Die Geduld von Daniel Mühleisen zahlt sich aus: Der Torwart des TSB Gmünd meistert den schwierigen Spagat zwischen Berufsalltag, Regionalliga-Handball und der Beachhandball-Nationalmannschaft. Bei mindestens einem der der beiden Großturniere im Sommer will er das deutsche Tor hüten.
Erst zwei schweißtreibende Trainingseinheiten, dann eine fünfstündige Heimfahrt im Zug. „Normalerweise stellt man sich seinen Geburtstag anders vor“, meint Daniel Mühleisen und kann sich ein Grinsen trotzdem nicht verkneifen. Immerhin zählt der seit Dienstag 28 Jahre junge Tormann längst zum Stammpersonal der deutschen Beachhandball-Nationalmannschaft, die beim viertägigen Lehrgang im nordrhein-westfälischen Witten gefordert war. Denn die Beachsaison 2025 hat es in sich: Im Juli steigt die Europameisterschaft im türkischen Alanya, im August wird die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) zudem erstmals an den World Games im chinesischen Chengdu teilnehmen.
„Das war schon immer mein Ziel“, fiebert Mühleisen diesen beiden Highlights entgegen: „Es ist einfach immer etwas Besonderes, für Deutschland spielen zu dürfen.“ Acht Länderspiele durfte er bislang bestreiten, nun ist er seinem großen Traum näher denn je. Auf der Torhüterposition konkurriert der TSBler mit dem ein Jahr älteren Oliver Middell vom deutschen Beachhandball-Meister 12 Monkeys Köln sowie dem 24-jährigen Moritz Ebert, der in der Halle für die Zweitliga-Profis Wölfe Würzburg aufläuft. Zwei von dreien schaffen es in den EM-Kader. Zu den World Games hingegen muss sich Bundestrainer Marten Franke auf einen kleineren Kader festlegen und wird voraussichtlich nur einen Keeper nominieren.
Erste Turniererfahrungen durfte Mühleisen bei den European Games 2023 sowie beim Finale der Global Tour im vergangenen November sammeln. In der Woche zwischen zwei Regionalliga-Spieltagen reiste der angehende Polizist nach Katar. Gegen die Top-Nationen Kroatien, Brasilien und Katar bot das DHB-Team jeweils „eine gute und eine nicht so gute Halbzeit“, wie Mühleisen zurückblickt. Trotz seiner ordentlichen Leistung gingen alle vier Partien unglücklich im Shoot-Out verloren. Dennoch eine tolle Erfahrung für den Gmünder, der aber auch zu bedenken gab: „Leider habe ich deshalb das Training beim TSB verpasst und es hat sich ein bisschen so angefühlt, als ob ich die Jungs im Stich gelassen hätte.“ Direkt nach seiner Rückkehr aus Katar konnte er die 33:39-Niederlage im Topspiel bei der SG Köndringen/Teningen nicht verhindern.
Doch keiner der Teamkollegen verübelte es Mühleisen, dass er seine Chance beim DHB ergriff. „Dani hat von uns das größte Vertrauen, das es nur geben kann“, erklärt Trainer Aaron Fröhlich: „Trotz seiner hohen Belastung mit dem Schichtdienst hält er in dieser Saison einfach überragend und ist der Garant für viele Siege.“ Der Rückhalt selbst ist gemäß seiner Natur nicht ganz so euphorisch und lobt lieber seine Vorderleute. „Ich muss eigentlich weniger machen, weil unsere Abwehr deutlich besser ist als noch vor einem Jahr“, sagt Daniel Mühleisen und meint damit auch seinen Zwillingsbruder Stephan.
Extrovertierte Torhüter wie Andreas Wolff (THW Kiel) oder Nebojsa Simic (MT Melsungen) sind die bekanntesten ihrer Zunft, Daniel Mühleisen hingegen ist das totale Gegenteil. Doch genau diese ruhige Ausstrahlung hat dem TSB Gmünd zu seiner bislang erfolgreichsten Hinrunde und dem plötzlichen Sprung in die Spitzengruppe verholfen. Mühleisen ist der Mann für die wichtigen Paraden. Oder um es mit Fröhlichs Worten zu sagen: „Er ist immer da, wenn wir ihn am dringendsten brauchen.“
Zugleich ist das natürlich die beste Eigenwerbung für den Platz im Nationalteam. Im vergangenen Sommer hatte Mühleisen bereits ein Angebot aus der 3.Liga ausgeschlagen und stattdessen nun seinen Vertrag beim TSB um ein weiteres Jahr bis 2026 verlängert. An einen Wechsel verschwendet er aktuell überhaupt keinen Gedanken. Nicht nur, weil es sportlich läuft, sondern auch aufgrund der beruflichen Situation: „Wenn ich bis morgens um 5 Uhr arbeiten musste oder direkt nach dem Training noch zur Schicht muss, dann führt das natürlich dazu, dass ich im Kopf manchmal etwas müde bin. Trotzdem bringe ich meine Leistung, weil ich mich beim TSB einfach wohl fühle.“
Weitere Glanztaten in der Rückrunde würden die Chancen auf eine EM-Nominierung weiter steigern lassen. Doch ganz nach der Sprechweise seines Trainers denkt auch Mühleisen nur von Spiel zu Spiel: „Wir haben immer eine Chance auf den Sieg und wollen eventuell noch zwei Siege mehr holen als in der Hinrunde.“ Gegen Köndringen und Bittenfeld hat der TSB noch eine Rechnung offen, doch zunächst gilt es am Sonntag (17 Uhr / Römerhalle Straßdorf) gegen den VfL Waiblingen zu bestehen. Der große Traum vom Nationalteam rückt solange in den Hintergrund.
(Text: Nico Schoch - Fotos: DHB, Enrico Immer, Frank Bieg)
(Text: Nico Schoch - Fotos: DHB, Enrico Immer, Frank Bieg)