Gmünd sagt: DANKE, NICO!
… für 4 Jahre unermüdlichen und leidenschaftlichen Einsatz beim TSB
… für 93 Spiele mit insgesamt 539 Toren
… für deine tolle, kameradschaftliche und herzliche Art
… für Freundschaften für‘s Leben