"Wir lassen uns nicht verrückt machen"

Lukas Waldenmaier ist erst 24 Jahre jung und dennoch eine unverzichtbare Größe für den TSB Gmünd, allen voran in der Defensivarbeit. Für den Saisonendspurt fordert er von seinen Teamkollegen eine Leistungssteigerung und eine bessere Zusammenarbeit in der Abwehr. Denn das Ziel ist aus seiner Sicht eindeutig: „Wir wollen unseren Aufenthalt in der Württembergliga möglichst kurz halten.“


Um Lukas Waldenmaier zu treffen, braucht man nicht lange zu suchen. „Ich bin eigentlich fast immer in der Halle“, meint der 24-Jährige schmunzelnd. Und diese Tatsache ist vor allem seinem großen Engagement als Nachwuchscoach beim TSB geschuldet. Eher zufällig habe er vor drei Jahren das E-Jugendfördertraining übernommen. „Es gab keinen Trainer und ich hatte Zeit“, so Waldenmaier, „mittlerweile haben die Kinder riesige spielerische Fortschritte gemacht und sind mir wirklich ans Herz gewachsen.“ In der kürzlich zu Ende gegangenen Saison errang sein Team die Vize-Meisterschaft in der D-Jugend-Bezirksklasse. Dieser Erfolg bestätigt Waldenmaier, der seine Motivation wie folgt beschreibt: „Wenn ich etwas mache, dann auch mit viel Herzblut.“
 
Diese Aussage gilt auch für seine zweite Leidenschaft neben dem Sport. Denn was viele nicht wissen: Auch musikalisch ist der Bargauer ein Ausnahmekönner. Bereits vor knapp zehn Jahren gründete der Hobbygitarrist gemeinsam mit Bruder Jonas und engen Freunden aus dem Ort eine eigene Band. Inzwischen sei „Luke und Trug“ semiprofessionell aufgestellt und trete regelmäßig auf Hochzeiten und Geburtstagen auf, wie Lukas Waldenmaier verrät: „Während der Handballsaison bleibt eher wenig Zeit, aber dank der langen Sommerpause passt es zeitlich ganz gut und macht uns weiterhin großen Spaß.“
Im Kader des TSB Gmünd gehört er trotz seiner erst 24 Jahre bereits zu den erfahrenen Akteuren und ist zugleich einer der wenigen, der bereits Erfahrungen bei größeren Vereinen sammeln durfte. Beim TV Bargau und TV Wißgoldingen groß geworden, zog es ihn zu Frisch Auf Göppingen in die A-Jugend-Bundesliga und im Jahr 2013 studiumsbedingt weiter zum damaligen Regionalligisten SG H2Ku Herrenberg. „Obwohl ich meistens nur für die Zweite Mannschaft auf dem Feld stand, hat mich diese Station auf alle Fälle weitergebracht“, berichtet Waldenmaier, „denn beim Training mit dem Drittliga-Team habe ich enorm von der Zweikampfhärte gelernt, wie es in den unteren Spielklassen nicht möglich gewesen wäre.“
Rückblickend hat es der 1,90 Meter-Athlet zu großen Teilen den Herrenbergern zu verdanken, dass er sich nach seinem Wechsel nach Gmünd 2015 zum Abwehrspezialisten entwickelt hat. „Ich bin jedenfalls nicht unzufrieden mit dieser Rolle“, sagt Waldenmaier lächelnd, „das ist ein Opfer, das ich für die Mannschaft gerne bringe. Ich fühle mich in der Defensive sicher und kann dort doppelt Gas geben, weil ich weiß, dass wir einfach bessere Angriffsspieler im Kader haben. Letztendlich ist es aber immer die Aufgabe des Trainers, diese Entscheidungen zu treffen.“ Doch hat auch er schon in der Offensive ausgeholfen und strahlt durch den schnellen Gegenstoß immer wieder Torgefahr aus. Trainer Stefan Klaus schätzt ihn nicht zuletzt auch für seine Zweikampfstärke: Erst vier Zeitstrafen in 21 Partien sprechen für seine Fairness.
 
