„Ein guter Außenseiter“: TSB-Talente wollen sich nicht verstecken

Früher als gedacht ist der TSB Gmünd II am Ziel seiner Träume angelangt. In der Landesliga wartet ein familieninternes Duell auf Trainer Andreas „Rudi“ Rascher. Doch eine schwere Verletzung trübt die Euphorie von zwei Aufsteigen in Folge.

Hintere Reihe von links nach rechts: Kai Jaros, Dominic Boland, Jonathan Leichs, Kai Kiesel, Florian Krazer, Can Oktay, Louis Waldraff
Mittlere Reihe: Jochen Leitner, Benedikt Ocker, Jonas Schmutzert, Moritz Kienzle, Noel Reibstein, Trainer Andreas "Rudi" Rascher
Vordere Reihe: Manuel Menz, Paul Fritz, Frederik Füchtner, Julian Sacher, Dennis Slonek, Lucas Schmutzert, Vincent Pick, Valentin Pick

So stark wie noch nie präsentiert ist der Unterbau des TSB Gmünd aufgestellt. Direkt im ersten Jahr marschierte die als Perspektivteam deklarierte Zweite Mannschaft durch die Bezirks- und damit erstmals in die Landesliga. Dort wollen sich die „Jets“ etablieren – auch um ihren eigenen Talenten ein reizvolles Sprungbrett in Richtung Oberliga-Team zu bieten. Derart vermessen, nun sogar vom Aufstiegs-Triple zu träumen, ist niemand. Auch nicht Andreas Rascher. „Das Umfeld ist total euphorisch“, sagt der von allen nur Rudi gerufene Trainer. Der 55-Jährige weiß, dass seinen Mannen eine knallharte Runde bevorsteht: „Wichtig wird sein, dass wir uns schnell an das noch höhere Niveau gewöhnen und das konstant abrufen können.“
 
Denn so furios und berauschend die vergangenen zwei Jahre waren: Die beeindruckende Serie von 17 Siegen in Folge auf dem Weg zum Bezirksliga-Titel ist nun nicht mehr wert. Die Zeit der Spaziergänge zu deutlichen Siegen ist vorbei. So deckt sich die Raschers Aussage mit dem, was er schon vorigen Herbst prophezeit hatte: „Die Jungs sind es noch nicht gewohnt, wirklich in jeder Woche an ihre Leistungsgrenze gehen zu müssen. Diese Entwicklung wird mit Sicherheit dauern.“
 
Zumal eine durchwachsene Vorbereitung hinter den Überfliegern liegt. Im ersten Testspiel Ende Juli begegnete man dem Verbandsligisten TSV Alfdorf/Lorch/Waldhausen zwar auf Augenhöhe und musste sich nur knapp geschlagen geben. Allerdings gab es gleich zwei schlimme Verletzungen zu beklagen. Während Kreisläufer Florian Krazer nach einer Quetschung im Knie immerhin noch rechtzeitig zum Start wieder einsatzbereit sein dürfte, ist für Valentin Pick schon die gesamte Saison gelaufen. Der Spielmacher, der sich auch in der Defensive zu einem Schlüsselspieler entwickelt hat, riss sich das Kreuzband und Meniskus. Eine Hiobsbotschaft, die auch die Pläne des Trainers fast komplett zunichte macht: „Er hat immer konstant gut gespielt und ist einer meiner wichtigsten Spieler, auch wenn er nicht die meisten Tore geworfen hat. Für uns alle und besonders für Vale selbst ist das ein herber Schlag.“
 
Da sich auch die Rückkehr von Kai Kiesel nach über einem Jahr Verletzungspause weiter hinauszögert, wackeln plötzlich gleich zwei Positionen. Die Chance, sich vernünftig auf die neue Liga einzustimmen und einzuspielen, war in diesem Sommer gar nicht erst vorhanden. Eine externe Verstärkung allerdings gibt es im Rückraum. Heiko Beck, mit 124/9 Saisontoren bislang zweitbester Werfer der HSK Urbach/Plüderhausen, hat sich dem TSB angeschlossen. Obwohl der Sprung aus der Kreisliga A riesig erscheint, äußert sich der Coach sehr zuversichtlich: „Mit seinem Ehrgeiz und Engagement hat er angedeutet, dass er eine echte Verstärkung sein wird.“ Aus der eigenen A-Jugend sind mit Manuel Menz, Frederik Füchner, Jonathan Leichs, Noel Reibstein, Benedikt Ocker, Daniel und Paul Fritz gleich sieben Eigengewächse aufgerückt, die bereits am Durchmarsch mitgewirkt haben.
 
