Wagen die Jets den Sprung in Richtung 3.Liga? Bis zum Montagabend (22.März) hätte eine verbindliche Meldung beim Verband erfolgen müssen, der TSB Gmünd aber hat diese nicht vorgenommen. Die Mannschaft von Trainer Dragoș Oprea votierte einstimmig dafür, auf die Teilnahme an der Aufstiegsrunde zu verzichten. Ein Hauptgrund: Die erhöhte Verletzungsgefahr nach bald fünf Monaten ohne gemeinsames Training und die Unsicherheit, wie eine Vorbereitung angesichts der steigenden Inzidenzen im Land überhaupt möglich sein soll.
Die formalen Anforderungen der 3.Liga – dazu zählen unter anderem Lizenzkosten, die Selbstorganisation eines Internet-Livestreams, ein Raum für Dopingkontrollen sowie das Vorweisen einer Bankbürgschaft über 10.000 Euro – hatten den Verantwortlichen beim TSB Gmünd keinerlei Kopfzerbrechen bereitet. „Der Führungskreis ist voll dahinter gestanden und hätte die nötigen Rahmenbedingungen geschaffen“, betont Michael Hieber. Der Abteilungsleiter ist überzeugt, dass „das für uns als Verein und auch für die Stadt Schwäbisch Gmünd eine gute Geschichte gewesen wäre. Die dritte Liga ist eben eine andere Nummer als die vierte Liga – sowohl was Sponsoren, Fans wie auch das gesamte Umfeld betrifft.“ Bis Montag hätte sich der TSB verpflichtend zur Teilnahme erklären müssen und zwar unter der Androhung einer Geldstrafe, falls man sich danach doch noch zum Rückzug entschließen würde.
Das letzte Wort bei dieser Entscheidung allerdings blieb der Mannschaft vorbehalten. Kapitän Aaron Fröhlich (siehe Extra-Interview) und seine Teamkollegen haben sich einstimmig dafür ausgesprochen, nicht an der Aufstiegsrunde teilnehmen zu wollen. „Es gab keine einzige Gegenstimme“, zeigte sich Hieber überrascht von der Deutlichkeit des Votums, stellt aber gleichzeitig klar: „Wir gehen diesen Weg natürlich gemeinsam.“
Zumal der Abteilungsleiter und langjährige Rückraumspieler die Gründe für den Verzicht als „absolut vernünftig“ bezeichnet. Insgesamt gesehen geht es nicht nur um die Gesundheit der Spieler mit Bezug zu Corona, sondern beispielsweise auch um Bewegungsabläufe und Würfe. Nur trainierte Muskulatur kann den Anforderungen des Vollkontaktsports Handball gerecht werden. Dass bei der in Aussicht gestellten Vorbereitungszeit von gerade einmal vier Wochen nach fünf Monaten Pause auf der Platte besteht eine immens hohe Verletzungsgefahr, dies muss nicht erst ein Mediziner feststellen. „Zudem kann es jederzeit passieren, dass die Inzidenzen wieder steigen, die Halle wieder gesperrt wird und wir somit noch weniger Vorbereitungszeit haben“, so Hieber. Alles andere als eindeutig sei auch die Strategie des Verbands, dass nur vor den Spielen verpflichtende Corona-Schnelltests vorgenommen werden müssen, im Training hingegen nicht.
Die Rahmenbedingungen führen zu einer Reise ins Ungewisse. Zumal es durchaus passieren kann, dass sich ein Spieler infiziert und danach die ganze Mannschaft in Quarantäne muss. Die in dieser Zeit geplanten Spiele würden dann für den Gegner gewertet Im Umkehrschluss würde das auch bedeuten können: Wer zuletzt in Quarantäne geht, steigt auf.
Kein Wunder also, dass sich die Zahl der interessierten Vereine am Wochenende halbierte. Nur der TV Bittenfeld 2, SG Köndringen/Teningen, TSV Neuhausen/Filder und die TSG Söflingen wollen die verbindliche Meldung vornehmen. Zu den Vereinen, die verzichten, zählt neben dem TSB auch der TuS Steißlingen. „Realistisch gesehen, wären wir wohl mit nur sehr geringen Chancen an den Start gegangen und wenn es tatsächlich geklappt hätte, wären die sportlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für uns nicht zu stemmen gewesen“, erklärte Stefan Maier, Sportlicher Leiter der Südbadener. Auch der TSV Weinsberg hat abgewunken und teilt dazu auf seiner Vereins-Homepage mit: „Mit den seit drei Wochen explodierenden Fallzahlen und den damit zu erwartenden Maßnahmen der kommenden Wochen ist es der Öffentlichkeit nur schwer zu vermitteln, dass der TSV, wenn auch unter strengem Hygienekonzept, in den Trainingsbetrieb einsteigt, um ernsthaften Kontaktsport zu betreiben.“ Selbst in Söflingen ist man skeptisch, wie Geschäftsführer Markus Brodbeck anmerkt: „Die Chance, den Aufstieg spielerisch zu entscheiden, wird sehr gering sein, wenn man die aktuellen Werte anschaut.“ Sollten die Spiele nicht ausgetragen werden können, so würde das Los entscheiden.
Die Entscheidungsträger bei den drei baden-württembergischen Landesverbänden sind nicht um ihre Arbeit zu beneiden. Denn anders als in den ersten drei deutschen Handball-Ligen werden die Ausnahmeregelungen für Profis keine Anwendung finden und Lockerungsschritte der Politik sind insbesondere für den Hallensport nicht zu erwarten. Der TSB Gmünd braucht sich über all diese Szenarien nicht mehr zu sorgen – er bleibt in jedem Fall Oberligist und zwar in seiner nunmehr siebten Saison.