Bereits in der vierten Saison in Folge bildet Waldenmaier gemeinsam mit Christian Waibel den defensiven Mittelblock des TSB. „Die beiden sind unsere Türme in der Schlacht“, meinte Ex-Trainer Michael Hieber einst anerkennend. „Wir haben nicht komplett den gleichen Spielstil und gerade das ist von Vorteil dafür, dass wir uns so gut ergänzen“, so beschreibt Waldenmaier seine Zusammenarbeit mit dem sechseinhalb Jahre älteren Waibel. Auch dank der durch Hieber hochgelobten „W&W-Connection“ stellte der TSB lange Zeit eine der besten Abwehrreihen in der Oberliga Baden-Württemberg – zumindest bis zur vergangenen Spielzeit. Doch der Mann mit der Rückennummer 14 blickt lieber in die Zukunft, die er in Gmünd entscheidend mitprägen möchte: „Es bringt nichts, der Oberliga hinterherzutrauern. Wir wollen nun zeigen, dass der Abstieg ein Ausrutscher war und den Aufenthalt in der Württembergliga möglichst kurz gestalten.“
Das große Ziel ist mittlerweile in greifbare Nähe gerückt: Sieben Spieltage stehen noch aus und der TSB (34:8 Punkte) thront weiterhin an der Tabellenspitze, allerdings dicht gefolgt vom TSV Wolfschlugen (32:10) und TSV Heiningen (32:12). „Wir werden von den meisten Gegnern als Favorit gehandelt, doch wir haben gelernt, damit umzugehen und haben gezeigt, dass wir zurecht ganz vorne stehen“, so bringt Waldenmaier das Selbstbewusstsein seiner Teamkollegen auf den Punkt. Vom Druck, unbedingt aufsteigen zu müssen, sei hingegen nichts zu spüren: „Wir lassen uns nicht verrückt machen. Die Chance, Meister zu werden, gibt uns noch einmal einen Extrakick und den Antrieb, Woche für Woche alles aus uns herauszuholen.“
 
Kopfzerbrechen bereitet jedoch die derzeit schwächelnde Abwehr. In fünf der vergangenen sechs Ligaspiele kassierte der Klassenprimus über 30 Gegentreffer. Eine schmerzhafte Bilanz, auch persönlich für Lukas Waldenmaier, der nach Erklärungen sucht: „Einen spezifischen Fehler gibt es nicht, stattdessen tauchen von Spiel zu Spiel neue Probleme auf. Wir schaffen es aktuell einfach nicht, konstant gute Leistungen zu zeigen. Das ist gerade im Aufstiegskampf unvorteilhaft.“ Bei den Punkteteilungen in Deizisau (36:36) sowie gegen Langenau/Elchingen (31:31) sei man mit einem blauen Auge davongekommen. Dies sei „Warnschuss und Ansporn“ zugleich, betont Waldenmaier, „denn es hilft uns nichts, den Kopf in den Sand zu stecken oder zu verzweifeln.“
 
Um im Saisonendspurt nicht noch die Aufstiegschance aus der Hand zu geben, wird eine Leistungssteigerung notwendig sein. „Wir sind eine relativ groß gewachsene und körperlich starke Mannschaft, diese Vorteil müssen wir auf die Platte bringen“, fordert Waldenmaier daher und nennt zwei wichtige Ansätze zur Verbesserung. „Zum einen müssen wir im Abwehrverhalten insgesamt wieder aggressiver werden. Zuletzt waren wir zu passiv, sei es im Innenblock oder auf den Halbpositionen, und haben unseren Gegenspielern zu viele Freiräume gelassen.“ Der zweite Aspekt: „Wir helfen uns gegenseitig zu wenig aus. Es darf aber nicht nur jeder seine eigene Position verteidigen, sondern wir müssen im Verband verschieben und wie eine Wand vor dem Gegner stehen.“ Die dreiwöchige Spielpause kam vielleicht gerade zum richtigen Zeitpunkt, um nochmal einen Feinschliff vorzunehmen. „Wir haben an unseren Fehlern gearbeitet, hatten keine kranken oder verletzten Spieler und deshalb komplett durchtrainiert“, so Waldenmaier, „deshalb bin ich sehr zuversichtlich, dass wir die Kurve bekommen.“ Diese Aussagen klingen bei ihm nicht nach leeren Phrasen. Vielmehr sieht sich Lukas Waldenmaier selbst in zentraler Verantwortung, auch auf dem Feld den Ton anzugeben und die Gmünder Hintermannschaft zu dirigieren. Das am Sonntag bevorstehende Heimspiel gegen die SG Herbrechtingen-Bolheim (Sonntag, 18 Uhr) wird daher umso mehr zur Nagelprobe werden.

(Text: Nico Schoch - Bilder: Jörg Frenze, Privat)