Der jugendliche Elan soll weiterhin das Markenzeichen bleiben. Wobei Rascher darauf verweist, dass die Erfolge „uns nicht nur zugeflogen sind, sondern wir hart dafür arbeiten mussten.“ Starke Nerven waren besonders gefragt in der zurückliegenden Rückrunde, als der TSB II in fremder Halle die Konkurrenten SG Kuchen-Gingen (31:30) und TSV Heiningen II (27:25) bezwang. Durch die lange Pause sei nun allerdings der totale Fokus verloren gegangen. „Ich kann mir vorstellen, dass es ähnlich läuft wie vor einem Jahr und wir eher schleppend starten“, meint Rascher: „Wenn das so sein sollte, müssen wir erneut zusammenwachsen und uns wieder in einen Flow spielen. Ein bisschen mehr Vorbereitungszeit hätte uns gut getan.“ Der Spielplan könnte den Gmündern da entgegen kommen: Auf die ersten beiden Partien gegen den EK Bernhausen (16.September, 17 Uhr – Große Sporthalle) und beim TV Jahn Göppingen (23.September) folgt gleich eine dreiwöchige Pause.
 
Bis dahin lässt sich vielleicht auch die Stärke der Konkurrenz besser einschätzen als es Rascher bislang vermag. Viele Wechsel gab es zwischen den vier Landesliga-Staffeln, die Staffel 3 besteht zur Hälfte aus Aufsteigern. Fünf sind es an der Zahl, den TSB und Relegationssieger Heiningen II mit eingerechnet. So muss jedes Team wohl zuerst die neue Liga richtig kennenlernen. „Wenn es alles nur gestandene Landesligisten wären, wäre die Situation für uns noch viel krasser“, sagt Rascher: „Uns erwartet eine sehr ausgeglichene Liga, abgesehen vielleicht von drei Mannschaften.“ Die Favoriten, das sind aus seiner Sicht in erster Linie der Lokalrivale HSG Bargau/Bettringen sowie der Vorjahresdritte aus Bernhausen. „Sie agieren über die gesamte Zeit mit Sieben gegen Sechs im Angriff und machen das richtig gut“, warnt er vor dem Auftaktgegner.
 
Und dann ist da auch noch der TSV Bartenbach, trainiert von Ralf Rascher. Besonders kurios: Das Duell zwischen den beiden Brüdern gab es in der Württembergliga-Saison 2010/11 schon einmal, nur umgekehrt. Damals unterlag Rudi Rascher als Bartenbach-Coach der von Ralf angeleiteten Gmünder Ersten zweimal deutlich. „Eigentlich war ich gar nicht so scharf darauf, dass es nun wieder dazu kommt“, gesteht der jetzige Erfolgscoach des TSB II. Lächelnd fügt er an: „Das werden zwei aufreibende Spiele für die ganze Familie.“ Zumal sein Sohn Marian vor einem Jahr aus Gmünd zum Heimatverein bei Göppingen zurückkehrte und dort als spielender Co-Trainer fungiert. Spionageattacken im Hause Rascher seien da gar nicht erst nötig. „Marian weiß natürlich ganz genau, wie der TSB spielt“, sagt Rudi Rascher. Obwohl mit Thomas Grau ein weiterer Ex-TSBler (2019-20) nicht mehr an Bord ist, sei den Bartenbachern Großes zuzutrauen: „Der TSV ist nun etwas ausgeglichener aufgestellt. Wenn sie verletzungsfrei bleiben und einen Lauf haben, werden sie ein Wörtchen um den Aufstieg mitreden.“
 
Die Zielsetzung beim TSB II hingegen fällt genauso demütig aus, wie es sich für einen Neuling gehört. „Wir wollen mit dem Abstieg möglichst nicht so viel zu tun haben und nicht unter allzu großen Druck geraten“, erklärt der zweimalige Aufstiegstrainer. Ein schwieriges Unterfangen, da immerhin drei von zehn Vereinen am Ende absteigen werden. Wobei der eine oder andere Konkurrent die Gmünder sicherlich auch für höhere Gefilde auf dem Zettel hat.. Denn es hat sich herumgesprochen, wie steil die Entwicklung der TSB-Talente zuletzt verlief und dass besonders bei Heimspielen personelle Unterstützung aus dem Oberliga-Kader bereit steht. Wie oft etwa Rückraumshooter Arian Pleißner zur Verfügung steht, ist für Rascher „ein ausschlaggebender Punkt. Doch die Erste Mannschaft geht natürlich immer vor.“
 
Doch egal, in welcher Besetzung: Das Perspektivteam will nicht nur mithalten und lernen, sondern sich in der Landesliga dauerhaft etablieren. „Ich sehe uns als guten Außenseiter und die Rolle würde ich schon gerne nützen“, übt sich Rascher bewusst in Demut. Denn an der Größe der Aufgaben wächst man bekanntlich und verstecken werden sich die hungrigen TSBler ganz sicher nicht.

(Text: Nico Schoch - Bild: Enrico Immer)